Schriesheim im Bild 2023

21.09.2007

Die Zaunamme steht unter „Brutverdacht"

(bjh) Die Zaunamme hat es schwer in hiesigen Gefilden. Eigentlich am sonnigen Mittelmeer beheimatet, findet sie nur an wenigen Stellen der Bergstraße einen für sie geeigneten Lebensraum. Deshalb ist sie hier eine Seltenheit und wurde viele Jahre nicht gesichtet. Erst vor kurzem wurde ihr Gesang zwischen Schriesheim und Dossenheim wieder vernommen – seitdem besteht "Brutverdacht".

Um die Zaunamme und andere Arten wirksam zu schützen, brachte die Europäische Union im Jahr 1992 die "FFH-Richtlinie" auf den Weg. Mit ihr sollen Flora, Fauna und deren Habitate (Lebensräume) vor Zerstörung bewahrt werden. Eines der Gebiete, die demnach besonders schützenwert sind, ist der "Odenwald bei Schriesheim", zwischen Dossenheim und Schriesheim gibt es außerdem ein Vogelschutzgebiet.

Das Regierungspräsidium Karlsruhe beauftragte deshalb Experten mit einer Erhebung des Arten- und Lebensraumbestands an der Bergstraße. Vegetationskundler und Zoologen schwärmten aus. Sie erfassten Pflanzenarten und suchten Brutstätten, forschten nach aufgewühlten Baumstubben und hängten Klangattrappen auf. Die Ergebnisse stellten sie nun in einer Informationsveranstaltung im Schriesheimer Rathaus vor. In insgesamt elf Teilflächen konnten zahlreiche schützenswerte Lebensraumtypen und Arten gefunden werden, darunter etwa die Gelbbauchunke oder besondere Buchenwälder. All dies ist im "Pflege- und Entwicklungsplan" zusammengefasst, der nun vorliegt. Mit der Darstellung des Bestands legten die Experten zudem Erhaltungs- und Entwicklungsziele vor, aus denen in einem nächsten Schritt konkrete Maßnahmen bestimmt werden.

Generell gilt hier ein "Verschlechterungsverbot". Wer etwa mit Bauprojekten in geschützte Lebensräume eingreifen will, könnte dies untersagt bekommen. "Es gilt jedoch ein Bestandsschutz für rechtmäßig bestehende Nutzungen und Vorhaben", erläuterte Jens Nagel, Verfahrensbeauftragter des RP Karlsruhe.

Auf Empfehlung der Experten sollen zahlreiche Flüsse vor Begradigungen und Uferbebauungen geschützt werden. Düngung und Pferdebeweidung im Uferbereich müssten an manchen Stellen reduziert werden. Und auch die Nutzung der Steinbrüche, Lebensraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten, soll überdacht werden. Für den Steinbruch Dossenheim wurde empfohlen, auf die Ausübung von Klettersport zu verzichten.

Und auch in Schriesheim sollte über das Nutzungskonzept nochmal nachgedacht werden, um die Belastung durch Fußtritte zu reduzieren. Die Nutzung durch Kletterer scheint hier jedoch nicht in Gefahr zu sein. All diese Vorschläge sind noch kein geltendes Recht. Sie werden in einen Beirat eingebracht, der ab November tagen wird und in dem auch die Betroffenen beteiligt sind. Nach der Beiratsphase wird die Öffentlichkeit erneut über das Projekt informiert.

Bürgermeister Hansjörg Höfer sah, im Unterschied zu manch anderem Diskussionsteilnehmer, keinen "Sprengstoff" für bisherige Vereinbarungen, etwa zur Nutzung des Schriesheimer Steinbruchs. Er zeigte sich zuversichtlich, dass in der Diskussion vor allem im Beirat Lösungen gefunden werden, die für alle Beteiligten tragbar sind.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung