Schriesheim im Bild 2023

22.06.2003

Und dann geht es zwanzig Meter in die Tiefe

Die Grube Anna-Elisabeth hat einen neu ausgehobenen Stollen, der nun auch für Besucher geöffnet ist - Erste Besucher seit 200 Jahren.

Schriesheim. (anzi) Curt Full, einer der ältesten Grubenführer des Schriesheimer Bergwerksvereins, klappt die Abdeckung nach oben - und unversehens geht der Blick in einen 20 Meter tiefen Schacht. Da geht es nach unten zum neu begehbaren Stollen im Besucherbergwerk "Grube Anna-Elisabeth". Im März hat das Landesbergamt seine Zustimmung gegeben, den frisch ausgehobenen Stollen für Besucher zu öffnen. Vorgestern durfte die Presse sich dort unten einmal umsehen, und auch Besuchergruppen können sich anmelden, um durch die Tiefen des Bergwerkes geführt zu werden.

"Der ‚Blindschacht zwei' dient als Erweiterung für den Besucherbetrieb, allerdings nur für Sonderführungen. Da ist er sozusagen der ‚Zuckerguss'", hebt Wilhelm Gassert, erster Vorsitzender des Bergwerkvereins hervor. Um zum Stollen zu gelangen, muss man mehrere Leitern durch den teilweise recht engen 20 Meter tiefen Schacht hinunterklettern. Dort ist es kühl und feucht. Nur zur Vorsicht: Es empfiehlt sich spezielle Kleidung - zumindest solche, die ruhig schmutzig werden darf.

Seit 1985 wird das 1473 erstmals urkundlich erwähnte Silber- und Vitriolbergwerk zu einem Besucherbergwerk ausgebaut. Seit rund sechs Jahren heben die Mitglieder des Bergwerksvereins den neuen Schacht und den dazugehörigen Stollen aus. Etwa 130 Kubikmeter Abraum wurden mühsam mit 50 Liter-Eimern nach oben gezogen.

Den Schacht und den Stollen haben die Vereinsmitglieder nur durch Zufall entdeckt, sie wollten den Silberstollen aus dem Mittelalter weiter ausbauen. Die Ecke, an der sie angefangen hatten zu graben, war schon immer da. Sie dachten, es wäre eine "Butterecke", eine Stelle, wo die Bergleute früher gegessen haben. Beim Bohren stellte man fest, dass an der Stelle kein Fels, sondern nur Ablagerungen waren. Man grub weiter und stieß auf den Schacht. "Auf den Bergwerks-plänen von 1805, den ältesten Plänen, die wir von dieser Grube haben, ist der Schacht nur als ein zwei Meter tiefer Stummel eingezeichnet", so der Grubenführer. Das heißt: Seit 200 Jahren war keiner mehr in diesem Stollen.

Wenn man über die klitschigen Leitersprossen und kleinen Zwischenflächen unten angelangt ist, steht man im Stollen, der sich nach Norden erstreckt und von dem 15 Meter freigelegt sind. In die andere Richtung schließt sich ein weiterer Stollen an, der unter Wasser steht. Das Bergwasser läuft in ein Becken, das regelmäßig ausgepumpt wird. Die Vereinsleute suchen jetzt einen Entwässerungsstollen, der in einen Bach oder Ähnliches mündet. Gegenüber dem Schacht hat man einen weiteren Schachtansatz entdeckt. "Er muss nicht tief sein, kann aber ebenfalls 20 Meter hinuntergehen", so Full. Tiefer geht er allerdings nicht, da man im Mittelalter nur so weit graben konnte. Ein Stück weiter den Stollen entlang, kommt auf der linken Seite eine kleine Aushöhlung. Dort ist ein Verzug aus dünnen Holzbalken gelegt. "Die Stützbalken sind alle noch original", betont Full. "Den Abraum hier wegzutragen, wäre gefährlich. Die Balken könnten brechen und 20 Meter hoher Abraum könnte über uns zusammenbrechen". Nach 15 Metern im Stollen sind Teile der Wand eingebrochen, aber gesichert. "Es wäre interessant dort noch weiter durchzukommen", so der Grubenführer. "Das Bergwerk ist ursprünglich 600 Meter lang, vielleicht zieht sich dieser Stollen durch das ganze Bergwerk."

Die Feuerwehr Ladenburg hat im Mai zudem die Sauerstoffverhältnisse in diesem Stollen gemessen. 21 Prozent ist die Messung des Sauerstoffs, der uns täglich umgibt. Am Ende des Schachts wurden 20,6 Prozent gemessen. "Das ist ein Idealwert für Führungen", versichert auch das Landesbergamt. Bei aller Freude: Der Verein könnte allerdings ein paar weitere Mitglieder und freiwillige Helfer gut gebrauchen, so Gassert.

INFO: Wer sich für eine Sonderführung in der Grube anmelden möchte: Telefon: 06203/68167 oder E-Mail: fuehrungen@bergwerk-schriesheim.de

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung