Schriesheim im Bild 2023

28.08.2008

„Dieses Jahr gibt es kaum Schmetterlinge"

Von Stefan Zeeh.

Schriesheim. "Wie viele Augen hat eine Spinne?", fragt Jürgen Fesser vom Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) in die Runde der gut 20 Kinder, die sich beim Schriesheimer Friedhof versammelt haben, um von hier aus eine naturkundliche Wanderung zum Madonnenberg zu unternehmen. "Acht", kommt sofort die Antwort. Da befinden sich wohl einige Spezialisten unter den Kindern, die das Schriesheimer Ferienprogramm nutzen. Es ist gut, dass sie ihr Wissen anbringen, denn die beiden Führer an diesem sonnigen Nachmittag, Jürgen Fesser und Christoph Naumann, sind sich nicht sicher, was alles zu sehen sein wird in den kommenden vier Stunden.

"Dieses Jahr gibt es kaum Schmetterlinge", weiß Fesser und hat vorsichtshalber ein paar Schmetterlingsraupen in einer Plastikbox mitgebracht, damit die Kinder wenigstens die schon mal gesehen haben. "Aus diesen Raupen entwickelt sich einmal die Gemüseeule", erklärt der Schmetterlingsfachmann den Kindern. Gemüseeule heißt dieser Nachtfalter, weil sich seine Raupen an verschiedenen Gemüsesorten satt fressen.

Doch das Mitbringen der Anschauungsobjekte wäre gar nicht nötig gewesen. Kaum hat sich die Gruppe auf den Weg gemacht, entdeckt Jürgen Fesser an Brennnesseln die schwarzen Raupen des Tagpfauenauges. "Da sind noch welche", haben die Kinder die ersten Raupen auf den Brennnesseln erst einmal wahr genommen, finden sie in der ganzen Umgebung weitere Exemplare. "Die Raupen des Tagpfauenauges ernähren sich von den Brennnesselblättern", erläutert Fesser und setzt einige Raupen auf die Hände der neugierigen Nachwuchsbiologen. "Das fühlt sich gut an" oder: "Das kitzelt", ist von den Kindern zu hören.

Mit dem Schmetterlingsnetz fängt Christoph Naumann einige Meter weiter einen unscheinbaren Falter und bugsiert ihn vorsichtig in ein großes Plastikröhrchen. "Das ist ein Nachtfalter", bemerkt er. Nachdem alle den Falter gesehen haben, wird er wieder frei gelassen. Gleich darauf befinden sich zwei Schmetterlinge unter dem Netz. "Ein Sonnenröschen-Bläuling und ein kurzschwänziger Bläuling", bestimmt Christoph Naumann die beiden Falter mit Kennerblick.

Weiter geht es bergauf Richtung Madonnenberg. Da liegt ein Lederkäfer auf dem Weg. Ein großer Kohlweißling wird im Schmetterlingsnetz gefangen, und am Wegrand wächst die Minze. Eine Libelle fliegt vorbei. "Das ist eine braugrüne Mosaikjungfer", erkennt Jürgen Fesser sofort und weiß zu berichten, dass diese Libellenart besonders neugierig ist: "Die kommt bestimmt gleich wieder zurück."

Nur wenige Meter weiter sitzt eine andere Libellenart an einer Mauer. Sie ist schwarz und gelb gestreift und wohl nicht gerade besonders häufig hier anzutreffen, denn die beiden Insektenspezialisten kennen sie nicht. Da muss in einem Bestimmungsbuch nachgeschaut werden und dann ist klar: Das ist die zweigestreifte Quelljungfer.

Zum Wahrzeichen des Madonnenbergs, der Madonnenstatue, müssen die Kinder unbedingt, und danach steht ein kurzes Picknick auf dem Programm. Schließlich hat man schon einige Höhenmeter hinter sich gebracht, und dem einen oder anderen jungen Wanderer tun die Füße schon weh. Aber es geht noch etwas weiter bergauf, und dort wartet auf die Ferienkinder eine auf einer Brennnessel sitzende Streifenwanze sowie verschiedene Heuschrecken. An einem Hagebuttenstrauch weist Christoph Naumann auf ein merkwürdiges Gespinst hin. "Hierin entwickeln sich Gallwespen", sagt er und schneidet die so genannte Pflanzengalle mit einem Messer auf. Aber die Gallwespen sind alle schon ausgeflogen. Endlich ist auch der höchste Punkt der Wanderung erreicht, und beschwingt stürmen die Kinder wieder bergab.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung