Schriesheim im Bild 2023

02.11.2009

H1N1: Hätte man die KRS schließen müssen?

Von Stephanie Kuntermann und Carsten Blaue.

Schriesheim. "Wir wollen sachlich diskutieren, es machen schon genug Leute Panik", bemerkt Dr. Ulrich Müller. Beim Leiter des Staatlichen Gesundheitsamts Heidelberg steht dieser Tage das Telefon nicht mehr still, gehen doch ständig Anfragen zur Schweinegrippe ein.

Auch über die gestern bekannt gewordenen Schweinegrippe-Infektionen an der Schriesheimer Realschule sei er schon informiert: "Genaue Zahlen, um wie viele Erkrankte es sich handelt, kann ich Ihnen aber nicht nennen", sagt er im Gespräch mit der RNZ. Er sehe darin jedenfalls "keinen Grund für Aufregung". Das übliche Vorgehen bei meldepflichtigen Erkrankungen wie der Schweinegrippe ist die Anzeige eines Verdachtsfalles durch den behandelnden Arzt. Ein Laborbefund klärt dann, ob der Patient tatsächlich mit der "Influenza A/H1N1", so die korrekte Bezeichnung, infiziert ist.

"Dann nehmen wir Kontakt zu den Patienten und ihren Angehörigen auf. Es geht darum zu klären, ob sie besonders sensiblen Gruppen angehören wie dem Personal von Krankenhäusern, Kindergärten oder auch Lehrerinnen an Schulen", erklärt Müller. Ob eine Schule geschlossen werde, wie das in anderen Bundesländern bereits geschehen ist, sei eine Einzelfallentscheidung: "Wegen eines kranken Kindes schließen wir aber keine Schule", so der Behördenleiter.

Über die Gründe, warum Schulen anderswo geschlossen wurden, könne er nichts sagen: "Darüber weiß ich einfach zu wenig, ich bin mit den Einzelheiten nicht vertraut." Seitens seiner Behörde oder übergeordneter Stellen gebe es auch keine Direktiven für so einen Fall.

Allgemein gibt die Behörde Empfehlungen zur Vorbeugung, also Hygienemaßnahmen wie Händewaschen und die Einschränkung von Körperkontakten wie Umarmungen oder Händeschütteln und verweist auf die Impfstoffe, die im Rhein-Neckar-Kreis, für den das Gesundheitsamt Heidelberg zuständig ist, erhältlich sind. "Ich selbst werde mich auch impfen lassen", versichert Müller. Beim Staatlichen Schulamt Mannheim gibt es genaue Anweisungen für den Fall einer Schweinegrippe-Infektion: "Wir haben vom Kultusministerium umfangreiches Infomaterial erhalten", erklärt der Stellvertretende Amtsleiter Botho Stern.

Im Verdachtsfalle müssten erkrankte Kinder nach Hause geschickt werden, und die Eltern bekämen ein vorgefertigtes Schreiben, ebenso wie die anderen Eltern der Schule. Realschul-Leiterin Petra Carse habe sich daran gehalten und "sehr selbständig" reagiert, lobte Stern. Sie habe auch die übrigen Schulleiter im Kurpfalz-Schulzentrum informiert.

Sowohl Müller als auch Stern rechnen zum Ende der Herbstferien mit einem Ansteigen der Erkrankungen, wie es nach dem Ende der Sommerferien zu verzeichnen war. Gleichwohl ist die Impfmüdigkeit groß, wie die RNZ-Umfrage bei den Allgemeinmedizinern Dr. Herbert Kraus, Dr. Robert Tecl, Joachim Dubowy und Eduard Fischer ergab.

Bürgermeister kritisiert Arzt

Eines mal vorweg: Bürgermeister Hansjörg Höfer ist nicht im Urlaub. Das war ein Missverständnis, für das wir um Entschuldigung bitten. Richtig ist jedoch, dass Höfer von den Schweinegrippe-Fällen an der Kurpfalz-Realschule (KRS) gestern aus der RNZ erfuhr: "Ich wusste nichts von dem Vorgang. Und ich habe das auf diese Weise nur ungern zur Kenntnis genommen. Aber das werden wir hier hausintern klären", sagte der Bürgermeister im Gespräch. Er werde nach den Herbstferien auf die Rektorin der KRS, Petra Carse, zugehen.

Höfer stellte klar, dass die Schule im Falle des Schweinegrippe-Ausbruchs zunächst das Staatliche Schulamt zu informieren habe, das seinerseits das Gesundheitsamt benachrichtige. Dennoch hätte auch er gerne davon gewusst. "Sehr kritisch" sieht der Bürgermeister das Verhalten des Hausarztes, "der das ausgeplaudert hat. Wie steht es denn da mit der Schweigepflicht?". Jedenfalls habe die Indiskretion höchstens zur Verunsicherung an der Schule beigetragen.

Er selbst, so der Bürgermeister auf entsprechende Anfrage, habe sich noch nicht gegen die Schweinegrippe impfen lassen. Er schätzt die Gefahr des H1N1-Virus nicht so hoch ein, wie es derzeit dargestellt werde: "Ich glaube, dieser Virus ist schon viel länger im Umlauf. Es geht im Moment ja wohl eher um die Mutationsgefahr."

Copyright (c) rnz-online

Autor: Rhein-Neckar-Zeitung