Schriesheim im Bild 2023

30.07.2003

Ein Engagement mit Suchtfaktor

RNZ-Serie "Jugend auf Zack": Alexandra Banek und Carolin Schmidt haben am Kurpfalz-Gymnasium eine Theater-AG ins Leben gerufen

Schriesheim. "Eine Entscheidung zwischen Regie und Schauspiel wäre total schwer", sind sich Carolin Schmidt, 17, und Alexandra Banek, 18, einig. Die Schülerinnen der Jahrgangsstufe 11 des Kurpfalz-Gymnasiums in Schriesheim stehen nicht nur mit Euphorie für die Oberstufen-Theater-AG ihrer Schule auf der Bühne, sondern leiten auch mit Herz und Seele ihre selbst gegründete AG für Theaterbegeisterte der Klassen sechs und sieben.

Carolin spielte schon in der Grundschule Theater und bedauerte immer, dass die Schule das Angebot erst für Oberstufen-Schüler vorsah. "Weil wir selbst in unserer AG so viel Spaß haben, wollten wir das auch gerne den Jüngeren ermöglichen". Die Schülerinnen besuchen zwar nicht dieselbe Klasse, bauten aber über die Theater-AG eine Freundschaft auf. Ihr Plan einer weiteren Theatergruppe wurde konkret als sie durch die Klassen gingen und feststellten, wie gut die Idee bei den Schülern ankam.

Gerade hat die Gruppe ihr erstes Stück hingelegt und ein begeistertes Echo darauf eingeheimst. Bis zur letzten Minute probten sie hinter verschlossenen Türen "Wir wollten so viel wie möglich allein machen, damit der Überraschungseffekt bleibt", erzählt Carolin. Das ist ihnen rundum gelungen. "Am Ende waren wir selbst überrascht, wie groß das Projekt geworden ist. Irgendwie hat sich das von selbst hochgeschaukelt", erzählt Alexandra.

Aber ganz so von alleine lief die Planung ihrer ersten Aufführung "In einem tiefen dunklen Wald", einem Märchen nach Paul Maar, nun doch nicht. Am Anfang stand die Suche nach einem geeigneten Drehbuch. "Wir waren ganz geschockt, wie teuer so ein Stück ist", erinnern sie sich. Die Sorge um die Finanzierung der Aufführung und der Textbücher erledigte sich aber schnell mit einem Besuch bei Schulleiter Werner Rendel, der sofort jede Unterstützung zusagte. Auch von Lehrerseite erhielten sie vor allem dort Hilfe, wo es um organisatorische Fragen ging. Probenräume, Planung von Lichtverhältnissen und Musik, die Beschaffung benötigter Genehmigungen und Schlüssel hielt sie ganz schön auf Trab. "Viel Freizeit bleibt nicht, aber es macht einfach süchtig".

Fast jedes Wochenende haben sie mit 14 Schülern seit der Rollenvergabe im Mai geprobt und sogar einmal in der Schule übernachtet. Von der Gründung im Oktober bis zum Frühjahr ging es zunächst um Improvisationsspiele. "Wir haben uns ziemlich an unserer eigenen Oberstufen-AG orientiert und wollten eigentlich alles genauso machen, wie wir es selbst erfahren haben", berichtet Carolin. Schnell merkten die Leiterinnen aber, dass ihr Anspruch an die Jüngeren recht hoch war.

Erste Übungen galten der Spontaneität und einer einer lauten, langsamen und deutlichen Aussprache, die im Spiel gar nicht leicht fiel. Aufforderungen zum Perspektivenwechsel wie "Stell' dir vor, du bist ein Reh", endeten auch schon mal mit tollwütigem Wild. In kleinen Gruppen sollten die Schüler außerdem kurze Szenen einüben und lernen, auf der Bühne flexibel auf andere zu reagieren. "Als wir dann allerdings mit Textbüchern kamen, wirkte die Sprache plötzlich total steif". Auf Anraten von Martin Schöner, Leiter ihrer eigenen Oberstufen-Theater-AG, ließen Carolin und Alexandra Sequenzen zuerst lesen und dann frei wiedergeben. "Da kamen total tolle Sachen raus", erinnern sich die beiden. Überhaupt sind sie von ihren Schülern hellauf begeistert. Das Gespräch ist durchzogen von Bezeichnungen wie "putzig" und "so süß".

Dass die Teilnehmer mit der Zeit eine geschlossene Gruppe geworden sind, macht sie auch ein bisschen stolz. Aus eigener Erfahrung wissen die Regisseurinnen, wie wichtig es ist, dass sich die Schauspieler auf der Bühne verstehen und sich nicht etwa vor Kontakten winden. Kommentare wie "Mit denen spiel ich das nicht", gibt es nicht mehr. "Wir haben den Schwerpunkt auf die Gemeinschaft und den Spaß am Spielen gelegt", betont Carolin. "Wenn mal was schief gegangen ist, war das eher lustig".

Die Spielfreude steigerte sich mit der Zeit so, dass die Schauspieler keine Probe mehr versäumten. "Wir haben inzwischen eine richtige Beziehung aufgebaut", freuen sich die Leiterinnen, die sich nicht selten in ihren Schülern wiedererkennen. "Die Spannung vor einer Aufführung und das Hochgefühl danach können wir natürlich total gut nachvollziehen". Die umwerfende Resonanz bestand für die Gruppe nicht zuletzt in einer Spende, die mehr als alle Ausgaben deckte.

Im kommenden Schuljahr suchen die Freundinnen ein neues Stück für ihre Gruppe, die nach dem ersten Erfolg vermutlich weiteren Zulauf finden wird. Diesmal wollen sie früher mit den Proben beginnen und einiges anders machen. "Wir stehen dann wieder am Anfang. Aber mit viel mehr Erfahrung!"

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung