Schriesheim im Bild 2023

28.06.2003

Vom Ledereimer zum Hightech-Fuhrpark

Schriesheim. (Si) Wenn die Feuerwehr Schriesheim am Wochenende ihr 125-jähriges Jubiläum feiert, spannt sie im Programm unter anderem einen weiten Bogen von der Gründungszeit bis heute und präsentiert sich als eine hochmoderne Feuerwehr mit der Technik des 21. Jahrhunderts.

"Für die Verantwortlichen der Feuerwehr ist dieses Jubiläum ein berechtigter Anlass, sich mit Stolz der Männer zu erinnern, die vor 125 Jahren an den Gemeinderat den Antrag zur Gründung einer Freiwillige Feuerwehr gestellt haben", so Kommandant Georg Weber und Stellvertreter Oliver Scherer. Auch die RNZ blättert anlässlich des zweiten Teils der Jubelfeiern in der Chronik des Festbuches, das vom Festbuchteam liebevoll zusammengestellt wurde. Es berichtet anschaulich untergliedert von der Historie der Feuerwehr und von ihrer Entwicklung bis heute, von Übung und Ausbildung, von Einsätzen und den Menschen, die der Feuerwehr ein Gesicht geben.

"Solch' tüchtige Kerle"
Bis zur Gründung einer Freiwilligen Feuerwehr im Jahre 1878 hatten verantwortliche Männer und Gremien damals einige Schwierigkeiten zu überwinden. Vielleicht lag es daran, dass 1873 die Anregung, ein "Pompier- Corps" zu bilden, aus dem benachbarten Mannheim kam. Jedenfalls wurde der erste Vorstoß vom Bürgerausschuss Schriesheim erst einmal "abgeschmettert". Doch nur fünf Jahre später wurde unter Bürgermeister Wilhelm Gaber die Sache wieder aufgerollt.

Im Gemeinderat wurde erst einmal heftig debattiert und dann schließlich beschlossen, ein so genanntes "Pompier-Corps" zusammenzustellen. Keiner sollte nachher sagen, man hätte es sich leicht damit gemacht. Aus heutiger Sicht, so die Chronisten, sind diese Debatten nicht mehr zu verstehen. Doch maßgebende Leute wägten damals die Vorteile ab, "solch' tüchtige Kerle" (genommen wurden nur solche mit abgeschlossenem Wehrdienst) in den eigenen Reihen zu haben. Schriesheim sollte aus zwei Lösch- und einem Steigertrupp bestehen, das waren damals ein Kommandant, vier Obleute, ein Vize- Kommandant, 40 Aktive, ein Adjutant und Schriftführer, ein Spritzenmeister und zwei Hornisten. Diese Stärke bliebt konstant, und mit der Neubeschaffung von weiteren Planstellen war man eher knauserig. Vergnüglich auch nachzulesen, dass später die Feuerwehr noch weitere Hornisten und Trommler zugebilligt bekam, die den Grundstock für den 1923 gegründeten Spielmannszug bildeten. Nur bei der Brandbekämpfung war alles bei Alten geblieben.

Die Uniformen stellte die Gemeinde, und an Brandeinsatzgeräten gab es bestenfalls acht Beile der Steigermannschaft und im Jahr 1883 einen Wagen für die Leitern. Die Historie der Brandschützer ist zwar in erster Linie eine Chronik der Technik. Doch ohne das "Lösch-Material" Wasser läuft gar nichts - sieht man von der heutigen Chemie einmal ab. Und da die Schriesheimer nun mal nahe am Wasser gebaut haben (Kanzelbach), waren sie damals schon gut versorgt.

Mit Ledereimern schöpften die Einwohner das Wasser aus dem Bach und schafften es in Eimerketten zur Brandstelle, dort wurde es in Pumpenbehälter geschüttet, und eine Pumpenmannschaft musste den Windkessel unter Druck halten, damit ein Wasserstrahl entstand. Für ihre drei Pumpen hatte die Brandschützer gerade mal 23 Meter lederne Schläuche. 1895 fiel dann eine für das Feuerlöschwesen in der Weinstadt bedeutende Entscheidung: die Einrichtung einer zentralen Wasserversorgung. Zwei Hydrantenwagen wurden angeschafft Schlauchleitungen verlegt, und die alten Pumpen kamen nur noch zum Einsatz, wenn es direkt am Bach brannte. Die Feuerwehrmänner betraten Neuland im Umgang mit Strahlrohr, Schlauchanschlüssen und Hydrant. Die Feuerwehr in heutigem Sinne entstand. Zimmermeister Georg Abel sowie Spengler- und Installateurmeister Heinrich Baunach, mit dem Wasserleitungsnetz bestens vertraut, standen für den organisatorischen Aufbau.

Herausragendes Ereignis war die Bannerweihe 1910. Fabrikant Heinrich Kling hatte eine ansehnliche Standarte gestiftet, der ganze Stolz der Feuerwehr, ein weiteres Prunkstück war die mechanische Leiter mit einer Ausladung von 12,5 Metern (noch weit war man entfernt von der späteren DL 30, längst ergänzt durch die neue DLK 23-12).

1928 begann die Motorisierung
Mit der Motorspritze begann 1928 die Motorisierung der Feuerwehr. Die neue Leiter hatte schon eine Länge von 16,6 Metern, wissen die Chronisten. Die beiden Weltkriege veränderten auch die Strukturen, und mit dem "explosionsartigen Wachsen" der Schriesheimer Bevölkerung wuchsen auch die Aufgaben. Zudem brauchte das neue Gerät auch neue Unterbringungsmöglichkeiten.

Bislang waren die Feuerlöschgeräte im alten Kellereihof unter der Schule und in der Zehntscheuer untergebracht. Kommandant Jean Forschner regte eine neue Unterbringung an. Ein Wunsch, den die Gemeinde 1957 mit dem Haus in der Talstraße erfüllte.

In Eigenregie baute Jean Forschner in seiner Autofirma einen ehemaligen Viehtransporter der Marke Opel Blitz zu einem Mannschafts- und Gerätewagen um. Wegen seiner 20 Sitzplätze wurde er scherzhaft "der Omnibus" genannt. Dann ging es Schlag auf Schlag. 1967 unter Kommandant Fritz Brunn kam das Tanklöschfahrzeug TLF 16, 1970 ein Tragkraftspritzenfahrzeug mit neuer Spritze und 1971 ein Löschgruppenfahrzeug. 1972 gab es die ersten Funksprechgeräte, 1973 die Drehleiter DLK 23-12. 1978 wurde der Fahrzeugpark mit einem zweiten TLF 16 ausgestattet, um der Gefahr von Waldbränden in der großen Waldgemarkung zu begegnen. 1979 wurden ein MTW angeschafft, Armaturen und Schläuche ergänzt, Geräte für technische Hilfeleistungen angeschafft. Beim 100-jährigen Jubiläum 1978 konnte man getrost von einer "Feuerwehrflotte" oder auch von der Schlagkraft der Feuerwehr sprechen.

Den sich stetig wandelnden Bedürfnissen musste auch die Unterkunft angepasst werden. 1988 erfolgte der große Umbau des Feuerwehrhauses. Anstoß war damals nicht nur Platzmangel, auch die Unfallverhütungsvorschriften erforderten einen Umbau. In nur zwei Jahren wurde aus dem alten Gerätehaus ein "Haus der Feuerwehr", mit Räumen zur Aus- und Weiterbildung, mit Atemschutzwerkstatt und einem Saal zur Pflege der Geselligkeit, dazu ein Sitzungssaal der auch Vereinen bei Bedarf zur Verfügung gestellt wird. 2002 kam ein Anbau für Gerätschaften dazu. "Florian Schriesheim" war und ist auf dem modernsten Stand hinsichtlich Technik und Ausbildung.

Die Reise aus der Vergangenheit in die Gegenwart, die 125 Jahre Feuerwehrgeschichte umfasst, wäre unvollständig ohne den 1923 gegründeten Spielmannszug. Bei Veranstaltungen der Feuerwehr ist sein Auftritt für die meisten Schriesheimer ein selbstverständliches Bild. Wie lange dies so bleiben wird, hängt nicht zuletzt von der Jugend ab, und die macht sich rar. Erfreulich ist dagegen die Entwicklung bei der Jugendfeuerwehr selbst. Heute verfügt die Feuerwehr über eine "stille Alarmierung", im Jahr 2000 wurde von analoger auf digitale Alarmierung umgestellt, dabei wird dem Feuerwehrkameraden bei Alarm - egal wo er ist - akustisch oder auf dem Display angezeigt, um welche Art von Einsatz es sich handelt. Die technischen Hilfeleistungen haben sich an Zahl ständig erhöht, die klassischen Einsätze bei Bränden haben sich stetig verringert, was auf den vorbeugenden Brandschutz zurückgeführt werden kann. Zu den normalen Übungen kamen Atemschutz, Maschinisten- und Drehleiterübungen hinzu, und seit 2000 gibt es die Gruppe Absturzsicherung. Die jüngste Einheit ist mit Spezialgeräten ausgerüstet für die Rettung und Bergung von verletzten aus Höhen und Tiefen und zur Eigensicherung.

Auch am Jubelwochenende ist die Feuerwehr stets einsatzbereit. Auch das ist beruhigend für die Schriesheimer. Selbst wenn die Feuerwehr feiert, hat sie die Sicherheit der Bürger immer im Blick - seit 125 Jahren.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung