Schriesheim im Bild 2023

11.07.2007

Wie brutal und rücksichtslos ist die Jugend?

Von Stefan Kern

Lange diskutierten die Jusos kürzlich auf dem Push-Gelände mit ihren Gästen über die Fragen "Verroht, brutal, rücksichtslos? Wie ist die Jugend wirklich?". In verschiedene Aspekte der Jugendkriminalität und der Werteproblematik vertieften sich der Sprecher der Jusos Schriesheim-Dossenheim, Jens Ginal, Karl-Heinz Bartmann von der Polizeidirektion Heidelberg, der Lehrer Fred Herrmann und Neulußheims Bürgermeister Gerhard Greiner.

Mit dem Film "Wut" wählten die Initiatoren einen ziemlich bedrückenden Einstieg in das Thema. In einem Raum von Unverständnis, zunehmender Ablehnung und ohne Kommunikation verdeutlichte der Film ein Zerstörungs- und Gewaltpotenzial, das jeder Gemeinschaft zum Verhängnis wird. Solche Eskalationen seien die Ausnahme und würden als Diskussionsgrundlage keinesfalls ausreichen, hieß es anschließend im Gespräch der Diskussionsteilnehmer. Zwar würden die Zahlen aktenkundiger Straftaten von Jugendlichen und Heranwachsenden zunehmen, so Bartmann. Trotzdem seien Alarmrufe fehl am Platze, so die Überzeugung des Kriminalhauptkommissars.

Greiner erläuterte die Problematik aus politischer Sicht und präsentierte die Ergebnisse nach der Aufarbeitung der schlimmen Ereignisse im Oktober 2003: Jugendliche hatten in Greiners Ort einen Obdachlosen zu Tode geprügelt. Für den Bürgermeister sind solche Fälle immer auch ein Beleg für gesellschaftliches Versagen: "Wo Gemeinschaft zerbricht und sinnloser Individualismus übrig bleibt, gehen auch immer Normen und Ordnungen zugrunde, was gerade bei jungen Menschen zu katastrophalen Folgen führen kann". Mangelnde Zuwendung und Perspektivlosigkeit könnten zudem einen gefährlichen Einfluss auf das Selbstwertgefühl haben. Einig war sich Greiner mit dem in Weinheim tätigen Fred Herrmann, dass sowohl Geld als auch Zeit investiert werden müssten, um gegen solche bedrohlichen Entwicklungen effektiv vorgehen zu können. Einen Werteverfall gebe es jedoch nicht, waren sich die Gesprächsteilnehmer sicher.

Schon Plato habe sich vor rund 2400 Jahren über den Werteverfall der Jugend ereifert und das Ende der Kultur prophezeit. Es scheint etwas zutiefst menschliches zu sein, im Alter einen gewissen Werteverfall in der Gesellschaft auszumachen.

Einig waren sich die Beteiligten darin, dass, wie es Jugendsozialarbeiterin Jana Burwitz formulierte, die Auseinandersetzung mit Jugendlichen enorm differenziert von statten gehen sollte. Stereotypen und mediale Verzerrungen über gewalttätige Jugendliche ohne Werte würden den Blick verstellen auf die wahren Probleme der Jugendlichen in der Gesellschaft und würden eine angemessene Reaktion auf Jugendprobleme eher unwahrscheinlich machen.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung