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01.04.2009

Notunterkünfte sind heute kein Thema mehr

Von Carsten Blaue

Der Gemeinderat wird sich in seiner heutigen Sitzung nicht mit der Zukunft der maroden "Hollandhäuser" am Wiesenweg befassen. Bürgermeister Hansjörg Höfer hat das Thema von der Tagesordnung genommen. "Alles bleibt erstmal, wie es ist", sagte er gestern im Gespräch mit der RNZ. Seit Mittwoch war nach einem Kompromiss in der Standortfrage für neue Obdachlosenunterkünfte gesucht worden. Dabei gab es keine Einigung zwischen Gemeinderatsvertretern, Push-Verein, Jugendgemeinderat, Verwaltung und Tennisclub. Zudem kann das Rathaus die
152 000 Euro Infrastrukturpauschale aus dem Konjunkturpaket II jetzt doch nicht wie geplant für den Bau neuer Häuser für Obdachlose und Flüchtlinge nutzen. Solche Unterkünfte würden als "Mietwohnungen" eingestuft und seien daher nicht förderfähig, gab Höfer die Argumentation des Regierungspräsidiums wider. Er habe davon erst am Montag erfahren, sagte der Bürgermeister. Für seinen Ärger über diese Entwicklung fand er keine Worte. Er betonte aber, dass die Finanzen nicht zur Absetzung des Tagesordnungspunktes geführt hätten: "Wir hätten aus dem Haushalt heraus eine Lösung für den Bau der Häuser gefunden." Jetzt will Höfer die Infrastrukturpauschale eben in die Wärmesanierung des Rathauses stecken.
In der Frage der Obdachlosenunterkünfte prallten unterschiedliche Positionen aufeinander. Der Gemeinderat hatte sich für eine dezentrale Unterbringung der Obdachlosen im Stadtgebiet ausgesprochen. Außerdem sei der Wiesenweg am Sportzentrum generell kein guter Standort für diesen Zweck. Die Verwaltung argumentierte, weder andere Grundstücke dafür zu haben, noch über geeignete oder ausreichende Wohnungen zu verfügen. Und was zur Miete und zum Kauf angeboten worden sei, das sei nicht geeignet. Also griff das Rathaus zunächst auf die Neubauvariante am heutigen Standort zurück – was die Erweiterung des Tennisclubs (TCS) um zwei Courts an dieser Stelle endgültig unmöglich gemacht hätte. Also schlug die Verwaltung vor, die Obdachlosenhäuser nach Süden auf den heutigen Bolzplatz des Push-Geländes zu verlagern. So hätte der TCS Erweiterungsfläche gehabt – aber das Außengelände des Jugendzentrums wäre um etwa 1000 Quadratmeter kleiner geworden. Was wiederum die Push-Aktiven so nicht hinnehmen wollten. Also schlugen sie gemeinsam mit dem Jugendgemeinderat vor, die Flüchtlingsunterkünfte auf das Bolzplatzgelände zu verlagern, den Bolzplatz auf dem jetzigen Areal der Hollandhäuser neu zu bauen und das restliche Gelände dem TCS für einen Tennisplatz zu geben – wobei der Club auf zwei Courts bestehe, wie Höfer sagte. Die Jugendlichen betonten darüber hinaus, dass auch sie die Notunterkünfte am Stadtrand nicht gutheißen. Die Fronten zwischen allen Beteiligten scheinen verhärtet, die Suche nach dem Kompromiss ist gescheitert. Emotional sei die Diskussion, so Höfer: "Mir geht es aber in der Hauptsache um die Obdachlosen. Und daher möchte ich dafür eine breite Mehrheit, die ich im Gemeinderat nicht sehe. Und ich möchte die Gräben nicht noch tiefer machen als sie sind." Also lässt der Bürgermeister das Thema ruhen. "Mein Ziel waren feste Unterkünfte. Für ein gewisses Wohngefühl, das man im Container nicht hat. Das ist eine menschliche Komponente." Die kommt jetzt nicht zum Zug: "Wir werden die ’Hollandhäuser’ untersuchen, wenn möglich reparieren oder durch Container ersetzen." Abschließend unterstrich Höfer: "Wenn ich ein geeignetes Grundstück hätte, würde ich die Häuser sofort und liebend gerne an anderer Stelle bauen, denn so optimal finde ich den jetzigen Standort auch nicht."

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung