Schriesheim im Bild 2023

03.03.2006

„Das Feld liegt eng beieinander“

Tabakprämierung in der Strahlenberger Schulturnhalle: 60 Pflanzer aus ganz Baden-Württemberg legten ihre Muster zur Bewertung vor
Die Blätter prüften Vertreter aus Industrie und Landwirtschaft.
Schriesheim. (nam) Tabakprämierung der baden-württembergischen Pflanzer in Schriesheim: Zwei Sorten haben Vertreter von Industrie und Pflanzern gestern bewertet: Burley Tabak, der vor allem in Nordbaden und eben auch in Schriesheim angebaut wird, und Geudertheimer, der vor allem im Süden wächst. 26 Landwirte reichten dabei jeweils zwei Muster Burley Tabak ein, 24 Pflanzer ließen ebenfalls je zwei Muster Geudertheimer bewerten.

Tabak wird insgesamt in vier Stufen geerntet: Grumpen, Sandblatt, Hauptgut und Obergut. Muster liefern die Pflanzer aber nur von Sandblatt und Hauptgut ab: Diese sind ausschlaggebend für die Bewertung, erklärt Klaus Mayrhofer, der über 40 Jahre lang Schriesheimer Tabak gekauft hat und Verkaufsleiter der Tabak- und Zigarettenfabrik Heintz van Landewyck war. Im Unterschied zum Geudertheimer, einer dunklen Sorte, die für Zigaretten und Zigarren angebaut wird, ist der Burley hell bis rötlich braun – er wird zu Zigaretten und Rauchtabak verarbeitet.

Sandblatt- und Hauptgutmuster werden getrennt boniert, also begutachtet. Beide Ergebnisse fließen dann zusammen in eine Wertung – Höchstpunktzahl 200.

Die Prüfer testen dabei zunächst die Eigenschaften des Tabakblatts: Farbton, Glanz und Ausgeglichenheit sowie Größe, Struktur und Rippe. Als weitere Kriterien fließen Brennfähigkeit und Rauchgeruch in die Bewertung mit ein. „Die Blatteigenschaften wie zum Beispiel die Farbe sagen etwas über die Inhaltsstoffe aus“, erklärt Mayrhofer. Größe und Struktur spielen dann beim Schneiden eine Rolle: Der Tabak soll nicht krümeln, die Fasern möglichst lang sein, damit er gut weiter verarbeitet werden kann. Wie die einzelnen Bewertungskriterien gewichtet werden, unterscheidet sich bei den Tabaksorten: „Das richtet sich nach dem Zweck“, so Mayrhofer. Beim Geudertheimer spielen Rauch und Geschmack eine größere Rolle, schließlich sollen aus diesem Kraut einmal Zigarren gedreht werden. Die Qualität des Tabaks ist jahrgangsbedingt: „Was ich bisher gesehen habe, sieht sehr gut aus“, sagt Mayrhofer. Anders als zum Beispiel im Jahr 67. „Entsetzlich“. Oder 1971: „Blätter dick wie Schuhsohlen“. Übrigens: 1573 baute der Pfarrer Anselmann im Klostergarten bei Kandel zum ersten Mal in Deutschland Tabak an – damals noch als Heilpflanze.

Im Anbau entscheiden sich Burley und Geudertheimer übrigens kaum: „Beide werden luftgetrocknet“, informiert Mayrhofer. Im Gegensatz zu der Sorte Virgin: Deren Blätter trocknen in Heißluftöfen und werden ebenfalls zu Rauchtabak und Zigaretten verarbeitet. Insgesamt sei die Zahl der Pflanzer enorm zurückgegangen, sagt Mayrhofer. In Schriesheim lassen ihre Pflanzen praktisch nur Landwirte mit Großbetrieben – mit Anbauflächen bis zu 30 Hektar – bewerten. „1955 bauten die Pflanzer durchschnittlich auf 0,12 Hektar Fläche an“, erklärt Mayrhofer. Heute sind 5,5 Hektar daraus geworden. Wobei sich die Anbaufläche insgesamt kaum verringert hat: Auf rund 4500 Hektar wächst in Deutschland Tabak.

Was neue EU-Verordnungen angeht: „Das ist insgesamt komplizierter geworden, da alle europäischen Tabake über eine Marktordnung geregelt werden“, erklärt Mayrhofer. Was für die Pflanzer oft starke Einschnitte und vor allem einen ungeheuren Verwaltungsaufwand bedeute. Wolfgang Moritz, der Geschäftsführer des Landesverbands baden-württembergischer Tabakpflanzer, erklärt, dass die EU-Prämien unabhängig von der tatsächlichen Tabak-Produktion bezahlt werden. Weswegen viele Pflanzer nicht mehr produzieren würden, so Moritz. Die Marktordnung und die Anbaugarantie, und damit auch die Unterstützung der Pflanzer, würden auch beide nur noch bis 2009 gelten. „Das ist wenig Planungssicherheit. Wie es dann weitergeht ist fraglich“, so Moritz.

Den Ehrenpreis der Stadt Schriesheim für die Sorte Burley erhielten gestern Jürgen Treiber aus Plankstadt-Eppelheim (199 von 200 Punkten) und Rolf Hallwachs aus Plankstatt. Helmut Roth aus Neuried-Ichenheim wurde Erster (197 von 200 Punkten) bei der Sorte Geudertheimer, Zweiter wurde Jürgen Stoll aus Altenheim. „Das Feld liegt tendenziell eng zusammen“, sagt Moritz. Er spricht von einem guten Jahrgang 2005. Die besten Muster werden auf dem Mathaisemarkt ausgestellt.

Fakten zur Pflanze

Eine Tabakstaude wird mit Blüte rund 2,5 Meter hoch. 100 Tage lang wächst sie und wird in dieser Zeit viermal geerntet. Eine große Blüte liefert etwa vier Gramm Saatgut – das reicht für 13000 Pflanzen, oder einen Hektar Fläche. Was wiederum 50000 Kilo Pflanzen-Masse bedeutet. Davon wird die Hälfte geerntet – die andere, Blüte, Stengel und Wurzeln wird als Grünmasse untergepflügt. Die 25 Tonnen Ernte werden auf 2,5 Tonnen Gewicht getrocknet, die dann letzenendes verkauft werden. Eine Zigarette enthält etwa 0,8 Gramm Tabak. Ein Hektar Anbaufläche bringt 280 000 Euro Tabaksteuer.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung