Schriesheim im Bild 2023

18.09.2005

Weiss braucht keine Bergpredigt mehr

Winzer rechnen mit einem besonders guten Wein und senden jetzt bange Blicke zum Himmel


Harald Weiss und Peter Haas von der Winzergenossenschaft erwarten im bevorstehenden Herbst ausgezeichnete Qualitäten. Foto: Kreutzer

Schriesheim. (pak) Harald Weiss, der Geschäftsführer der Schriesheimer Winzergenossenschaft, ist kein Pfarrer. Aber er schmunzelt und erzählt gerne davon, dass er vor ein paar Jahren noch seine „jährliche Weinbergspredigt“ halten musste. Mit Engelszungen musste er reden von Ertragsregulierung, Ausdünnung, Blattarbeiten und all diesen Dingen, die mit gutem Wein zu tun haben. Mittlerweile ist er gelassener. „Es hat sich gut eingespielt“, sagte er gestern, wenige Tage vor dem Beginn der Lese, „die meisten unserer Winzer arbeiten sehr gut mit, weil sie wissen, um was es geht“.

Gemeinsam mit den Vorstandsmitgliedern der Genossenschaft wandert der ehemalige Bergprediger in diesen Tagen (außer wenn es so schüttet wie gestern) wieder durch die Schriesheimer Vorzeige-Lagen und inspiziert den Zustand der Trauben. „Das wird ein überdurchschnittlicher Jahrgang, alles sieht sehr gut aus“, war er sich gestern zum Beispiel mit Rebschutzwart Peter Haas einig.

Wie immer haben sich die Bosse der Genossen etwa 15 Prozent der rund 100 Hektar großen Fläche für besondere Qualitäten heausgedeutet. Vor allem achten sie genau auf die richtige Menge. „Mehr als 80 Kilo pro Ar oder mehr als zwei Kilo Trauben pro Rebstock sollen es nicht sein“, erklärt Weiss. Dazu hat er einen Refraktometer, also eine Öchlsewaage, und eine normale Küchenwaage dabei.

Natürlich schauten die Winzer gestern mit bangen Blicken zum Himmel. „Der Platzregen ist Gift“, ärgerte sich Peter Haas, „er macht die Traubenhaut porös und anfällig für Fäulnis“. Gottseidank werde der Regen wenigstens von einer frischen Kälte begleitet, es könnte auch schlimmer sein. Andererseits: „Kalte Nächte im Herbst geben gute Aromen.“ Dennoch erwarten die Winzer einen prächtigen Jahrgang mit großen Qualitäten, die Öchslegrade und der Geschmack der Früchte lassen darauf hoffen. Der Geschäftsführer tat übrigens geheimnisvoll, offenbar plant er in diesem Jahr einen besonderen Knüller.

Weil es gestern regnete, arbeitete Harald Weiss übrigens zwischendurch im Büro an den Bilanzen und nicht im Weinberg. Dabei fand er eine Erkenntnis, die ihn auf dem kerzengeraden Qualitätsweg einmal wieder bestätigte. Nach den ersten acht Monaten des Jahres 2005 haben die hochwertigen Dreiviertelliter-Flaschen erstmals in der 75-jährigen Geschichte des Unternehmens die Literflaschen beim Umsatz überholt.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung