Er übernahm früh viel Verantwortung

(sk) Alle Jahre wieder – die folgende Lebensgeschichte will so gar nicht zur weihnachtlichen Besinnlichkeit passen – Ali Abdul Khaleq hat nichts Nettes zu erzählen, sondern seine Lebensgeschichte handelt vom Krieg und wie ein Mensch schon als Kind auf sich allein gestellt war. In seinem Heimatland Afghanistan hat der junge Schriesheimer Wirt (gestern eröffnete er sein Restaurant "Alias") nichts als Krieg und Bürgerkrieg erlebt – er kennt Zustände, an die sich hierzulande nur noch die Älteren erinnern.
Geboren wurde Ali Abdul Khaleq 1977 in Herat. Hier begann der Krieg 1979 mit einem Aufstand der Armee gegen die kommunistische Partei. Beim Aufstand kamen 350 Sowjetbürger um, worauf die Stadt von der Sowjetarmee bombardiert und später mit Panzern und Fallschirmjägern eingenommen wurde. "Es wurde so schlimm, dass man die Einwohner mit dem Hubschrauber evakuieren musste", berichtet Khaleq. Von jeder Familie musste ein Mann kämpfen.
In Khaleqs Familie traf dieses Schicksal den Onkel, der jedoch bei einem Unfall ein Bein verlor. So kam er trotz der schweren Verletzung mit dem Leben davon, seine Stelle musste aber Khaleqs Vater einnehmen. Schon damals mussten die Frauen die Burka tragen, den langen hellblauen Überwurf, der lediglich einen vergitterten Sehschlitz für die Augen freilässt. Auch Khaleqs Mutter, die ihr wenige Wochen altes Baby an sich klammerte, trug eine Burka, die sie am Einsteigen hinderte. Die Mutter schlüpfte also aus dem Gewand und gab den Säugling einem Verwandten zum Halten. In dem Moment gingen Raketen rund um den Flugplatz nieder, und der Pilot war zum Starten gezwungen. Die Mutter wurde in den Hubschrauber geschoben, das Baby blieb zurück – sie sah ihre Tochter Sima erst wieder, als diese heiratete.
So begann das neue Leben in Kabul für den Rest der Familie mit mehreren Schicksalsschlägen. Die Frau nahm mehrere Arbeitsstellen an, versorgte die Familie und kümmerte sich darum, dass die Kinder eine gute Schulbildung erhielten.Für Ali war seine Kindheit in Kabul hart. Es gab keine Familie, die nicht mindestens einen Toten zu beklagen hatte.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung