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11.04.2007

Kimmel ist sauer auf die Landesregierung

Kimmel ist sauer auf die Landesregierung

Für den Ersten Bürgermeisterstellvertreter, Siegfried Schlüter, war die ganze Geschichte "unangenehm". Und es wäre ihm am liebsten gewesen, "wann man daraus gar nichts Großes macht". Dafür war es aber doch zu erheblich: Am Ostersonntag hat Schlüter gemeinsam mit Ordnungsamtsleiter Willy Philipp dafür gesorgt, dass Heinz Kimmel seine Gärtnerei zumacht.

"Ich stand im Gewächshaus, und plötzlich waren die beiden da", schilderte Kimmel die Situation gestern im RNZ-Gespräch. Schlüter und Philipp hätten ihn auf das neue Ladenöffnungsgesetz des Landes hingewiesen, das auch Blumenläden verbietet, am ersten Weihnachtsfeiertag sowie am Oster- und am Pfingstsonntag zu öffnen (Paragraf neun, Absatz zwei). Dazu Schlüter, der zu diesem Zeitpunkt noch Bürgermeister Hansjörg Höfer vertrat: "Wir wurden von privater Seite angerufen diesbezüglich. Also mussten wir handeln. Wir waren die Dummen". Sprich: Irgendeiner hat wohl bei der Stadt gepetzt, dass Kimmel an Ostern aufhat.

Kimmel, Ortsvorsitzender und Stadtrat der Freien Wähler sowie Zweiter Bürgermeisterstellverteter, einigte sich mit dem Ersten Bürgermeisterstellvertreter und dem Ordnungsamtschef darauf, dass er um 11.30 Uhr anstatt um 12 Uhr schließt. Dazu Kimmel: "Was bestellt war, habe ich noch verkauft. Dann habe ich geschlossen." Philipp sei später vorbeigefahren, um nochmal nachzusehen, erzählte der Gärtnermeister.

Am 14. Februar hatte der Landtag das neue Gesetz verabschiedet. Am 26. März unterrichtete der Verband Badischer Gartenbaubetriebe seine Mitglieder per Fax über die neue Entwicklung, auch Kimmel. Der Verband schrieb, dass die Landesregierung den "Wünschen und Forderungen" der Landeskirche nachgekommen sei, und das trotz "massiver Proteste der Berufsorganisationen". Die Landesregierung habe damit auf das Entgegenkommen der Kirche zum Beispiel bei der Zahl verkaufsoffener Sonntage reagiert.

Kimmel hat das Fax und vor allem das neue Gesetz offenbar ignoriert und sein Geschäft geöffnet – was laut Paragraf 15 bis zu 10000 Euro Geldbuße bedeuten kann. Als sein Laden dann doch noch zu war, hat er sich ins Auto gesetzt und ist bei Kollegen in der Umgebung vorbeigefahren. Da hätten auch einige aufgehabt. Kimmel machte Schlüter und Philipp gestern gar keinen Vorwurf, sondern der Landesregierung und dem Landtag. Stuttgart arbeite in diesem Falle gegen den Mittelstand. Kimmel schilderte seine persönliche Situation: "Wir sind abhängig davon, an Ostern etwas zu verkaufen. Auch das Öl hat im Winter viel Geld gekostet. Wir brauchen jetzt jeden Euro. Und da spielen die zwei Stunden am Ostersonntag eben doch eine Rolle. Außerdem fühle ich mich meinen sieben Mitarbeitern und deren Familien gegenüber verpflichtet." Diese hätten am Monatsende auch ein Recht auf ihr Geld.

Die Blumen für die Familie und für den Besuch auf dem Friedhof am Grab von Angehörigen würden zu Ostern außerdem am Ostersonntag gebraucht und nicht erst am Ostermontag. Außerdem seien die Blumen an diesem Tag einfach älter, weil sie bereits am Karsamstag vorbereitet würden. Für Kimmel ist jedenfalls klar: "Die Landesregierung hat nichts übrig für uns Mittelständler". Er werde auch noch den Landtagsabgeordneten Georg Wacker (Staatssekretär, CDU) und Dr. Birgit Arnold (FDP) sagen, was er vom neuen Gesetz hält: "Da habe ich gar keine Berührungsängste. Und zu Schlüter habe ich gleich gesagt: ,Euch wähl’ ich nicht mehr’.". Schlüter, der bekanntlich nicht nur Bürgermeisterstellvertreter, sondern auch CDU-Stadtrat ist, zeigte Verständnis für Kimmels Zorn. Das neue Gesetz sei "schwierig" und auch recht kurzfristig verabschiedet worden. Es treffe kleine Geschäfte und stehe durchaus im Widerspruch zur Liberalisierung der Öffnungszeiten.

Auch Angelika Gottschling-Lammel, Inhaberin von "Blumen Angelika", hat am Ostersonntag von Schlüter und Philipp Besuch bekommen. Für ihr Handeln zeigte Gottschling-Lammel Verständnis. Nicht jedoch für das neue Ladenöffnungsgesetz: "Mir fehlen die Worte zu dieser hirnlosen gesetzlichen Regelung", sagte sie. Also öffnete auch sie am Ostersonntag: "Ich habe dieses Gesetz ganz einfach ignoriert".

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung