Schriesheim im Bild 2023

04.10.2005

Nachholbedarf in Sachen Wertegemeinschaft

Tag der Deutschen Einheit: Wissenschaftsminister Dr. Peter Frankenberg als Festredner beim CDU-Ortsverband – Wie die Nation entstand

Von Karin Katzenberger-Ruf

Schriesheim.„Wir können so optimistisch sein wie noch nie. Schließlich leben wir in einem friedlich geeinten Europa. Wann hat es das jemals gegeben?“, so die Botschaft des baden-württembergischen Wissenschaftsministers Dr. Peter Frankenberg.

Beim „Tag der Deutschen Einheit“, den der CDU-Ortsverband im Zehntkeller feierte, war er als Festredner geladen und begeisterte das Publikum mit einem Referat über die deutsche Geschichte – angefangen bei Karl dem Großen.

Dabei erläuterte er anschaulich die Gründe, warum das Land erst so spät die „Kleinstaaterei“ überwand und warum zu Zeiten, da sich beispielsweise in Frankreich und in den Vereinigten Staaten die Demokratie entwickelte, bei uns noch die Obrigkeit regierte. „Die föderale Nation muss unsere gemeinsame Wertegemeinschaft sein“, so Frankenbergs Forderung für die Gegenwart. Eine Wirtschaftsgemeinschaft allein genüge nicht. In dieser Hinsicht bestehe noch Nachholbedarf.

Rückblickend auf den politischen Weg, der letztlich zur Wiedervereinigung führte, würdigte er die Verdienste von Helmut Kohl und Michail Gorbatschow, der in der Erkenntnis, dass sie Sowjetunion nicht mehr zu retten sei, „friedlich aufgegeben“ habe.

Doch auch die starke Stellung der katholischen Kirche in Polen und Papst Johannes Paul II. hätten eine entscheidende Rolle gespielt. Wobei der Fall der Mauer ohne das amerikanische Bündnis letztlich nicht möglich gewesen wäre. Dass die kommunistischen Staaten seit den siebziger Jahren nach und nach „die Angst vor dem Westen“ verloren, schrieb Frankenberg wiederum der Ostpolitik von Willy Brandt zu.

Doch Helmut Kohl habe auch von der politischen Überzeugung eines Konrad Adenauer profitiert, der die DDR stets „in den Westen eingebunden“ wissen wollte. Demnach vollendete Kohl, was ihm Adenauer quasi als Vermächtnis hinterließ. Rund 84 Prozent der Deutschen halten die Wiedervereinigung auch nach fünfzehn Jahren für richtig: Auf diese Zahl (ermittelt von der Forschungsgruppe Wahlen) berief sich der CDU-Landtagsabgeordnete Georg Wacker in seinem Grußwort und zitierte überdies den Bundespräsidenten Horst Köhler, nach dem es „ganz gleiche Lebensbedingungen“ auch die Zukunft nicht geben wird. Im Übrigen bestehe in Deutschland ja auch ein deutliches Nord-Süd-Gefälle, wie Wacker Bezug nehmend auf die Umfrage meinte. „Deutschland wächst trotzdem zusammen“, so seine Prognose. Als wichtigstes Ziel nannte er die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Die CDU-Regierten Länder sieht er da vorne. Ein Tag „der Heiterkeit, Freude und Besinnung“ ist der 3. Oktober für den CDU-Bundestagsabgeordneten Dr. Karl. A. Lamers. Er hat den Fall der Mauer, die seinen Worten nach „von Ost nach West eingedrückt“ wurde, selbst miterlebt. In Erwartung eines wunderbaren Augenblicks der Geschichte reiste er im Oktober 1989 noch rechtzeitig nach Berlin, um am 9. November mitzuerleben, wie am Brandenburger Tor die Fahne gehisst wurde.

„Mir liefen die Schauer über den Rücken“ erinnert er sich. Respekt hat er vor dem ungarischen Minister, der wenige Wochen vorher den „Maschendrahtzaun“ an der österreichischen Grenze und damit den Eisernen Vorhang zerschnitt.

Was ist seither geschehen? Laut Lamers leben die Menschen in Frieden und Freiheit und es wurde „viel abgetragen von den unsäglichen Lasten einer kommunistischen Ideologie“, die vier Jahrzehnte dauerte. „Wir wollen die Einheit feiern, aber auch an das Unrechtsregime erinnern“ sagte der Vorsitzende des CDU-Ortsverbandes Anselm Löweneck schon in seiner Begrüßung. Seine Kritik: „Die alte SED ist in neuem Gewand immer noch aktiv und treibt weiterhin ihr Unwesen.“

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung