Schriesheim im Bild 2023

01.12.2005

Kein Zauberwort zur Geldvermehrung

Was verbirgt sich hinter „PPP“? – FDP-Vortrag mit Staatssekretär Horst Mehrländer zum Thema „Public Private Partnership“

Von Nicoline Pilz

Schriesheim. „Public Private Partnership“, kurz PPP genannt, ist das Zauberwort, hinter dem sich eine Partnerschaft von öffentlicher Hand und privaten Investoren verbirgt. Unter der Leitung von Staatssekretär Dr. Horst Mehrländer richtete das Wirtschaftsministerium im vergangenen Jahr eine „task force“ für PPP ein, die als Ansprechpartnerin für Interessierte dient, Pilotprojekte initiiert und im September einen Grundsatzbeschluss der Landesregierung auf den Weg brachte: Demnach werden die landesrechtlichen Rahmenbedingungen für PPP in den Bereichen Zuwendungsrecht und Gemeindewirtschaftsrecht verbessert. Auf Einladung von FDP-Stadträtin und -Landtagskandidatin Dr. Birgit Arnold kam Mehrländer nun nach Schriesheim, wo Ortsverbandsvorsitzender Marc Gnädinger ihn und zahlreiche weitere Zuhörer in der Gaststätte „Frank“ willkommen hieß.

Das Vorbild für PPP findet sich auf der britischen Insel, wo einst die „eiserne Lady“ Margaret Thatcher der „englischen Krankheit“ damit begegnete. Zwar ist das System in England einfacher und zentralistischer strukturiert als in Deutschland, wo PPP weit hinterherhinkt, doch zeigen sich die Banken dort auch risikofreudiger.

Immerhin beträgt der PPP Anteil dort heute 20 Prozent. Die Beschaffungsvariante PPP wird insbesondere im Bereich von Hochbauprojekten der öffentlichen Hand eingesetzt und soll helfen, den oftmals vorhandenen Investitionsstau abzubauen. Beispiele dafür finden sich hierzulande in Friedrichshafen, wo der Bodenseekreis den Bau eines Verwaltungsgebäudes derart managte, in Leimen, wo ein Freizeitbad errichtet wurde oder auch beim Bau eines Behördenzentrums in Heidelberg. Der Kostenvorteil für die öffentliche Hand liegt bei zirka 20 Prozent.
Einheit von Investition und Betrieb

PPP bedeutet, dass ein Privatunternehmen von der öffentlichen Hand beauftragt wird, in eine Infrastruktureinrichtung zu investieren und diese langfristig zu betreiben. Die Einheit von Investition und Betrieb ist dabei von zentraler Bedeutung. Vorteile sind kürzere Bauzeiten, geringere Betriebskosten, eine optimierte Risikoverteilung, ein effizienterer Personaleinsatz, weil Privatfirmen sowieso im Wettbewerb stehen und entsprechend trainiert sind. Zudem werden knappe öffentliche Mittel effektiver eingesetzt.

Der Investitionsbedarf im Ländle liegt derzeit bei rund neun Milliarden Euro, wovon die Kommunen aber nur ein Drittel einsetzen können. Wenn überhaupt. 1994 investierten die Kommunen noch drei Milliarden, zehn Jahre später nur noch 2,2 Milliarden. Ein Rückgang von 27 Prozent. Allein für den Hochschulbereich benötigt das Land vier Milliarden und weitere vier für den Straßenbau. Doch die Investitionen reichen nicht einmal für den Erhalt des Bestehenden.

Die Nachteile der PPP liegen zum einen in der Verschuldungssituation der Städte: „Das ist kein Zauberkunststück zur Geldvermehrung“, sagte Mehrländer. Volker Paasche, Geschäftsführer der Hirschberger Firma Goldbeck Süd, berichtete aus der Praxis: Probleme macht dem Mittelstand bei PPP schon allein die bis zu zehnfach teurere Teilnahme am Ausschreibungsverfahren. Und er machte klar, dass sich der Bau eines Projekts als Investition kaum lohnt: „Das ist ein Nullsummenspiel“. Wesentlich interessanter für Unternehmen ist die Betreibung eines Projekts. Hier ist der Gewinnfaktor nach 15 bis 20 Jahren von Bedeutung. Arnold fragte nach Schriesheims Möglichkeiten für PPP, beispielsweise im Zuge der Schulsanierung, die mit knapp zwei Millionen Euro zu Buche schlage. Oder der Branichtunnel als PPP Modell mit dem Land als Betreiber? Anders als in Nordrhein-Westfalen ist in Baden-Württemberg keine Schwelle für eine PPP-Investition gesetzt.
„Hoffen auf die Gemeinden“

„Wir hoffen auf die Gemeinden, die mit kleinen Investitionsrahmen kommen, an den wir Standards entwickeln können“, sagte Mehrländer. Sein Rat: Durchrechnen, nach Möglichkeiten suchen und vor allem stets mit spitzem Bleistift kalkulieren. Unter 20 bis 30 Millionen gehe es aber nicht, erklärte Paasche. Neben dem teuren Ausschreibeverfahren – übrigens auch für die kommunale Seite und für kleine Handwerksbetriebe kaum zu handhaben – sei der zweite Stolperstein das EU-Vergaberecht.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung