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07.01.2006

Tunnel: Oettinger peilt den Baustart an

Ziel des Ministerpräsidenten: Baubeginn im Laufe der nächsten acht Jahre

Oettinger gab MdL Georg Wacker (CDU, l.) seine Zielsetzung schriftlich. Über den Brief freuten sich auch Bürgermeister Peter Riehl (r.) und sein Erster Stellvertreter Siegfried Schlüter. Gemeinsam schauten sie sich den Planungsentwurf für den Branichtunnel an. Von Carsten Blaue

Schriesheim. Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) hat sich in einem Brief an seinen Parteifreund, MdL Georg Wacker, konkret zum Branichtunnel geäußert: „Es wird [...] das Ziel verfolgt, einen Baubeginn innerhalb der Laufzeit des Planfeststellungsbeschlusses [...] vorzunehmen“, heißt es in dem Schreiben vom 3. Januar wörtlich (siehe auch „Oettingers Brief“). „Das ist eine klare politische Aussage. Wir sind wieder ein Stück voran gekommen und haben Klarheit über die Zielsetzung der Landesregierung“, freute sich Wacker am Donnerstag im RNZ-Gespräch. Zwar schreibt Oettinger auch, dass eine „seriöse Perspektive zur Finanzierung und Realisierung“ des Tunnels derzeit nicht möglich ist. Bürgermeister Peter Riehl wertete die Formulierung des Landesvaters dennoch als „definitive Zusage“: „In den nächsten acht Jahren geht‘s los“.

Riehl war froh, dass die Nachricht aus der Landeshauptstadt noch in seiner Amtszeit kam: „Es war ein langer Kampf über 25 Jahre. Ich habe aber immer Hoffnung gehabt. Nun hat sie sich erfüllt. Jetzt spielt es keine Rolle mehr, wer früher dafür oder dagegen war“. Im Oktober 2004 hatte die damalige Regierungspräsidentin Gerlinde Hämmerle persönlich den Planfeststellungsbeschluss, also den Bescheid über die rechtskräftige Planung, in Schriesheim abgegeben. Gültig ist er noch nicht, da eine Klage gegen die Planung anhängig ist. Ein Grundstücksbesitzer ist dagegen, dass im Zuge des Tunnelbaus in seinem Grund und Boden eine Entwässerungsleitung verlegt wird. Riehl sagte, das Verwaltungsgericht in Karlsruhe werde in der Sache in den nächsten drei Monaten entscheiden – „und nach meiner Deutung zugunsten der Stadt“, so der Bürgermeister. Wäre dem so, dann würde nach dem Gerichtsbeschluss der Startschuss für die achtjährige Laufzeit des Planfeststellungsbeschlusses fallen. In dieser Zeit muss es den Ersten Spatenstich für das 60-Millionen-Euro-Projekt geben, sonst wären alle Planungen und Gespräche umsonst gewesen.

Wacker sagte jedoch: „Noch nie ist ein Planfeststellungsbeschluss verfallen. Alle Landesprojekte, die so weit waren, wurden dann auch realisiert. Das Land gibt ja nicht aus Jux und Tollerei Millionen für Planungen aus.“ Der Landtagsabgeordnete blickte zurück auf die Bemühungen der letzten Monate in Sachen Branichtunnel. Zuletzt gab es vor Weihnachten eine Telefon-Schaltkonferenz zwischen ihm, Riehl und Oettinger. Darin habe der Ministerpräsident bekräftigt, welch hohe Priorität der Tunnel für ihn hat, so Wacker.

Und jetzt also der Brief. Oettinger mache darin zwar keine Zusage, dass die Mittel für das Tunnel-Projekt im Doppelhaushalt 2007/08 eingestellt werden. „Es ist aber jetzt Sache des Landes, dass das Projekt möglichst zeitnah zum Zuge kommt“, so Wackers Bewertung. Riehl ging davon aus, dass es für den Tunnel ein Sonderprogramm gibt. Immerhin kostet dieser alleine so viel, wie das Land jährlich für den gesamten Straßenbau in Baden-Württemberg ausgibt. Riehl gab aber zu bedenken, dass es sich um eine über Jahre verteilte Finanzierung handele, da die Bauzeit des Tunnels alleine vier bis fünf Jahre dauere: „Insofern muss die Finanzierung auch möglich sein“, so der Rathauschef.

Seinen Einsatz für die neue Umgehung der Talstraße hob Wacker hervor: „Es ist kein Geheimnis, dass der Branichtunnel eine Herzensangelegenheit des Bürgermeisters ist.“ Man könne sagen, dass das Projekt „ein Lebenswerk“ Riehls sei, so der Abgeordnete. Für den Ersten Bürgermeisterstellvertreter und CDU-Fraktionschef im Gemeinderat, Siegfried Schlüter, bedeutete die neue Entwicklung „die Krönung der kommunalpolitischen Arbeit Riehls“, die weit über die Region hinaus wirke. Schlüter, der selbst ein engagierter Streiter für den Branichtunnel ist, freute sich, dass „das stete Streben nun zum Erfolg führt“. Damit werde auch der jahrelange Einsatz Wackers belohnt, der sich schon zu Zeiten als JU-Vorsitzender für den Tunnel engagiert habe, so Schlüter, der schließlich der 1973 unter Riehls Beteiligung gegründeten BI Talstraße für ihre Geduld und das immer aufgebrachte Verständnis dankte.

Schon seit 1956 wurde in Schriesheim über eine Umgehung der Talstraße diskutiert. Eine Tunnel-Lösung wurde aber erst von den Gründern der Bürgerinitiative, Valentin Merkel und Philipp Gaber, ins Spiel gebracht. Genau vor 20 Jahren lotste Riehl den damaligen Innenminister Dietmar Schlee von einer Regionalkonferenz in Sinsheim spontan zum Mittagessen nach Schriesheim. Schlee sollte selbst sehen, wie dramatisch die Situation in der Talstraße ist. Der Minister erkannte vor Ort die Dringlichkeit einer Umgehung und sprach sich für die Tunnel-Variante aus.

Neun Jahre später, 1995, wurde das Projekt dem „vordringlichen Bedarf“ im langfristig angelegten Generalverkehrsplan des Landes zugeordnet. Das Planfeststellungsverfahren wurde im November 2000 eingeleitet. Das sollte Mitte 2001 abgeschlossen sein. Doch nach Tunnel-Unglücken in der Schweiz wurden die Sicherheitsstandards vom Bund verschärft. Also mussten Fluchtstollen in die Pläne integriert werden. Eine weitere Verzögerung ergab sich durch das Neubaugebiet „Nord“, das die Tunnelzufahrt tangiert. Im März 2004 konnten die Pläne für die Umgehung erneut offen gelegt werden. Nach dem Planfeststellungsbeschluss ist nun der Brief des Ministerpräsidenten ein greifbares Signal auf dem Weg zum Tunnel-Bau.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung