Schriesheim im Bild 2023

26.06.2003

In Schriese genauso draußen zechen wie in Hause

Gemeinderat: Nach Hirschberger Vorbild geht der Wochenend-Hock im Freien bis 23 Uhr - Neueinteilung der Schulbezirke vertagt - Zoff um "Nord"
Schriesheim. (hö) Das große Thema fiel erst einmal flach: Gestern Abend wurde die Neueinteilung der Schulbezirke von der Tagesordnung des Gemeinderats abgesetzt. Diesem Beschluss war am Abend zuvor ein Gespräch der Fraktionsvorsitzenden mit dem Vorsitzenden des Elternbeirats der Strahlenberger Grundschule, Sascha Wenger, vorausgegangen. Die Eltern baten um etwas mehr Zeit, um die Pläne beraten zu können und vielleicht mit neuen Vorschlägen aufzuwarten. Damit sich die Betroffenen von der Neueinteilung - "Südkinder" sollen in die Kurpfalz-Grundschule gehen - nicht überfahren fühlen, sagten die Fraktionen eine Vertagung zu.

Genauso einstimmig rang sich bei allen Bedenken der Gemeinderat dazu durch, ein Herz für Freiluft-Zecher zu haben: Schon ab nächstem Dienstag, 2. Juli, darf man eine Stunde länger draußen sitzen - zumindest am Freitag- und Samstagabend, denn da wird erst um 23 Uhr dicht gemacht. Als Vorbild diente den Schriesheimern die Hirschberger und Ladenburger Regelung, worauf auch Barbara Schenk-Zitsch (Grüne) verwies. In der Tat: Die Leutershausener dürfen schon ein Jahr länger draußen sitzen, bisher gab es keinerlei Probleme. SPD-Rat Schulz hatte wie stets den Schriese-Tourismus im Sinn, als er meinte: "Sonst bleiben uns die Gäste weg, wenn sie nicht länger bleiben dürfen."

CDU-Fraktionschef Siegfried Schlüter sah sehr wohl die Bedenken der Nachbarn, die ihren Unmut mit einem Brief an die Räte schon ventiliert haben. Deswegen dachten alle an die Lärmgeplagten: Es liege in den Händen der Wirte und der Gäste, dass die Sperrzeitverkürzung auch Bestand hat. Denn noch gilt sie nur "auf Probe", sie ist bis zum 30. September befristet. Wenn gegen die Regelung massiv verstoßen wird, soll sie wieder kassiert werden, so Riehl. Deswegen soll nun ein klarer Brief an die Wirte - in erster Linie das "Kaffeehaus" und der "Kaiser" - aufgesetzt werden, mit dem Inhalt: "Es liegt an Ihnen, ob die Sperrzeitverkürzung beibehalten wird."

Für die übliche Aufregung sorgte abermals das Neubaugebiet "Nord". Aufhänger dieses Mal waren die Ausgleichsflächen, denn für jedes neu bebaute Areal muss eine Art Öko-Ersatz her. Nur die Umwandlung des knöterichverseuchten Kanzelbachufers in ein Nasswiesengebiet war dem Kreis-Umweltschutzamt nicht genug. Jetzt war die Wehklage groß: Die meisten Fraktionen meinten, wie auch das Planungsbüro Plessing, dass Schriesheim nicht mehr Ausgleichsflächen stellen könne, insgesamt machen sie jetzt nur noch 54 Prozent der Größe von "Nord" aus: "Die Meinung des Amtes ist nur schwer nachzuvollziehen, wir bleiben bei unserer Meinung", meinte Heinz Kimmel (Freie Wähler) resolut.

Nur Birgit Arnold (FDP) hielt dagegen: "Diese 54 Prozent sind zu wenig. Es ist eine Sünde, dieses wunderbare Stück Land einem Baugebiet zu opfern." Es kam, wie es kommen musste, zum ritualisierten Schlagabtausch mit Riehl: "Sie müssen endlich akzeptieren, dass der Beschluss zu ,Nord' vor zwei Jahren gefasst wurde. Seit 30 Jahren haben die Bürger das Recht, dass hier Bauland entsteht. In fünf Jahren sind wir froh, dass wir dieses Baugebiet haben", schäumte er.

Für das etwa drei Hektar große Ökogebiet in "Nord" traf der Gemeinderat eine erste Festlegung: Es sollen keine Einfamilien-, sondern Doppel- und Reihenhäuser hin. Das soll ökologisch - viel Wohnfläche, wenig bebaute Fläche - und für Familien erschwinglich sein. Nur forderte der Gemeinderat, er wolle über die genauen Planungen auf dem Laufenden gehalten werden. Arnold unkte, mit diesem Beschluss solle eine weitere Planung vermieden werden, "um das Gebiet für einen Investor freizuhalten". "Unverschämtheit" blaffte Riehl zurück. Das Ende vom Lied: Im August wird der Bebauungsplan offen gelegt, im September entscheidet der Gemeinderat darüber.


Copyright (c) rnz-online

Autor: Rhein-Neckar-Zeitung