Schriesheim im Bild 2023

21.08.2003

Wer ist scharf auf den Schriesheimer Chefsessel?

Zumindest hinter vorgehaltener Hand wird zwei Jahre vor der Bürgermeister-Wahl schon eifrig über die Nachfolge von Bürgermeister Riehl diskutiert - Die RNZ wagt eine Spekulation.

Von Roland Kern

Schriesheim. Er höre schon "immer wieder mal Namen", sagte Bürgermeister Peter Riehl jetzt im RNZ-Sommerinterview, als er auf einen möglichen Nachfolger angesprochen wurde. Aber "etwas wirklich Echtes" sei noch nicht dabei. Da hat der Rathauschef leicht untertrieben. In Schriesheim wird gut zwei Jahre vor der Bürgermeister-Wahl zumindest hinter vorgehaltener Hand schon ziemlich konkret darüber gesprochen, wer alles scharf ist auf den Chefsessel im Rathaus.

Deshalb hat die RNZ mal spekuliert, wer sich Hoffnungen machen könnte, wer geeignet wäre und vor allem wer Chancen hätte, einmal Peter Riehl nach mehr als 30 Jahren Amtszeit zu beerben.

Da geht es zunächst einmal um eine Gretchenfrage, die da lautet: Könnte sich der CDU-Landtagsabgeordnete Georg Wacker begeistern, aus der Landespolitik auszusteigen, um in seiner Heimatstadt Bürgermeister zu werden? Beispiele dafür gibt es genug, nicht zuletzt in der Nachbargemeinde Dossenheim, die vor acht Jahren mit Wackers Parteifreund und Vorgänger Hans Lorenz sehr gut gefahren ist. Nur, die Frage dürfte Wacker zum heutigen Zeitpunkt selbst noch nicht beantworten können. Denn die Antwort hängt sicherlich von den weiteren Karrierechancen des Schriesheimers in der Stuttgarter Landesregierung ab. Denn wenn sich der eloquente Christdemokrat Hoffnungen auf einen Posten als Staatssekretär oder gar Minister machen kann, wird er in Schriesheim natürlich abwinken. Es heißt, dass Wackers Chancen steigen, wenn in Stuttgart einmal Günter Oettinger Ministerpräsident Teufel nachfolgen sollte. Die Crux nur: Wacker muss sich noch vor der nächsten Landtagswahl entscheiden.

Klar dürfte sein: Wenn Wacker will, dann wird er von seiner CDU in Schriesheim auch aufgestellt und mit großer Wahrscheinlichkeit als populärer Abgeordneter und Vertreter der stärksten politischen Kraft auch gewählt. Nur, wie gesagt, eine Entscheidung wird er so lange wie möglich hinauszögern.

Wenn Wacker antritt, müsste sich das konservative Lager in Schriesheim eigentlich spalten - denn die FWV würde sich schwer tun, als Freie Vereinigung einen parteigebundenen Polit-Profi zu unterstützen. Wen aber dann? Aus der Tradition heraus, dürften sich die Freien Wähler einen ortsansässigen Verwaltungsfachmann suchen. Und da kommen im Moment in Schriesheim zwei Männer in Frage: Stadtkämmerer Volker Arras und VHS-Leiter Frank Röger. Beruflich sind die beiden ähnlich qualifiziert, auch Rögers Posten gilt im Rathaus wie der eines Amtsleiters. Beide sind fachlich im Gemeinderat und darüberhinaus anerkannt und liefern eine Arbeit ab, die sogar über die Grenzen der Stadt hinaus geschätzt wird. Aber Röger und Arras sind unterschiedliche Typen.

Der VHS-Chef ist der waschechte Schriesheimer, ein "Talbub" mit Weinberg und Obstgrundstück. Im Gegensatz zu Arras ist Röger eher ein Kumpeltyp; der Kämmerer kann in seinem beruflichen Umfeld schon deshalb nicht von jedem heiß und innig geliebt werden, weil er kraft Amtes natürlich oberster "Sparkommissar" im Rathaus ist. Rein privat hat sich Arras aber als überzeugter Vater von drei kleinen Kindern einen Namen gemacht und ist gemeinsam mit seiner Frau Eva Maria engagiert in der Schul- und Kindergartenarbeit .

Alle Ökopaxe wollen testen, was ein Grüner in Schriesheim werden kann

Zutrauen kann man das Bürgermeisteramt beiden. Computerfreak Arras ist bekannt für akribische Fachkenntnis der Gemeindefinanzen. Der Kämmerer hat es in den letzten Jahren außerdem geschafft, zu Riehl, seinem Chef, eine loyale Haltung einzunehmen, ohne als sein Zögling und Vertrauter zu gelten. Beide schätzen sich und arbeiten gut zusammen. Mehr aber nicht.

Hingegen könnte man Röger eher als politischen "Ziehsohn" Riehls bezeichnen. Der Rathauschef hat den jungen Verwaltungsmann stets gefördert und sich zuletzt sehr für ihn stark gemacht, als es um den Posten des VHS-Chefs ging. Röger revanchierte sich mit uneingeschränkter Loyalität und diversen ehrenamtlichen Diensten, zum Beispiel am Mathaisemarkt. In seiner neuen Stellung hat Röger übrigens seinen Ruf des akuraten Verwaltungsmannes ausgebaut zu dem eines kreativen Kopfes - bei aller ihm eigenen Bodenständigkeit. In der letzten Gemeinderats-Sitzung lobte FWV-Stadträtin Waltraud Becker Röger überschwänglich. Ob das schon ein Signal war? Röger könnte der Mann der FWV sein. Arras aber auch. Falls Wacker in Stuttgart bleiben will, könnte es auch sein, dass beide gegeneinander antreten. Jedenfalls wird's dann spannend.

Am interessantesten wird der Wahlkampf, wenn der Grüne Hansjörg Höfer in den Ring steigt. Seine Parteifreunde reden schon mit Engelszungen auf ihn ein. So populär wie der gelernte Bäckermeister war noch kein Grüner in Schriesheim. Weil er aus einer alteingesessenen Familie stammt und sehr bürgernah ist, ist er als "Linker" von allen Schichten und Gruppen wählbar. Wenn es an der Bergstraße einen Grünen-Kommunalpolitiker gibt, der die Chance hat, zum Bürgermeister gewählt zu werden, dann ist das Hansjörg Höfer. Zuletzt hat er sich ja unbestritten um die Geschichte seiner Heimatstadt verdient gemacht, als er den Besuch der ehemals aus Schriesheim vertriebenen Juden anstieß. Das hat ihm weitere Anerkennung in weiten Kreisen der Bevölkerung eingebracht. Und alle Ökopaxe der Stadt wollen natürlich testen, was ein Grüner in Schriesheim werden kann.

Vor acht Jahren war Höfer übrigens schon einmal im Gespräch, winkte dann aber mit der Begründung ab, dass er sich keinen erbitterten Wahlkampf mit Riehl liefern wolle. Dieses Argument gilt ja heute nicht mehr.

In der SPD, obwohl in Schriesheim bei Wahlen ziemlich bedeutungslos, werden sogar immer wieder zwei Namen genannt: Rainer Dellbrügge und Sebastian Cuny. Dem Stadtrat und AWo-Vorsitzenden würde man sogar zutrauen, die alten und jungen Sozis mal wieder unter einen Hut zu bringen. Außerdem käme der sympathische Eintracht-Sänger auch für konservative Wählerschichten in Betracht. Was auf den aufmüpfigen Cuny nicht unbedingt zutrifft. Dafür ist der frankophile Künstlersohn, Juso-Gründer und angehende Politologe aus schweren Schlachten an der Seite der Bundes- und Landtagsabgeordneten wahlkampferprobt - und kampfeslustig.

Weitere Aspiranten könnte man sich noch vorstellen. Zum Beispiel in den Reihen der FDP, die in Schriesheim schon immer auf politische Eigenständigkeit gepocht hat. Wolfgang Renkenberger, der Ortsvereins-Vorsitzende, hätte sicher Ambitionen. Und Einzelstadträtin Dr. Birgit Arnold hat bislang noch keine politische Herausforderung gescheut. Vor zwei Jahren in Oftersheim wollte sie auch schon mal Bürgermeisterin werden. Bleibt nur die Frage, ob Riehl bei einer Kandidatur Arnolds seinem eigenen Anspruch gerecht wird. Denn eigentlich wollte er sich aus allem heraushalten. Das wird ihm dann schwer fallen.

Wer könnte einmal Peter Riehls Nachfolger als Schriesheimer Bürgermeister werden: Die RNZ hat schon einige Aspiranten ausgemacht: (v. links oben) MdL Georg Wacker , rechts neben Riehl Grünen-Stadtrat Hansjörg Höfer, VHS-Chef Frank Röger, unten links FDP-Stadträtin Dr. Birgit Arnold, FDP-Vorsitzender Wolfgang Renkenberger, Kämmerer Volker Arras, SPD-Stadtrat und AWo-Chef Rainer Dellbrügge oder Ober-Juso Sebastian Cuny. Der amtierende Rathauschef will sich jedenfalls ganz heraushalten. Ob es ihm gelingt?Fotos: Dorn, Kreutzer

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung