Schriesheim im Bild 2023

07.07.2005

Wer zieht den Karren aus dem Dreck?

Wer zieht den Karren aus dem Dreck?

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Lothar Binding über Wahlprogramm und Leistung seiner Partei
Um Vertrauen warb der SPD-Bundestagsabgeordnete Lothar Binding in Schriesheim. Foto: Dorn

Von Stefan Zeeh

Schriesheim. "Im Mittelpunkt des Wahlprogramms der SPD steht das Vertrauen", nannte Lothar Binding das zentrale Thema des Wahlmanifests seiner Partei. Auch wenn noch nicht feststeht, ob im September überhaupt gewählt wird, der Wahlkampf hat längst begonnen. Und so wollen sich etwa 15 Bürger, darunter auch bekennende Nicht-SPD Wähler, vom Bundestagsabgeordneten Binding über das Wahlprogramm der Sozialdemokraten im "Schwarzen Adler" informieren lassen.

Dabei ist sich Lothar Binding durchaus im Klaren darüber, dass die SPD das Vertrauen der Wähler erst wieder gewinnen muss: "Wir haben nicht auf den nächsten Wahltag geschielt, sondern viele Dinge gemacht, deren Wirkung darüber hinausreicht", so Binding. Deshalb solle der Wähler vor allem darauf schauen, was die SPD bisher erreicht habe, und da hat er einiges aufzuzählen. Beispielsweise, dass die Staatsausgaben für Forschung und Bildung um 37 Prozent angehoben wurden, wo doch bei allen anderen Ressorts gekürzt worden sei. Damit kommt er aber auch schon zu seinem Lieblingsthema, den Steuern.

Hier habe die SPD einerseits typisch sozialdemokratische Ziele verfolgt, indem sie die Steuern für die Familien gesenkt habe. Andererseits wurden aber auch die Unternehmenssteuern gesenkt, was eigentlich eine für die CDU typische Vorgehensweise sei. Damit sollte die Nachfrage in Deutschland angekurbelt werden, was leider nicht funktioniert habe. Denn die internationalen Effekte seien stärker als in den 70er oder 80er Jahren, wo solche Steuersenkungen durchaus ihre Wirkung gezeigt hätten. Die Kaufkraft der Familien sei durch Entlassungen infolge von Betriebsübernahmen gesenkt worden, sagt Binding. Und schließlich gebe es noch eine Gruppe, welche die Wirtschaft in Deutschland schlecht rede und damit Zukunftsängste schüre. Auch die Unternehmen investierten nicht mehr in Deutschland, beklagt der Bundestagsabgeordnete.

Ganz einverstanden sind einige Zuhörer mit diesen Ausführungen nicht. Da gab es doch auch noch die Ökosteuer und die Erhöhungen bei der Tabaksteuer und der Versicherungssteuer. Dem stimmt Lothar Binding durchaus zu, doch seien die Steuersenkungen insgesamt höher ausgefallen als die Steuererhöhungen.

Auch die Zukunftsängste werden angesprochen. "Wie soll das mit der Staatsverschuldung weitergehen und wie kommen wir von dem Schuldenberg herunter", wollen die Zuhörer wissen. Dass der Schuldenberg abgebaut werden muss, ist auch Binding klar.

Dies habe die SPD auch vorgehabt, doch hätten verschiedene Effekte, wie etwa die Anschläge auf das World Trade Center die Wirtschaft negativ beeinflusst. Außerdem habe nicht alleine die SPD den Schuldenberg verursacht, sondern daran seien alle Regierungen beteiligt gewesen: Das Schuldenmachen erlaube die Verfassung.

Binding berichtet weiter über die Reformen auf dem Arbeitsmarkt, bei der Alterssicherung und Ganztagsbetreuung sowie der Energiepolitik. Schließlich kommt er zur Gesundheitsreform und der von seiner Partei bevorzugten Bürgerversicherung.

Wieder ein Thema, das die Zuhörer besonders interessiert. Allerdings wohl eher, da sie dem Konkurrenzmodell der CDU, nämlich der so genannten Kopfpauschale, skeptisch gegenüber stehen.

Zum Schluss wagt Binding einen Blick in die Zukunft. "Eine neue Regierung kann die von uns in Gang gesetzten Reformen gar nicht rückgängig machen und das will die CDU auch gar nicht", verkündet er.

Und so könne es passieren, dass die SPD begonnen habe, den Karren aus dem Dreck zu ziehen und die CDU nur die letzten Millimeter des Weges übernimmt.

Copyright (c) rnz-online

Autor: Rhein-Neckar-Zeitung