Schriesheim im Bild 2023

14.12.2006

„Was Wolf sagt, entspricht nicht meinem Demokratieverständnis"

(cab) In der Gemeinderatsarbeit habe sich seit der Bürgermeisterwahl nicht so viel verändert, meint CDU-Fraktionschef Siegfried Schlüter im Bilanzgespräch. Natürlich nimmt er auch zu den Äußerungen seines Kollegen der Grünen Liste, Christian Wolf, Stellung. Dieser hatte ihm indirekt nahegelegt, das Amt des Ersten Bürgermeisterstellvertreters niederzulegen.

Herr Schlüter, macht Ihnen die Kommunalpolitik noch Spaß?

Ja.

Die Niederlage bei der Bürgermeisterwahl, Peter Seuberts Abschiedsempfehlung als Stadtrat, den CDU-Fraktionsvorsitzenden regelmäßig zu wechseln und Christian Wolfs indirekter Rat an Sie, das Amt des Ersten Bürgermeisterstellvertreters niederzulegen, haben keine Spuren bei Ihnen hinterlassen?

Der Ausgang der Bürgermeisterwahl tat schon weh. Den Gedanken an einen turnusgemäßen Wechsel kann Seubert haben. Die Fraktion sieht das anders. Und was Wolf sagt, entspricht nicht meinem Demokratieverständnis.

Wieso?

Opposition orientiert sich immer an der Sache. Wenn die Verwaltung im Gemeinderat Niederlagen erlebte, dann lag das weder alleine an der CDU, noch an mir, sondern an Mehrheiten im Gremium. Das sollte Wolf zur Kenntnis nehmen. Die Sachthemen und nicht Personen sollten im Vordergrund stehen. Ich bedauere diese Personifizierung. Im Sinne der Kommunalpolitik müssen wir davon wegkommen.

Wolfs Beobachtung, dass es atmosphärisch zwischen Ihnen und Bürgermeister Hansjörg Höfer nicht mehr stimmt, ist also nicht richtig?

Aus meiner Sicht ist das nicht der Fall. Ich kenne Höfer seit Anfang der 70er Jahre. Und wir haben persönlich keinen Streit miteinander. Ich denke, er sieht das wie ich.

Wolf sagte aber auch, dass Sie zu oft versuchen würden, vermeintliche Fehler des Bürgermeisters öffentlich anzuprangern, um Höfer so zu schwächen.

Dann schauen Sie erstmal, wie die Grünen damals bei Bürgermeister Riehl Opposition gemacht haben. Das war kein guter Stil. Wir machen das so nicht. Als es um seine Wahlkampfhelferin als persönliche Beraterin ging, habe ich Höfer direkt unter vier Augen angesprochen und um Klärung gebeten. Als das nicht half, wurde es im Gemeinderat angesprochen. Im Mai war es Hans-Jürgen Krieger, der das Thema über die Presse publiziert hat und nicht ich. Die Grünen hätten an unserer Stelle doch eine Riesenkampagne gefahren, bis der Berater weg ist. Im Übrigen: Hätte unser Kandidat Peter Rosenberger die Wahl gewonnen und danach versucht, einen Wahlkampfhelfer im Rathaus zu installieren, hätten wir genauso opponiert. Wir sind außerdem mit keinem Thema direkt über die Presse gegangen, sondern immer über den Gemeinderat. Das war bei der Vertagung von PPP so, als der Gemeinderat erst nicht Bescheid wusste. Das war bei den Verkehrsfragen rund um das Gewerbegebiet so, als wir erst nach der Vertagung in die Öffentlichkeit gegangen sind. Und das war bei der Frage so, ob die Lyra im Kunstpavillon einen Raum bekommt. Wir waren übrigens mit den Grünen immer gegen den Abriss des Schulpavillons, und zwar aus finanziellen Gründen.

Warum hat sich die Fraktion nicht sofort öffentlich hinter Sie gestellt, nachdem sich Seubert in seiner Verabschiedung für eine regelmäßige Ablösung des Fraktionsvorsitzenden aussprach?

Warum sollte man das hoch kochen? Die Fraktion steht hinter mir. Wir waren immer eine Einheit, auch mit Seubert.

Hat der Ausgang der Bürgermeisterwahl das kommunalpolitische Verhalten der CDU im Gemeinderat verändert?

Nein, auch Riehl haben wir stark und auch mal heftig kritisiert. Dafür wurden wir dann von den Grünen gelobt. Wir werden unsere Positionen weiter beziehen. Unser Rollenverständnis hat sich jedenfalls nicht verändert. Der Gemeinderat ist weiterhin das Kontrollorgan. Vielleicht waren unter Riehl manche Dinge im persönlichen Gespräch leichter ausräumbar. Aber da reiche ich Höfer gerne die Hand. Ich denke, dass das auch sein Ziel ist. Ansonsten hat sich an der Gemeinderatsarbeit nicht so viel geändert. Die Grünen machen ja schon seit zwei, drei Jahren keine Fundamentalopposition mehr, weil sie auf die Bürgermeisterwahl hingearbeitet haben. Und jetzt muss sich die Grüne Liste in die neue Rolle einfinden die Fraktion zu sein, aus der der Bürgermeister kommt.

Welches Zeugnis stellen Sie dem neuen Bürgermeister zum Jahresende aus?

Man kann ihn in Teilen durchaus loben. Mit ihm ist die Kontinuität der Gemeinderatspolitik gegeben. Die Rebflurbereinigung treibt er mit voran. Hier muss man sagen, dass die Neuordnung wirklich so umgesetzt wird, wie ursprünglich geplant. Mit der ökologischen Ausrichtung haben wir immer gerechnet, alleine schon wegen der Zuschüsse. Die Gestaltung der Kriegsopfergedenkstätte ist gelungen. Mir ging es da in meiner Kritik nur um die Form. Auch die CDU hat ja für das Projekt gespendet. Die Fachräume in der Realschule werden realisiert, und die neue Jugendsozialarbeiterin wurde eingestellt. Das hat Riehl übrigens bewusst dem neuen Bürgermeister überlassen. Und auch die CDU trägt sie jetzt mit.

Was steht noch auf Höfers Haben-Seite, Ihrer Meinung nach?

Er hat die Straßen- und Kanalarbeiten fortgeführt und die Verkehrsregelung im Süden angepackt. Ein neuer Archivar wurde eingestellt, und Höfer hat das Jugendhaus auf dem Push-Gelände stark gefördert. Wir als CDU stehen voll dahinter, wie auch die 25000 Euro Zuschuss aus dem Programm "Der Jugend Räume schaffen" zeigen, für die sich unser Landtagsabgeordneter, Staatssektretär Georg Wacker, eingesetzt hat. Die Kontakte zu unseren Landtagsabgeordneten müssen wir in Zukunft – unabhängig ihrer Parteizugehörigkeit – stärker nutzen.

Bei welchem Thema?

Wir müssen zum Beispiel die Talstraße und den Branichtunnel in Stuttgart wieder mehr ins Gespräch bringen. Wir haben ja nicht nur unsere beiden Schriesheimer Abgeordneten Wacker und Frau Arnold, sondern mit Herrn Sckerl auch einen Grünen. Und nachdem die Grünen in Bezug auf den Branichtunnel nach vielen Jahren umgedacht haben, kann man hier jetzt auch mehr Druck machen.

Sie waren derjenige, der sich vom Haushaltsentwurf 2007 am wenigsten begeistert zeigte.

Wir haben Anfang der 90er Jahre gesagt, wir wollen Schulden abbauen. Da hatten wir über neun Millionen. Ende 2003 waren es nur noch 3,5 Millionen Euro Schulden. Ende 2007 sollen es wieder rund 7,1 Millionen sein. Das muss uns zu denken geben. Wir haben in drei Jahren verloren, was wir in zehn Jahren eingespart haben. Das lag an den äußeren Umständen. Und wenn die Signale jetzt wieder besser sind und wir trotz 1,5 Millionen Euro Zuführung nicht ohne Kreditaufnahme auskommen, dann ist das ein Grund zur Sorge. Wir müssen den Haushalt konsolidieren.

Und wie?

Wissen Sie, wir von der CDU haben jahrelang Vorschläge gemacht und wurden dafür oft abgewatscht. Jetzt warten wir mal auf Ideen aus der Verwaltung.

In Bezug auf die Finanzen wäre die Erhöhung der Kindergartengebühren sicher ein kleiner hilfreicher Schritt gewesen.

Der Ausgang der Abstimmung muss eine große Enttäuschung gewesen sein für die Verwaltung. Dabei wären die Anträge diskutierbar gewesen. Nur das Vorgehen war hier total falsch. Den Vorwurf muss man Höfer machen. Und das haben die Grünen ja auch kritisiert. Das ist ein gutes Beispiel dafür, dass es in der Kritik immer um die Sache geht. Hier hätte Höfer eine Vertagung anstreben sollen und nicht beim Geld für seine Beraterin. Er muss neue Mehrheiten suchen. Ich hoffe, dass er das dieses Jahr gelernt hat. Aber seit vierzehn Tagen habe ich den Eindruck, dass das schon besser wird.

Was steht für das kommende Jahr auf der Agenda?

Die Rebflurbereinigung, der Grundsatzbeschluss über Public Private Partnership und die Mensa im Schulzentrum. Die Haushaltskonsolidierung, die Schwimmbadsanierung und die Situation in der Talstraße sollten uns beschäftigen. Und natürlich die Bebauungspläne am Bahnhof und beim Gewerbegebiet. Das sind ganz zentrale Themen der Stadtentwicklung, bei denen die Verwaltung richtig vorgeht.

Nach unserem Gespräch hat man wirklich nicht den Eindruck, Sie seien amtsmüde.

Nein. Ich gehe mit der gleichen Energie wie bisher ins neue Jahr.

Copyright (c) rnz-online

Autor: Rhein-Neckar-Zeitung