Schriesheim im Bild 2023

05.05.2006

"Die Kommune ist Keimzelle der Demokratie"

Schriesheim - Altbürgermeister Peter Riehl sprach bei und mit der Jungen Union über Kommunalpolitik

(nam) Ein guter Bürgermeister gehört an den Stammtisch, um zu erfahren, was die Leute bewegt. Sagt Peter Riehl. Kürzlich war er bei der Jungen Union zu Gast. "Bei meiner ersten Wahl hat mich die Junge Union stark unterstützt". Und diese Bande reichten eben bis in die Pension hinein. Kein Wunder also, dass sich Riehl gerne bereit erklärte, zu referieren – über Kommunalpolitik. Ein Vortrag wurde es dann allerdings nicht: Vor sich die Gemeindeordnung liegen, plauderte Riehl über seine Erfahrungen, über Grundsätze und Schriesheims Entwicklung. Und fand wissensdurstige Zuhörer. Das zeigte auch später die Fragerunde.

Riehl stellte eine Frustration in der Kommunalpolitik fest, gestand aber ein, dass es leicht sei zu behaupten: "Früher bei uns war der Schnee weißer und der Winter kälter".

"Vor 20, 30 Jahren hat man was gesagt, und das haben die Leute geglaubt. Heut‘ wird alles erst mal angezweifelt": Für Riehl "der Abfluss der verkehrten Politik von oben nach unten". Was auf Landesebene vorgelebt werde, das beeinflusse eben auch das Lokale: "Wieso sollen die Bürger hier anders über die Politik denken?"

"Die Kommune ist die Keimzelle der Demokratie", so Riehl. Was aber oft nur noch in Sonntagsreden eine Rolle spiele, denn viele, die Politik betreiben, wüssten das nicht mehr. Der Gemeinderat müsse diese Verantwortung übernehmen. Während früher Gegenstimmen über alle Fraktionen verteilt waren, würde heute "nur noch in Blöcken abgestimmt". "Koalitionen im Gemeinderat, das ist der größte Unsinn, den es gibt, wenn Kommunalpolitik echt und ursprünglich betrieben werden soll", sagte Riehl.

Der Kommune müsse Selbstständigkeit garantiert werden, und das sei nur mit eigenen Rechten möglich. "Kommunen sind keine Einkaufszentren, mit Öffnungszeiten, in denen man sich einfach bedient". Riehl forderte, dass die politischen Zielsetzungen wieder dorthin zurück sollten, wo man sie bearbeite; bei Pflicht-, Weisungs- und freiwillige Leistungen der Kommune sei einiges durch-einander gekommen. Die Ursachen zu erkennen, ist für Riehl die "Quintessenz". "Wir müssen zurück zur Natur, dort wo‘s entsteht". Für die Politik bedeute das einen "realen Sinn für die Notwendigkeiten des Lebens".

Riehl erzählte auch, dass in den 60ern vieles (auf)gebaut wurde, in der Annahme, das ginge zum Nulltarif. "Und in den letzten vier, fünf Jahren haben wir feststellen müssen, dass es so nicht mehr tut". Ihn ärgert es, dass aus diesem Wechsel keine Lehren gezogen würden.

Während er froh ist, dass damals kein Schwimmbad gebaut wurde, sieht Riehl das Schulzentrum dagegen als "wichtigen Faktor für die Gemeinde". Auch wenn das Schulsystem mit Schlagworten verflacht werde: Wie "Kinderland Baden-Württemberg". Keine Kinder zu bekommen, das sei nicht nur eine Frage des Geldes, sondern auch der Einstellung. "Allgemeines Geschimpfe", dass "deutsche Frauen zu faul" seien, Kinder zu kriegen, das lehnt der Altbürgermeister aber vehement ab. Die jungen Leute seien leistungsfähig: "Die Jugend muss sich vielmehr anstrengen als wir damals". Thema waren im anschließenden Gespräch vor allem Fusionen, um Kosten zu sparen. Während sich Riehl gegen eine Zusammenlegung der Feuerwehren aussprach, ("die Feuerwehr gehört in den Ort"), sieht er durchaus Potenzial in Fusionen, zum Beispiel bei Bauhöfen. Auch Personal könne man in mehreren Gemeinden einsetzen.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung