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30.03.2007

Ein Messer hat nichts im Ranzen eines Zweitklässlers zu suchen"

Von Maren Schultz

Jugend und Gewalt – so lautete das Thema des KGS-Forums, zu dem Schulleitung und Elternbeirat in die Aula des Kurpfalzgymnasiums (KGS) eingeladen hatten. Doch nicht jugendliche Gewalttäter standen im Mittelpunkt des Vortrags von Polizeihauptkommissar Albrecht Flemming, sondern die jugendlichen Opfer. "Vor acht Jahren haben wir die Kampagne zur Gewaltprävention gestartet", sagte Flemming. "Damals hätte ich gesagt, dass die Gewalt unter Jugendlichen leicht zunimmt, heute haben wir einen massiven Anstieg." Und auch die Einzelauswirkungen seien dramatischer. "Während eine Keilerei unter Kindern früher meist aufhörte, wenn einer blutete oder weinte, ist das heute noch lange kein Anlass für prügelnde Kinder, voneinander abzulassen."

Die zentrale Frage des Abends lautete: Wie können Eltern ihre Kinder vor gewalttätigen Übergriffen schützen? "Beobachten Sie ihr Kind", betonte Flemming. Nur die Eltern selbst könnten merken, wenn mit ihrem Kind etwas nicht stimme, wenn es sich anders verhalte als sonst. "Wenn ihr Sohn oder ihre Tochter plötzlich nicht mehr in die Schule gehen will oder sich nachmittags nicht mehr mit Freunden treffen möchte, dann haken sie nach." Wenn sich dabei herausstelle, dass das Kind Opfer einer Straftat geworden sei, müssten die Eltern sofort handeln. "Auch bei vermeintlichen Kleinigkeiten wie Hänseln und Spucken sollten die Eltern dies nicht einfach abtun", riet Flemming.

Am besten sei, zunächst mit den Eltern des anderen Kindes zu sprechen oder das Gespräch mit Lehrern und Schulleitung zu suchen. "Viele Probleme klären sich oft schon mit einem Gespräch." Wenn dies nicht helfe, könnten Eltern natürlich immer die Polizei einschalten. "Was viele Eltern nicht wissen ist, dass man auch Kinder anzeigen kann", erklärte er. Natürlich passiere ihnen dadurch strafrechtlich gesehen nichts, doch es gehe automatisch ein Brief an die Erziehungsberechtigten. "Wenn die Polizei bei den Eltern des angezeigten Kindes vorspricht, wird es in 99 Prozent aller Fälle sein Opfer in Zukunft in Ruhe lassen."

Ein wichtiger Punkt in der Erziehung sei, Kindern ihre Grenzen aufzuzeigen. "Kinder brauchen bestimmte Grenzen, aber natürlich dürfen sie auch immer versuchen, diese zu erweitern", sagte Flemming.

Doch wenn Eltern nicht wollten, dass ihr jugendliches Kind Alkohol trinke oder zu einer Party gehe, sollten sie es ihm auch verbieten. Endlose "Warums" und "Aber" dürften die Eltern irgendwann auch mit einem bestimmten "Weil ich das so will" beenden.

Wichtig, um sich vor Straftaten zu schützen, sei vor allem genug Selbstbewusststein. "Ich persönlich rate immer, Kinder in Sportvereinen anzumelden. Gerade bei Mannschaftssportarten bekommen die Kinder ein enormes Selbstbewusstsein und trauen sich dann in einer schwierigen Situation, laut ,Nein’ zu sagen oder um Hilfe zu rufen", sagte Flemming.

Darüber hinaus sollten Eltern auch immer kontrollieren, was ihre Kinder im Fernsehen anschauen, was sie am Computer spielen und was sie mit in die Schule nehmen. "Ein Messer hat nichts in einem Schulranzen eines Zweitklässlers zu suchen."

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung