Schriesheim im Bild 2023

05.04.2007

Plötzlich kam Alice Fuld herein"

Von Carsten Blaue

Bürgermeister Hansjörg Höfer weilt mit seiner Familie zurzeit bekanntlich in New York, um hier ehemalige Schriesheimer Bürger jüdischen Glaubens zu treffen. Höfers Trip über den Atlantik ist Anlass für Ehrenbürger Peter Hartmann, sich an seinen eigenen Aufenthalt an Hudson und East River zu erinnern. Auch damals, im Jahr 1965, kam es zu einer besonderen Begegnung.

Der Verband der badischen Bürgermeister hatte damals eine Reise nach den Oststaaten der USA angeboten, die das Heidelberger Reisebüro Krämer organisierte. Rund 150 Bürgermeister und Stadträte machten sich auf den Weg. Im Flugzeug der belgischen Fluggesellschaft Sabena, einer Boeing 707-320, saßen auch Schriesheims damaliger Bürgermeister Wilhelm Heeger sowie die Stadträte Hermann Erdmann und Peter Hartmann, der seinerzeit auch Bürgermeisterstellvertreter war.

Mit dabei war zudem Kurt Bernhard, der Bürgermeister der Gemeinde Ittlingen, die damals noch zum Landkreis Sinsheim gehörte. "Er hatte uns ein besonderes Erlebnis angekündigt", erinnert sich Hartmann.

Nachdem die Reisegruppe in New York angekommen war, wurde sie mit Bussen ins Hotel "President" in Manhattans 48. Straße gefahren. Die Häuserschluchten mit dem Empire State Building, das mit seinen 443 Metern damals das höchste Gebäude der Welt war, hinterließ bei den Gästen aus Deutschland einen bleibenden Eindruck.

"Beim Abendessen", erzählt Hartmann, "kam plötzlich Alice Fuld herein". Bernhard habe sie zu diesem Essen eingeladen. Der Ehrenbürger verwendet im Gespräch ihren Mädchennamen. "Es war eine Freude für uns, sie zu begrüßen", so Hartmann. Drei Abende habe sie im Kreise der Reisegesellschaft verbracht.

"Liesel" Fuld war die Tochter von Seligmann und Rosa Fuld, geborene Freudenberger. Alice Fuld hatte im Jahr 1931 Julius Wimpfheimer aus Ittlingen geheiratet. Sie verließen Deutschland im Jahr 1937 mit ihrem 1932 geborenen Sohn Fritz (heute Martin) und emigrierten nach New York. Seligmann Fuld folgte ihnen im November 1938 nach der Reichspogromnacht. Er starb 1947. Von 1945 bis 1983 habe "Liesel" Wimpfheimer in regem Briefwechsel mit ihrer Freundin aus dem Odenwaldklub, Sofie Simon, gestanden, berichten Prof. Joachim Maier und Monika Stärker-Weineck im Schriesheimer Jahrbuch 2003. Ihr Leben lang habe sie an Heimweh gelitten. In einem Brief vom 5. Mai 1981 schrieb sie: "(...) bin so oft und viel mit meinen Gedanken zu Hause und bin doch schon über 43 Jahre von zu Hause weg (...)". Im Jahre 1970 besuchte das Ehepaar Wimpfheimer Schriesheim. Ins Goldene Buch trug Alice Wimpfheimer am 28. August den Satz ein: "Zum Andenken an unsere Heimatreise". 1995 starb sie in New York, wo Höfer in dieser Woche auch ihren Sohn Martin treffen wird.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung