Schriesheim im Bild 2023

06.09.2007

Die Lese begann „schön und reibungslos"

Von Carsten Blaue

Gerhard Wolf war der erste Winzer, der gestern mit seinen Müller-Thurgau-Trauben vor dem Kelterhaus der Schriesheimer Winzergenossenschaft stand. Um 10 Uhr lieferte er 650 Kilo ab – mit einem Mostgewicht von 77 Grad Öchsle. Später fuhr er nochmal vor und hatte gut 480 Kilo im Bottich. Die hatten drei Grad Öchsle mehr. Wie kommt’s? Auf dem Nachbargrundstück würden Kirschbäume stehen, deren Schatten morgens auf zwei, drei Reihen seiner Weinstöcke fallen würden, so Wolf. Schon macht es sich bemerkbar. Der Hobbywinzer war trotzdem richtig froh mit seinen 1100 Kilogramm Trauben aus neun Ar Weinberg: "Punktlandung".

Geschäftsführer Harald Weiss war gestern Nachmittag angetan vom ersten Lesetag. Reibungslos sei alles gelaufen: "Gesundheit und Reife sind besser als letztes Jahr". Es duftete richtig im Kelterhaus. Morgens hatte Weiss gesagt, was er vom Müller-Thurgau dieses Jahrgangs erwartet: "Einen schönen, fruchtigen Wein. Hier wollen wir 77 bis 79 Grad Öchsle." Schon am späten Vormittag blätterte er einige Lieferscheine kopfnickend durch: "76, 78, 80 Grad Öchsle." Nachmittags hatte er sogar 85 und 86 Grad Öchsle gesehen. Sowas nennt man dann übertroffene Erwartungen: "Ich bin froh über den Tag, ganz eindeutig". Zumal dieser schon optimal angefangen hatte.

Die Nacht war kalt, der Morgen frisch. Ideal also für eine produktschonende Lese, denn Wärme fördert die Gärung, und die wilden Hefen arbeiten in der Traube weiter. Um sie zu hemmen, werde die Maische leicht geschwefelt, erläuterte Weiss, der noch am Tag zuvor ein mulmiges Gefühl im Magen hatte. Die Sonne hatte sich rar gemacht, und auch die Niederschläge der letzten Zeit waren nicht gerade das, was sich der Geschäftsführer vorstellt. Weiss erlebt in Schriesheim seinen zwölften Herbst, der auch im Kelterhaus akribisch vorbereitet wurde.

Im August wurde alles zusammengebaut und überprüft, natürlich auch die Pressen. Am Straßenfestmontag gab es sozusagen die Generalprobe für die gesamte Anlage – mit einem Bottich voll Wasser. Auch auf die bewährte Mannschaft im Kelterhaus kann sich Weiss verlassen.

Sie hat dieses Jahr junge Verstärkung bekommen: Simon Kaul aus Dossenheim und Hermann Morast sind zum ersten Mal dabei. Gestern Mittag waren zudem Tobias Heberle sowie Tobias und Thomas Rell im Kelterhaus. Letzterer sagte, er erwarte Thomas Hüber aus Breisach mit seinem LKW gegen 21 Uhr. Hüber sei im Kelterhaus ein alter Bekannter: "Der kommt immer", grinste Rell, "und heute Abend wird er wohl rund 22 000 Liter Traubenmost für den Müller-Thurgau mitnehmen".

Weiss unterstrich zum Abschluss des Gesprächs mit der RNZ, wie wichtig die Vorlese und die gestaffelte Lese sei, um wirklich nur die besten Qualitäten ins Kelterhaus zu bekommen: "Gerade bei den Burgunder-Sorten wollen wir herauskitzeln, was möglich ist."

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung