Schriesheim im Bild 2023

18.08.2003

Die Bauern retten, was zu retten ist

Schriesheimer Landwirte und Obsterzeuger klagen über Ernteausfälle von bis zu 50 Prozent - Auch Äpfel bekommen Sonnenbrand.

Von Roland Kern

Schriesheim. Die lange Dürre geht auch den Bauern an der Bergstraße an die Existenz. Bei allen Pflanzen gibt es verheerende Trockenschäden. Landwirt und CDU-Stadtrat Karl-Heinz Spieß gibt die Devise aus: "Retten, was zu retten ist."

"Ein Landwirtschaftsbetrieb, der nicht gesund ist", schüttelt Spieß den Kopf, "hält so ein Jahr nicht durch". Und sein Vater, der erfahrene Bauer Heinrich, erklärt: "Gut, wenn man breit gefächert produziert wie wir, dann kann man vielleicht einiges ausgleichen." Obgleich es damit in diesem Jahr nicht getan ist. Die Familie Spieß produziert von Getreide über Mais, Tabak, Obst, Zuckerrüben und Wein die ganze Palette des Ackerbaus. "Rund 40 Prozent Ernteausfall", beklagen sie in diesem Jahr - wegen der langen Trockenheit, der großen Hitze, aber auch wegen des späten Frostes im April, der manchen Zwetschenbäumen den Ertrag wegfraß.

Unterschiedlich haben die Weinberge die Trockenheit verkraftet, links Peter Haas neben einem Ruländer-Wingert, der im Saft geblieben ist, rechts ein dürregeschädigter Rebstock vom Kuhberg.

Karl-Heinz und Heinrich Spieß wirtschaften ohne Gewinn in diesem Jahr. "Wir legen drauf", sagt der Jungbauer und verweist nur bescheiden auf die Knochenarbeit, die bei der Gluthitze nötig war. Im Tabakschuppen herrschen 45 Grad bei der Hitze der letzten Wochen. Dabei waren die Ausgaben nicht geringer als sonst. Setzlinge, Pflanzenschutz, Personal. "Jedes Produkt ist vorfinanziert", erklärt Karl-Heinz Spieß. Nur der Ertrag sinkt teilweise um die Hälfte, der Erlös spiegelt sich in roten Zahlen wieder. Die Tabakblätter sind zu klein und zu trocken, als Qualitätsstufe Eins fast nicht zu gebrauchen. Und die Bauern schuften weiter, betreiben Schadensbegrenzung wo immer möglich: Spieß vermarktet seinen Gemüsemais als Silomais für die Bauern aus dem Odenwald. Sein Glück: dort gab es zu wenig Heu und Silomais ist gefragt. Aber für den Gemüsemais hätte es mehr Geld gegegeben.

Die Aussiedlerhöfe in der Schriesheimer Rindweg-Siedlung sitzen im wahrsten Sinne des Wortes besonders auf dem Trockenen, weil sie in den 70er Jahren von den Bewässerungsgenossenschaften in Leutershausen und Dossenheim nicht aufgenommen worden sind. Die ganzen Jahre ging es auch so, aber jetzt muss Karl-Heinz Spieß einen Brunnen beantragen. Das bedeutet wieder Investitionskosten, aber der Bauer hat keine Wahl, wenn das Wetter so bleibt und er Bauer bleiben will.

Auch Peter Jäck vom Obsthof mit der großen Feldscheuer hat sich damit abgefunden, ein Jahr lang ohne Gewinn zu arbeiten. In den jüngeren seiner Apfelreihen, wo die Äste noch keinen Schatten spenden, sind rund die Hälfte der Früchte vom Sonnenbrand befallen. Dieser zeigt sich in braunen Flecken und raubt dem Apfel mit seiner Fäulnis den Saft, so dass er meistens nicht einmal für Most taugt. Der Obsthof Jäck ist zwar an die Dossenheimer Beregnungsanlage angeschlossen, aber die Bewässerung bei der Hitze der letzten Wochen war kein Zuckerschlecken. Denn in der Hitze verdunstet das Wasser zu schnell und auf den Äpfeln bleiben Kalkflecken zurück, die bei der Vermarktung hinderlich sind. Durch Trockenschäden fallen rund 30 Prozent der Jäckschen Apfelernte aus. Außerdem ist auch das Wasser aus dem eigenen Brunnen natürlich nicht umsonst und erhöht die Kosten - bei drastisch zurückgegangenen Einnahmen.

Nicht nur die Profis, auch die zahlreichen Schriesheimer Hobby-Obstbauern haben ein schweres Jahr hinter sich. "Mehr schlecht als recht", so Werner Merkel, der Vorsitzende des Obstbauvereins, haben die Feierabend-Bauern ihre Grundstücke bewirtschaften können. Wolfgang Amann hat im Frühjahr einen dreijährigen Kirschbaum angepflanzt, der so gut wie nicht gewachsen ist. Bei den frühen Obstsorten seien die Verluste noch erträglich gewesen, "aber jetzt verwelken die Zwetschgen am Baum", hat Merkel beobachtet. Wenn es nicht bald regnet, fürchtet er, tragen auch die Bäume und Stöcke dauerhaft Schaden davon. Davor sind auch einige Weinberge nicht ganz gefeit. Dem Betrachter stellt sich vor allem der Kuhberg südlich der Strahlenburg seit einigen Tagen schon ziemlich "gebräunt" dar. "Die Situation ist ganz unterschiedlich", erklärt Peter Haas, der Rebschutz-Beauftragte der Winzergenossenschaft. Viele Weinberge haben die lange Dürre gut überstanden. Manche Trauben versprechen wegen der geringen Wassermenge sogar besonders konzentrierte Aromen, aber andere haben auch schwer Durst gelitten. Wie eben neben der Strahlenburg, wo der karge Fels bis kurz unter den Erdboden reicht. Für Haas ist das Wasser auf die Mühlen: "Nach einer Rebflurbereinigung würde das nicht mehr passieren."

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung