Schriesheim im Bild 2023

26.01.2008

„Menschenwürdige Pflege gibt es nicht zum Nulltarif"

Von Stephanie Kuntermann

"Es ist wichtig, vor Ort herauszufinden, wie gearbeitet und gedacht wird und welche Probleme es gibt" – das war der Grund, warum Baden-Württembergs Sozialministerin Monika Stolz auf ihrer Runde durch den Wahlkreis des Landtagsabgeordneten und Staatssekretärs Georg Wacker auch einen Abstecher in eines der drei Schriesheimer Altenheime, das "Stammberg", unternahm.

Ein großes Problem, mit dem nicht nur dessen Leiter Peter Prott, sondern auch seine Kollegen Myrta Constabel und Franz Bonda zu kämpfen haben, ist der schlechte Ruf der Altenpflege. "In der Mehrzahl wird eine engagierte, aufopferungsvolle Arbeit geleistet, die den Menschen einen würdevollen Abschied vom Leben ermöglicht", bekräftigte Stolz. Eine Lanze für die Einrichtungen brach auch Heimbeiratsvorsitzende Ruth Beck, die nach der Pflege und dem Tod ihres Mannes in ein tiefes Loch gefallen war: "Die Pfleger haben mir geholfen. Ich lebe jetzt wieder daheim."

Eng mit dem Ruf der Heime verknüpft ist das Ansehen des Altenpflege- berufs in der Gesellschaft. "Wir werden in Zukunft einen zunehmenden Bedarf in der Altenpflege haben", verwies Stolz auf die demographische Entwicklung.

Ein Problem der ambulanten Altenpflege ist die Überschwemmung des Markts mit ausländischen Pflegekräften. "So kann nicht mehr adäquat auf die Bedürfnisse des Pflegebedürftigen eingegangen werden", bedauerte Christian Dietrich von der evangelischen Stadtmission Heidelberg. Pfarrerin Birgit Wasserbech mahnte zudem an, sich um den Verbleib dieser Pflegekräfte zu kümmern, wenn ihre Verträge beendet seien.

Wegen dieser ambulanten, teilweise illegalen Pflegeangebote und der großen Zahl privater, nicht zertifizierter Heime sei die finanzielle Situation der übrigen Heime "so unsicher wie noch nie", gab Prott zu bedenken.

"Das politische Ziel in der Altenpflege heißt grundsätzlich: ambulante Pflege vor stationärer", so Stolz. Nach dem Wunsch des Gesetzgebers soll deshalb bis 2010 die Pflegeheimförderung auslaufen: "Denn dann gibt es eine ausreichende Zahl von Basisangeboten für die Pflege, abgesehen von den zahlreichen privat geführten Heimen, die keine Zuschüsse bekommen", so Stolz. Was unter "Basisangeboten" zu verstehen war, erklärte die Ministerin ebenfalls: "Die Pflegeversicherung ist eine Teilkaskoversicherung. Die Menschen müssen an eine Eigenvorsorge denken, denn menschenwürdige Pflege im Heim gibt es nicht zum Nulltarif."

Ein weiteres "heißes" Thema war die Einführung von Pflegestützpunkten. Nach dem Willen von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt sollen bundesweit etwa 4000 dieser Einrichtungen geschaffen werden, um Angehörige zum Thema Pflege zu beraten. Was von der Regierung als wichtig einschätzt, wurde von den Vertretern der Pflegeheime kritisch gesehen. So bemerkte Prott, dass die Aufstockung der Pflegeversicherung lieber für die Förderung der Demenz- Hilfe ausgegeben werden sollte.

Copyright (c) rnz-online

Autor: Rhein-Neckar-Zeitung