Schriesheim im Bild 2023

02.02.2008

Die Stadt kommt an Götz nicht vorbei

Von Alexandra Wind

Der Fall, mit dem die siebte Zivilkammer des Landgerichts gestern im Eilverfahren befasst war, ist spannend: Auf der einen Seite steht die Stadt Schriesheim, auf der anderen Seite als Kläger der Architekt des Schulzentrums, Professor Lothar Götz aus Heidelberg, der eine einstweilige Unterlassung des Baubeginns der Mensa am Kurpfalz-Schulzentrum begehrt. Er sieht sein Urheberrecht verletzt, da die Stadt an "seinem Gebäude" nun durch den Schriesheimer Architekten Norbert Morast bauen lassen will. Die Kammer erwirkte einen Vergleich auf Widerruf. Ein Rückschlag für die Stadt. Ihre Rechtsauffassung teilte das Gericht nicht.

Mit Götz hatte die Stadt im Jahr 1971 einen Vertrag geschlossen, der in Paragraf neun unter anderem eine "Urheberrechtsregelung" vorsah, nach der Maßnahmen am Bauwerk nicht ohne Götz’ Mitwirkung erfolgen dürfen. Die Mehrheit des Gemeinderats entschied sich am 7. November 2007 jedoch dafür, beim Bau der Mensa mit Morast zusammenzuarbeiten. Das Mitwirkungsrecht sei, so der Anwalt der Stadt, Dr. Jörg Klingmann, im Prozess, nur auf die Zeitspanne für den Bau der Schule in den 1970er Jahren beschränkt gewesen. Davon ist im Vertrag aber nicht die Rede.

Götz hatte deshalb in der Vergangenheit mehrfach versucht, bei der Stadt auf seine Mitwirkung zu pochen. Vergeblich. "Nicht zuletzt aus Kostengründen", so Bürgermeister Hansjörg Höfer gegenüber der RNZ, habe man sich "für Morast entschieden". Demgegenüber steht aber die vertragliche Vereinbarung von 1971.

Einer Mitwirkung des Architekten, so der Rechtsanwalt von Götz, Dr. Ralf Gréus, im Prozess, habe die Stadt kontinuierlich entgegengewirkt. Stattdessen habe sie vollendete Tatsachen geschaffen, die Götz’ Mitwirkung nicht mehr ohne finanzielle Verluste möglich mache. Der Zuschuss des Landes in Höhe von rund 300000 Euro ist an eine Frist gebunden, die überschritten würde, wenn man Götz jetzt in die Planung einbinden würde. Auch ist die Stadt mittlerweile an Morast vertraglich gebunden, eine Abschlagszahlung wurde laut Stadtbaumeister Volker Rehberger schon geleistet. Hinzu kommt, dass die Kammer nur eine vorläufige Entscheidung erwirken konnte, die in einem langwierigeren Prozess unter Umständen wieder gekippt wird: Hätte die Zivilkammer den Baubeginn gestern gestoppt und Götz Recht gegeben, wäre der Landeszuschuss weg und der Bau der Mensa in Gefahr. Sollte das Gericht in einem Hauptprozess in dieser Sache dann anders entscheiden, kämen auf Götz Schadenersatzforderungen zu. Hätte die Kammer umgekehrt den Bau gestern zugelassen und würde dies im Hauptverfahren revidiert, müsste die Mensa wieder abgerissen werden. Risiken also für beide Seiten.

Gestern waren die Fronten verhärtet. Richter Andreas Voß, der auf einen Vergleich hinwirkte, musste zwei Beratungspausen einlegen, weil man sich zunächst nicht einigte. Die Rechtsmeinung der Anwälte der Stadt, der Anspruch von Götz sei verjährt, teilte die Kammer nicht. Außerdem bestritten die Stadt-Anwälte, dass ein Urheberrecht von Götz besteht. Auch das bewertete die Kammer anders, sah in der Mensa sehr wohl eine "geistig-schöpferische Leistung von Götz" als Voraussetzug für eine Urheberschaft, verwies die Frage aber auf ein Haupt-Verfahren in diesem Streitfall vor Gericht. "Darf die Stadt als Eigentümerin die Schule denn ganz abreißen, wenn sie sie schon nicht verändern darf?", warf Höfer in die Runde. Das bestätigte Voß. Jüngst habe der ADAC München vor einem ähnlichen Problem gestanden: Als man die Fassade des Gebäudes wegen des Urheberrechts des Architekten nicht habe verändern dürfen, habe man das Gebäude abreißen lassen.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung