Schriesheim im Bild 2023

07.09.2007

Ein bisschen launisch, aber leicht zu trinken

(kaz) St. Laurent: Das ist eine dunkle Rebsorte aus der Burgunderfamilie, die Mitte des 19. Jahrhunderts von Frankreich nach Deutschland eingeführt wurde.

Seit einigen Jahren und nachdem sie schon fast wieder aus den Weinbergen verschwunden war, bauen vier Betriebe der Winzergenossenschaft Schriesheim die Sorte auf einer Fläche von rund anderthalb Hektar an. "Ein echtes Nischenprokukt", sagt Geschäftsführer Harald Weiss bei der Lese im Wingert von Karlheinz Morast.

In der Fachliteratur werden die Beeren als "hocharomatisch" beschrieben. Um beurteilen zu können, ob das stimmt, müssen wir einfach davon naschen. So schmeckt also der Sommer... An dem trüben Septembertag sollen die zehn Ar "St. Laurent" vollständig abgeerntet werden. Unter den Helfern: die Künstlerin Heide Leciejewski.

Zum dritten Mal wird ein von ihr entworfenes Etikett die Flaschen des "St. Laurent Nr. 1" schmücken. Dieser Wein ist ähnlich wie der "Beaujolais Primeur" einer, mit dem man spätestens zum ersten Advent anstoßen kann. Die Trauben, die dafür bestimmt sind, gehen schon aus Zeitgründen nicht in die Maische-Gärung, sondern werden zwecks Entsaftung erhitzt. "Gerbstoffarm, fruchtbetont, einfach zu trinken..." lauten die Prädikate, die Weiss dem St. Laurent Nr. 1 verleiht.

Gern erzählt er auch nochmals die Geschichte von seiner ungewöhnlichen Entstehung. Schließlich gab es erst das Etikett und dann den Wein. Als die Winzergenossenschaft anlässlich ihres 75-jährigen Bestehens 2005 zum Etiketten-Wettbewerb aufrief, landete der Entwurf von Heide Leciejewski auf dem zweiten Platz. Mit einer Stimme Mehrheit hatte sich die Jury entschieden, zum Jubiläumsjahr mit einem abstrakten Emblem zu werben. Doch insbesondere Weiss war von dem skizzenhaft wirkenden Glas mit Rotwein der Zweitplazierten fasziniert.

So ein leichter Wein im Glas – das wär’s doch, dachte er sich. Das war die Geburtsstunde des St. Laurent Nr 1. Bis dato kannte man in Schriesheim nur die Barrique-Version. Sie habe den Entwurf tatsächlich innerhalb weniger Minuten aufs Papier gekritzelt, erinnert sich Leciejewski. Nun steht sie mit der Rebschere im Weinberg und hat richtig Spaß an der Lese. Quetscht man die roten Trauben aus, kommt nur weißer Saft raus. Die Farbe der Beerenhaut löst sich erst durch Gären oder Erhitzen. Als Weiss das erklärt, hört die Künstlerin aufmerksam zu.

Später schaut sie auf ihre Finger, die sich bei der Lese doch ein bisschen verfärbt haben und fasst den Entschluss, den Saft der Trauben in eines ihrer nächsten Gemälde zu integrieren. "Ich arbeite ja auch viel mit Erde", sagt sie. Sie, die selbst lieber Abstraktes malt, fühlt sich von den Traubenhenkeln inspiriert. Die meisten sind übrigens während der Reifezeit am Weinstock gehälftet worden. "Wenn die Henkel zu dicht bewachsen sind, droht Fäulnis" erklärt Weiss. Überhaupt beschreibt er die Rebsorte als "ein bisschen launisch". Sie will also gut behandelt werden, damit sie gedeiht. "Bei der Lese 2006 mussten wir die Hälfte auf den Boden schneiden", erinnert er sich.

Auch 2007 sollen unreife oder Beeren "mit Sonnenbrand" entfernt werden, um höchste Qualität zu erreichen. Außer bei Morast wächst beziehungsweise wuchs der St. Laurent bei Winfried Krämer, bei Peter Haas und bei Lore Jost in Leutershausen. Er ist übrigens nach dem Laurentiustag am 10. August benannt und beginnt etwa ab diesem Datum mit dem eigentlichen Reifeprozess.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung