Schriesheim im Bild 2023

23.02.2006

„Ich übernehme die Stadt in einer desolaten Finanzlage“

Hansjörg Höfer will auf den Pavillon-Abriss verzichten – Kürzungen bei Schulerweiterung und Cafeteria geplant – Gemeinderat kritisiert IEWS

Schriesheim. (cab) Bürgermeister Hansjörg Höfer hat dem Gemeinderat gestern seine Änderungswünsche zum Haushaltsentwurf 2006 erläutert. Der Abriss des Strahlenberger Schulpavillons soll nicht realisiert werden. Für die Cafeteria im Schulzentrum will er nur eine „Planungsrate“ von 50000 Euro stehen lassen. Und für die Erweiterung der Fachräume soll nur im Haushalt berücksichtigt werden, was dieses Jahr gebraucht wird. Macht unterm Strich im investiven Bereich ein Ausgaben-Minus von 640000 Euro. Insgesamt will Höfer 865400 Euro einsparen. Mit den Kürzungen müsste die Rücklage nicht angetastet werden. Die Darlehensaufnahme soll um gut 500000 Euro auf knapp 2,1 Millionen Euro gedrückt werden.

„Ich übernehme die Stadt in einer desolaten Finanzlage“, sagte Höfer. Der vorliegende Haushalt löse die Probleme nicht, „er führt uns weiter in die Verschuldung“. Um die Ertragskraft des Verwaltungshaushalts zu steigern, will Höfer an die Strukturen heran. Aber: „Eine Trendwende kann erst mit dem Haushalt 2007 eingeleitet werden.“ Den Entwurf will er noch dieses Jahr vorlegen. Es gebe „keinen Königsweg, die Probleme zu lösen, sondern nur harte und phantasievolle Arbeit am Detail“. Es gehe darum, „schlanker und fitter zu werden – und das ist kein Nachteil, sondern ein Zugewinn an Lebensqualität“, so Höfer. Den will er nicht nur durch regelmäßige Treffen mit dem Finanzausschuss erreichen, sondern auch durch das Gespräch mit den Bürgern. Er stellte klar, dass es ihm nicht um Schuldzuweisungen geht – zumal der Haushalt im Januar genehmigungsfähig gewesen wäre. Die Fraktionen hätten seinerzeit aber noch Beratungsbedarf angemeldet, erinnerte Höfer an die Vertagung der Haushaltsverabschiedung.

Am Haushalt sei durch kurzfristige Maßnahmen nichts Wesentliches zu ändern. „Wir leben seit Jahren über unsere Verhältnisse“, sagte er. Und das, weil die Stadt ihre Aufgaben nur finanzieren konnte, weil sie Teile ihres Eigentums verkauft hat. Diese Tendenz sei besonders in den vergangenen drei Jahren deutlich geworden. Insgesamt habe man in dieser Zeit 3,8 Millionen Euro aus dem Vermögenshaushalt genommen und in den Verwaltungshaushalt gesteckt. Vor zwei Jahren habe man so die gesamte Gebäudeunterhaltung finanziert. Vergangenes Jahr habe die Stadt nicht nur die Gebäudeunterhaltung, sondern auch deren Bewirtschaftung mit 2,5 Millionen Euro komplett aus dem Investitionsetat bezahlt. „Anders formuliert:“, so Höfer, „Um 2005 die Schulen beheizen zu können, haben wir Grundstücke verkauft“. Schriesheim habe in der Vergangenheit Einrichtungen geschaffen und neue Aufgabenfelder eröffnet, finanziert aus der Substanz. „Folgekosten wurden nicht berücksichtigt“, so Höfer: „Was fehlt, ist ein Konzept für die Unterhaltung der Gebäude. Bis jetzt wurde nach dem Feuerwehrprinzip gehandelt.“

Die Finanzprobleme sind nach Höfers Ansicht nicht nur hausgemacht. Die Kommunen würden immer weniger Geld bekommen, aber ständig würden neue Probleme auf sie abgewälzt – und das ohne finanziellen Ausgleich. Die Stadt werde immer mehr zum Zahler als zum Empfänger von Umlagen, so Höfer. Der Bürgermeister unterstrich, dass das Problem der Stadt keineswegs im Personal-Haushalt stecke. Schriesheim bescheide sich schon lange mit einer vergleichsweise dünnen Personaldecke – wobei Höfer bekräftigte, dass er hinter der Suche nach einem Jugendsozialarbeiter steht. Das Problem seien vielmehr die Sachausgaben.

Zur Streichung des Pavillon-Abrisses sagte Höfer: „Bevor ich einen Kredit aufnehmen muss, suche ich Möglichkeiten einer anderen Nutzung“. Die Cafeteria werde aufgrund der verzögerten Planung in diesem Jahr nicht gebaut“, begründete Höfer die Kürzung des Ansatzes in dieser Sache um 250000 Euro. „Aber wir werden weiterhin den Antrag auf Bezuschussung durch das Land aufrechterhalten“. Wobei noch nicht klar ist, ob es überhaupt ein Zuschussprogramm des Landes gibt. Zudem werde für die Schüler bis nach den Sommerferien eine Möglichkeit geschaffen, sich mittags versorgen zu können – wofür ein Teil der verbliebenen 50000 Euro „Planungsrate“ ausgegeben werden soll. Eine Konzeption für diese Mittags-Verpflegung gibt es aber noch nicht.

Nach Höfers Rede wurde auch über die Kritik der IEWS gesprochen. Der Schwimmbad-Verein hatte moniert, dass es immer noch keine Zuschusszusage für die Sanierung des Kinderbeckens gebe und dass die im Vergleich zu Fliesen teurere Ausführung mit einem Edelstahl-Becken wieder ein Thema sei (wir berichteten). Friedrich Ewald (FW) wies die unsachliche Kritik der IEWS zurück. Das Vorgehen des Vereins via Presse sei „unglücklich und nicht fair“ gewesen. Auch IEWS-Vorsitzender Klaus Cardano hätte sich sachkundig machen können bei den Fraktionen, um deren Ansichten zu verstehen. Jedenfalls könne man so nicht miteinander umgehen. Ewald bekräftigte für das Gremium: „Der Gemeinderat steht zum Waldschwimmbad.“ Dem hatten die anderen Fraktionen nichts hinzuzufügen.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung