Schriesheim im Bild 2023

27.03.2011

Schriesheim wird der „Spiegel" vorgehalten

Schriesheim wird der „Spiegel" vorgehalten

Von Carsten Blaue

Werbung, die die Stadt braucht: Bürgermeister Hansjörg Höfer mit der aktuellen "Spiegel"-Ausgabe. Foto: Dorn

Schriesheim. "Ab jetzt machen wir Pressegespräche nur noch, wenn auch der ’Spiegel’ dabei ist", scherzte Bürgermeister Hansjörg Höfer am Dienstag in seinem Dienstzimmer. Vize-Kämmerer Jörg Halkenhäuser stellte die Eckdaten des diesjährigen Haushaltsentwurfs vor. Doch im Plausch zuvor war die aktuelle Ausgabe des weltweit vertriebenen Nachrichtenmagazins aus Hamburg das Thema. Denn Schriesheim ist drin.

Der "Spiegel" widmet sich einmal mehr Stefan Mappus in der Atomkrise – und steigt ein in die Geschichte mit einem Rückblick auf die BDS-Mittelstandskundgebung vorige Woche beim Mathaisemarkt. Hier war der Ministerpräsident der Festredner wie vor ihm "die Säulenheiligen der Union, Helmut Kohl, auch Franz Josef Strauß", wie zu lesen ist.

Dass das als Leitmedium bezeichnete Wochenmagazin den Aufhänger seiner Geschichte gerade in Schriesheim sucht, muss niemanden in Euphorie versetzen. Die Stadt ist auch jetzt nicht plötzlich zum Nabel der Welt geworden. Dennoch beweist es zum einen, dass Großveranstaltungen in der vermeintlichen Provinz doch nicht so unbeachtet über die Bühne gehen und durchaus zur Wahrnehmung in weiterem Rahmen taugen. Zweitens kann sich "Schriesheim an der Bergstraße" keine bessere PR in eigener Sache vorstellen. Und drittens – und das ist eigentlich das Interessanteste – schreibt Politik-Redakteur René Pfister als einer von außen über die Mittelstandskundgebung, den Mathaisemarkt und Schriesheim.

Und da wird es dann etwas unpräzise. Etwa dass sich im Festzelt niemand "um das Rauchverbot und anderen neumodischen Schnickschnack schert". Stimmt zwar in diesem Moment. Wäre Pfister aber nächstes Jahr gekommen, hätte er keine Aschenbecher mehr auf den Biertischen gefunden. Hat der Gemeinderat doch das Rauchen im Fest- und Gewerbezelt ab kommendem Jahr verboten – eine Initiative, die Mappus im RNZ-Interview im Vorfeld ausdrücklich begrüßt hatte. Da schert sich in der Stadt also doch wer um "neumodischen Schnickschnack". Und die vielen Reihen saftiger Göckele in den Grills am Zelteingang hat Pfister wohl glatt übersehen, wenn er schreibt: "Wer Hunger hat, bestellt Schweinshaxe". Aber das sind einfach lasch behandelte Details.

Viel wichtiger ist die Einschätzung des "Spiegel", dass es eine Zeit gegeben habe, "da war Schriesheim der perfekte Ort für einen wie Stefan Mappus. Hier muss sich ein Mann von der CDU nicht verstellen, hier kann er reden, wie ihm der Schnabel gewachsen ist." Das werde auch in Zukunft so sein, sagt Bürgermeister Hansjörg Höfer gestern: "Im Festzelt wird schließlich keine intellektuelle Rede erwartet, sondern eine Rede, die mitreißt." Gut gefällt dem Verwaltungschef die überregionale Erwähnung seiner Stadt. Ein Werbeeffekt: "Das ist genau das, was Schriesheim braucht, und zeigt die Bedeutung der Mittelstandskundgebung. Nicht mal der Ministerpräsident spricht oft vor 1800 Menschen."

Am wichtigsten ist für Höfer aber immer noch, was die Agenturen durchgaben und die RNZ auf ihrer Seite 1 der Dienstagsausgabe letzte Woche meldete: Dass Mappus in Schriesheim ankündigte, das AKW Neckarwestheim I werde vom Netz genommen.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung