Schriesheim im Bild 2023

13.07.2005

Der Erdbebenstation entgeht keine Erschütterung

Der Erdbebenstation entgeht keine Erschütterung

Heute vor fünf Jahren wurde die Mess-Anlage im Wilhelmstollen in Betrieb genommen – Auch das Beben vom 26. März wurde dokumentiert

Wilhelm Gassert mit den seismologischen Aufzeichnungen des Heidelberger Bebens vom März dieses Jahres. Das Seismometer ist in etwa 140 Metern Entfernung vom Stollenmund installiert. Foto: Dorn

Von Nicoline Pilz

Schriesheim. Der Wilhelmstollen in Schriesheim, benannt nach Wilhelm Gassert, dem Vorsitzenden des Schriesheimer Bergwerksvereins, liegt etwas verborgen im Weiten Tal. Der Stollen selbst ist fest verschlossen, denn in seinem Inneren verbergen sich nicht nur „Sozialwohnungen“ für Fledermäuse und Amphibien: Am 13. Juli 2000 nahm der Erdbebendienst des Landesamtes für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg (LGRB) mit Sitz in Freiburg im Wilhelmstollen eine Messstation für Erdbeben in Betrieb.

Gassert und seine Vereinskollegen haben auch am fünften Jahrestag der Station allen Grund, stolz auf die Messeinrichtung zu sein: Am 26. März registrierte sie zuverlässig ein Erdbeben der Magnitude 2,5 auf der Richterskala, das sich unter Heidelberg – südlich des Stadtzentrums von Leimen – ereignete.

Günstige Messbedingungen

Ein schwaches Beben, das sich normalerweise nur mit sehr nahen Seismometerstationen verlässlich bestimmen lässt. „Die einzige direkt verfügbare und nahe Station war in diesem Falle Schriesheim/Wilhelmstollen mit einer Epizentraldistanz von 12 Kilometern“, schreibt das LGRB in seinem Bericht. Und weiter: „Das Ereignis wurde exzellent registriert. Damit bestätigt sich wiederum, dass die Erdbebenstation Schriesheim eine wichtige Rolle bei der Erdbebenüberwachung des nördlichen Rheingrabens spielt“. Ein schmeichelhafter Brief, wie nicht nur Bergmann Gassert findet.

Die Registriereinheit der Station steht in der Spatschluchthütte am Stollenmund. Da ein Stromanschluss dort nicht vorhanden ist, werden mit freundlicher Unterstützung durch die Soziale Heimstätte Talhof im regelmäßigen Turnus die Batterien zum Betrieb der Geräte geladen. Das Seismometer wurde im Wilhelmstollen selbst in etwa 140 Meter Entfernung vom Stollenmund platziert, weil dort die Störung der Messung durch Fahrzeuge, Wind und Luftschall am geringsten ist.

Das Seismometer steht auf frischem Granitgestein des Odenwald-Grundgebirges in einer ausgehauenen Felsnische. Damit werden die seismischen Erschütterungen auf anstehendem Fels ohne eine mögliche Veränderung von oberflächennahen Sediment- oder Verwitterungsschichten gemessen. Temperatur und Feuchte im Stollen sind sehr konstant. Aus Sicht der Seismologie und Technik werden die Messbedingungen im Wilhelmstollen als günstig bezeichnet.

Die Erdbebenstation Schriesheim ergänzt das Messnetz ideal, denn trotz der dichten Besiedelung am Oberrhein und der mit Industrie und Verkehr verbundenen Bodenerschütterungen sind die Unruhewerte im Wilhelmstollen so klein, dass es möglich ist, auch sehr schwache Erdbeben im nahe gelegenen Oberrheingraben und Odenwald zu erfassen. In dieser Hinsicht übertreffen die in Schriesheim vorhandenen Registrierbedingungen benachbarte Messstationen auf der Kalmit oder auch auf der Tromm.

Die Öffnung des Stollens, 1989/90 auf Betreiben von Wilhelm Gassert erfolgt, geschah auch in Zusammenarbeit mit der naturkundlichen Abteilung des Reiss-Museums. Deren Leiter Dr. Gerhard Ritschel lässt denn auch keine fremden Füße den Stollen betreten: Molche, Salamander und andere Krabbler sollen dort ebenso wie seltene Fledermäuse ihre Ruhe haben.

Auf seine Anregung hin hoben die Bergwerksgrawwler eine Art Staustufe vor dem Stollen aus, die durch ihren Wasserstand dafür sorgt, dass auch keine Marder ins Innere eindringen können. Der Wilhelmstollen war bis 1939 in Betrieb; auf der Suche nach Scherspat wurde er 1824 unterhalb der Spatschlucht aufgefahren.

Copyright (c) rnz-online

Autor: Rhein-Neckar-Zeitung