Schriesheim im Bild 2023

10.06.2008

"Wir wurden voll erwischt"

Von Carsten Blaue

Schriesheim. "Die Terrassen hielten gut Stand. Die Wege und die Begrünungen waren das Hauptproblem": Für den Leiter des Sinsheimer Amts für Flurneuordnung, Reinhold Schmidt, sind die Ursachen für die Schlammmassen, die am Samstag über den Großen Mönch in die Stadt schossen, schnell benannt. Die Wege im Bereich der Rebflurbereinigung, die unter der Federführung von Schmidts Behörde realisiert wird, sind noch unbefestigt und das Grün an den neuen Weinbergterrassen nicht dicht genug. "Wir wurden voll erwischt", sagte Schmidt gestern im RNZ-Gespräch über das enorme Unwetter, bei dem in einer Viertelstunde rund 30 Liter Regen auf den Quadratmeter fielen. Und einige der neuen Weinberge sahen davon doch ganz schön mitgenommen aus.

Schmidt kündigte "Notmaßnahmen" im Bereich der Rebflurbereinigung an. Gestern waren Mitarbeiter seines Amts bereits in Schriesheim, um die Lage zu sondieren. Unterhalb der Strahlenburg – in der Lage Schlossberg – sollen die Möglichkeiten für die Regenrückhaltung vergrößert werden. Zudem möchte die Flurneuordnungsbehörde hier eine Erdbarriere schieben lassen, damit die Wohnbebauung am Fuße der Weinberge nicht länger durch die Folgen starker Niederschläge gefährdet ist: "Wir müssen auch die Weinberge sofort begrünen", ergänzte Schmidt. Über diese Maßnahmen werde er kommende Woche mit dem Vorstand der Teilnehmergemeinschaft (TG) an der Rebflurbereinigung sprechen. Dann ist auch Frank Holtmann aus dem Urlaub zurück, der die Terrassierung der Weinberge als Leitender Ingenieur begleitet. Bis dahin würde Schmidt gerne klären, ob die Befestigung der neuen Weinbergwege nicht doch vorgezogen werden kann.

Er erinnerte aber daran: "Der Naturschutz macht uns die Auflage, dass wir erst ab Oktober weitermachen können". Vor allem die Vögel sollen bis dahin nicht gestört werden. Schmidt will die ganze Sache intern ansprechen. Sein Amt für Flurneuordnung gehört ebenso wie das Amt für Landwirtschaft und Naturschutz zum Dezernat vier des Landratsamts. Schmidt sagte, er habe Dezernent Joachim Bauer die Problematik bereits geschildert. "Wir müssen alles tun, um zu verhindern, dass so etwas wieder passiert", meinte gestern auch der Vorstandsvorsitzende der TG, Ehrenbürger Peter Riehl.

Er erinnerte an den Unwetter-Zwischenfall vergangene Woche in der Oberen Bergstraße, als auch schon Schlammwasser aus den Weinbergen kam. Daraufhin habe die Erdbaufirma Schwörer, die auch die neuen Weinbergterrassen angelegt hat, am Donnerstag weitere Gräben gezogen: "Wenn das nicht gemacht worden wäre, dann hätte es am Samstag noch mehr Schäden gegeben." Riehl wäre dafür, im kritischen Bereich eine Schlammsperre einzubauen: "Das wäre ideal, scheint technisch aber problematisch zu sein an dieser Stelle. Dennoch wäre es sehr gut, wenn man das Wasser hier oben direkt auffangen und in die Kanalisation leiten könnte."

Jedenfalls würden die Regenrückhaltebecken sofort mit Schlamm volllaufen, sagte der Ehrenbürger, der auch gestern bei Inge und Hans Edelmann in der Oberstadt war, um unter anderem bei der Klärung von Versicherungsfragen zu helfen. Die Edelmanns traf es am Samstag mit am schlimmsten: "Es ist so viel kaputt! Wie fertig wir sind, kann ich gar nicht sagen", so Inge Edelmann gestern im Gespräch mit der RNZ.

Der Schlamm war über die Schlossmauer geflossen, die an das Anwesen der Familie Edelmann anschließt: "Es kam wie bei einem Wasserfall", schilderte Inge Edelmann das Unglück. Ihr Haus ist quasi an den Hang gebaut. Die Brühe drang über drei Fensterschächte im Boden ein. Alleine im Vorratsraum stand das erdige Wasser bis zu 70 Zentimeter hoch. Zudem in Mitleidenschaft gezogen wurden ein Esszimmer, die Waschküche, der Heizraum und der Hobbykeller. Der Schlamm ergoss sich auch in den Flur und über den Balkon: "Wir haben das alles geahnt und hatten schon lange Angst, dass so etwas passieren würde", sagte Inge Edelmann, die gestern Abend schon wieder lächeln konnte.

Nicht nur ihre Familie war gestern noch mit den Unwetterfolgen beschäftigt, sondern auch der Bauhof. Dieser machte die Straßen sauber, durch die der Schlamm zu Tal gerauscht war. Die Fachfirma Erles aus Neckargemünd reinigte die zum Teil total verstopften Kanäle.




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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung