Schriesheim im Bild 2023

12.12.2007

„Wir müssen das Beste daraus machen"

Von Carsten Blaue

Am 27. Mai 1968 begann die Historie des "Schwarzen Adlers" an der Landstraße. An diesem Tag erhielt Matthias Grüber die Steuernummer für das Hotel-Restaurant. Am kommenden Freitag, 14. Dezember, endet die Geschichte des Traditionshauses. Zum letzten Mal werden Matthias und Ellinor Grüber den "Schwarzen Adler" für ihre Gäste öffnen, und das ab 15.30 Uhr. Danach ist zu. Ein Verlust für Schriesheim.

Die Grübers haben sich damit abgefunden. "Es ist, wie es ist. Und wir müssen das Beste daraus machen", sagen sie gestern im Gespräch mit der RNZ. Die Entwicklung der letzten Monate sei nicht ganz spurlos an ihnen vorbeigegangen.

Im Juni befasste sich der Bauausschuss mit einer Bauvoranfrage, die den Abriss des "Adlers" sowie einen dreigeschossigen Neubau mit Büros, einer Praxis, einem Supermarkt sowie Wohnungen vorsah. Der Bauausschuss reagierte seinerzeit zögerlich und wollte das Einzelhandelsgutachten abwarten. Eine neue Ein- und Ausfahrt an der B3 lehnten die Ausschussmitglieder ab. Ihnen war die Planung auch zu wuchtig.

Seit September läuft ein Bebauungsplanverfahren für den Bereich, der im Osten von der B3, im Süden von der Ladenburger Straße, im Norden vom Kanzelbach und im Westen vom Anwesen Jäck begrenzt wird. Die Verwaltung will rechtlich einwandfrei klären, was in diesem Gebiet gebaut werden darf und was nicht. Bis der Bebauungsplan steht, ist das Areal mit einer Veränderungssperre belegt. Solange wird hier baulich also nichts passieren.

Auch die Grübers und die potenziellen Interessenten für ihre Immobilie müssen warten, bis der Bebauungsplan fertig ist und eine neue Nutzung genehmigt wird. Bis dahin werde der "Adler" leerstehen, sagen die Grübers. Die Stammgäste ihres Hotels hätten sie bereits an die Kollegen empfohlen. Auch die Vereine, die im "Adler" gerne zu Gast waren, müssen sich jetzt neu orientieren. Vor seinem Umzug in den "Kunstpavillon" war das Hotel-Restaurant für den MGV Lyra für viele Jahre das Vereinslokal. CDU, SPD und der Partnerschaftsverein hatten hier regelmäßig Veranstaltungen. Der Partnerschaftsverein sei sogar im "Adler" gegründet worden, unterstreicht Grüber. Gleiches gelte für den Push-Verein.

Viel ist geschehen in dem Lokal, das zum Hotel wurde, nachdem die Grübers aus den Nähsälen der ehemaligen Krawattenfabrik Feller im ersten Stock Fremdenzimmer gemacht hatten. Die Wirtsleute vertiefen die Gedanken daran und an den nahenden letzten Öffnungstag im Moment nicht. Vielmehr denken sie an all’ das, "was wir in den vergangenen 40 Jahren nicht machen konnten", sagt Ellinor Grüber. Oft mussten sie zum Beispiel Einladungen von Freunden und zu Familienfesten absagen, weil es der Betrieb nicht anders zuließ. Das soll sich jetzt ändern.

Auch zum 40-jährigen Examenstreffen will Grüber im kommenden Jahr reisen. Er studierte damals in der Nähe von Salzburg an der "Höheren Lehranstalt für Fremdenverkehrsberufe Schloss Klessheim" und wurde dort Hotel- und Reisekaufmann. Ellinor Grüber lernte zunächst Schneiderin, bevor sie in die Gastronomie einstieg: "Meinem ersten Beruf möchte ich mich jetzt auch wieder stärker widmen." Was das Inventar des "Adlers"angeht, machen sich die Grübers keine Gedanken. Einen Teil davon wollen sie zum Beispiel dem Talhof geben.

Und das große Weinfass im Nebenraum, das 1964 zur 1200-Jahr-Feier der Stadt gestiftet wurde und bei Vereinsveranstaltungen so oft die schmucke Kulisse für Pressefotos war, wird nach Mecklenburg-Vorpommern transportiert. "Ein Schriesheimer", so Matthias Grüber ohne einen Namen zu nennen, habe hier einen Reiterhof, in dessen Räumlichkeiten das Fass aufgestellt werden soll. Im Januar wird es im "Adler" abgebaut.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung