Schriesheim im Bild 2023

18.02.2006

In dieser Frage „immer zwischen den Fronten“

Eigenverantwortung, Rechtssicherheit, Selbstregulierung: Was Schriesheims Gastronomie von einem gesetzlichen Rauchverbot in den Gaststuben hält

Die Zigarette zum Pils auch in Zukunft: Die RNZ-Umfrage ergab mehrheitlich, dass es Schriesheims Wirte gar nicht gerne sehen würden, wenn ihre Gasträume per Gesetz komplett zu rauchfreien Zonen deklariert würden. Die Nichtraucher wollen sie aber auch nicht verprellen.

Schriesheim. Das britische Parlament hat diese Woche ein totales Rauchverbot für Pubs und Clubs verhängt. In Italiens Restaurants darf man nur in eigens ausgewiesenen Räumen zur Zigarette greifen. Und diese Zimmer brauchen eine eigene Lüftung, die es allerdings nur selten gibt. Also heißt es „vietato fumare“, und die meisten gehen nach Pasta oder Pizza vor die Tür, um zu rauchen. Rom feiert schon die Erfolge: Laut Gesundheitsministerium gab im vergangenen Jahr eine halbe Million Italiener das Rauchen auf. Zudem gebe es sieben Prozent weniger Herzinfarkte. Schon stehen wieder Politiker, Krankenkassen und Ärzte in Deutschland auf der Matte. Zum Beispiel forderte gestern SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach ein gesetzliches Rauchverbot in öffentlichen Gebäuden und Gaststätten. Im Gegensatz dazu sprach sich die Drogenbeauftragte der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Maria Eichhorn, dafür aus, erstmal die Erfolge der Selbstregulierung in den Gastwirtschaften abzuwarten – an deren Erfolg Lauterbach übrigens „im Traum“ nicht glaubt (siehe auch „Aus aller Welt“). Auch die Meinungen in der Schriesheimer Gastronomie sind geteilt.

„Je schneller desto lieber“ würde Winzerwirt Wilhelm Müller ein Gesetz zum Nichtraucherschutz sehen. Ein gesetzliches Verbot würde für alle Gastronomen die gleiche Rechtsgrundlage schaffen, meint er. Ohne Rauch sei das Raumklima besser, essende Gäste würden nicht durch den Qualm gestört. Christiane Majer hat das Rauchverbot in Italien erlebt: „Ich fand es angenehm“. Sie sagt: Wenn ein Gesetz, dann ein restriktives. Majer erkennt, dass man in dieser Frage als Gastronom „immer zwischen den Fronten von Rauchern und Nichtrauchern sitzt“. Ein Gesetz würde da Klarheit und Sicherheit für die Gastronomie schaffen: „Die Selbstregulierung ist nur schwer umzusetzen.“ In ihrer Weinscheuer gilt während Veranstaltungen und Weinproben Rauchverbot. Müller stellt in seiner Weinstube keine Aschenbecher mehr auf. Die Gäste müssen danach fragen.

So macht es auch Gerd Bartsch und stellt fest, dass seitdem generell weniger in seinem Weinhaus geraucht wird. Zudem bittet er die Raucher in seiner Speisenkarte schriftlich um Rücksicht auf die anderen Gäste. Ansonsten solle der Gesetzgeber „nicht päpstlicher sein als der Papst.“ Ähnlich sieht es auch Jürgen Opfermann aus dem Hotel-Restaurant „Zur Pfalz“: „Wie viele Regularien soll es denn noch geben? Wenn der Markt die Rauchfreiheit verlangt, dann muss ich sowieso reagieren.“ Er spricht sich für rauchfreie Bereiche in den Gasträumen aus. So praktiziert er es auch. Alles andere fördere nur die „Lagerbildung“ zwischen Rauchern und Nichtrauchern. Abgesehen davon seien die Wirte für den Genuss da, und da gehöre das Rauchen in gewisser Weise genauso dazu wie ein gepflegtes Bier oder ein Viertel Wein.

Matthias Grüber aus dem „Schwarzen Adler“ hält ebenfalls nichts von einer gesetzlichen Regelung. Manche Raucher könne man als Gastronom einfach nicht ausbremsen. Wer in seiner Wirtschaft über genug Räume verfüge, der könne einen davon reservieren – anders als in Italien aber für die Nichtraucher. Willi Krämer hat diese Variante schon vor Jahren ausprobiert, allerdings mit wenig Erfolg: „Der Raum stand meistens leer.“ Wenn die übrigen Tische besetzt gewesen seien, hätten neue Gäste oft eher auf dem Absatz kehrt gemacht, als in das rauchfreie Separee auszuweichen.

Georg Frank aus der Gaststätte „Frank“ fände ein Anti-Raucher-Gesetz „nicht gut für uns“. Auch Raucher hätten ein Recht auf ihre „Freiheit“, setzt er genauso auf eine Zone für alle Nichtraucher, denn: „Wer Raucher ist, wird sich nicht so einfach selbst beschränken.“ Genau diese Eigenverantwortung fordert aber Sterne-Koch Jürgen Schneider aus dem „Strahlenberger Hof“, zumal das Rauchen dem Genuss beim Essen abträglich sei.

Er hält vom gesetzlichen Verbot nicht viel („Wir haben schon genug Bürokratie“), erkennt aber die positiven Auswirkungen durchaus an – siehe Italien. Außerdem gibt er zu bedenken, dass die gänzliche Selbstregulierung da aufhört, wo der Gastronom nur über einen Gastraum verfügt.

Wer aber Platz habe, um Ausweichzonen zu schaffen, der solle die Gelegenheit nutzen. Schneider würde aber offenbar lieber beim Bewusstsein der Raucher selbst ansetzen: „Sie sollten sich selbst sensiblisieren für das Thema.“ Der öffentliche Druck auf die Raucher nehme ja sowieso immer mehr zu.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung