Schriesheim im Bild 2023

23.08.2009

Geschäftsleute sind nicht erbaut

Von Stephanie Kuntermann

Schriesheim. Was das Tempo der Kanalsanierung in der Talstraße angeht, hört man seit Wochen gute Nachrichten. Am 23. April gingen die Bauarbeiten los, jetzt sind sie schon jenseits der Einmündung in die Heidelberger Straße angekommen. Eine Bauphase wird wohl reichen. Alles bestens also von Seiten der Planer. Wie lebt es sich aber als Ladenbesitzer oder Geschäftsfrau in der Baustelle? Die RNZ hat sich umgehört und fragte nach den persönlichen Erfahrungen. "Im Juni ging es noch, aber seit Juli habe ich die Baustelle direkt vor der Tür", sagt Renate Rauh. Seit dem Schachteinbau an der Ecke Tal- und Heidelberger Straße ist ihre Boutique "Impuls" mitten drin im Baustellengeschehen. Lärm und Dreck sorgen für Umsatzeinbußen. Teilweise musste der mobile Kleiderständer mit der Aktionsware im Laden bleiben, da sonst alles staubig geworden wäre.

Erschwerend kommt hinzu, dass vor ein paar Wochen auch noch die Arbeiten am "Kaiser" begannen. Seither ist Rauhs Geschäft an der Straßenecke zwischen zwei Baustellen eingekeilt: "Manchmal ist es so schlimm, dass die Leute nicht mal mit dem Kinderwagen vorbei kommen", sagt Rauh. Beholfen hat sich die Ladeninhaberin mit einer originellen Idee: Im Schaufenster war neben der Kleiderpuppe ein Absperrband dekoriert, an dem ein Schild mit der Aufschrift "Baustellen-Rabatte" prangte. 20 bis 30 Prozent Nachlass gab es auf Sommerware. Einige reduzierte Stücke sind noch immer zu haben.

"Ansonsten haben wir seit dieser Woche schon die Herbstware", sagt Rauh. Sie setzt zudem auf die Belebung, die Straßenfest und Verkaufsoffener Sonntag bringen. Darauf hofft auch Ali Haydar Kaya, der das Feinkostgeschäft am Bachschlössl betreibt. Auch er verzeichnet durch die Baustelle weniger Einnahmen, was seine Branche besonders hart trifft: "Wir haben von März bis Ende Juli die beste Zeit, denn da haben wir wegen der niedrigen Preise für Obst und Gemüse die besten Margen." Was in der Zeit nicht verdient werden könne, das fehle in den schwächeren Monaten. Er geht das Problem offensiv an, beispielsweise mit einer gemütlichen Sitzecke vor dem Geschäft. Da gab es dann auch schon mal Kaffee neben Baumaschinen. Demnächst will er sein Sortiment erweitern: "Ich bekomme ein Kühlregal, und biete dort besondere regionale Molkereiprodukte an." Ansonsten wünscht er sich ein sichtbares Ende der Arbeiten: "Die Straße sollte endlich asphaltiert werden." Bauarbeiter hätten ihm das schon für diese Woche, spätestens nächste Woche versprochen, getan habe sich aber nichts.

Das versteht auch sein Kollege Yasin Görgülü nicht, der das Obst- und Gemüsegeschäft in der Talstraße betreibt. "Das wird seit Monaten versprochen, aber es tut sich nichts", sagt er. "Es würde sehr viel ausmachen, wenn die Straße frei gemacht würde und man in die Heidelberger Straße fahren kann." Da der Durchgangsverkehr verschwunden ist, bleiben auch die Kunden aus, die auf dem Weg in den Odenwald oder zum Branich einen kurzen Stop einlegen, um frisches Obst und Gemüse zu kaufen. "Entweder kommen die Kunden gar nicht mehr, oder sie müssen lange Umwege machen", kritisiert der Selbständige.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung