Schriesheim im Bild 2023

06.04.2011

Unglaublich, was alles in der Natur landet

Unglaublich, was alles in der Natur landet

on Stephanie Kuntermann

Geschafft! Bei strahlendem Sonnenschein haben zahlreiche Freiwillige den Müll eingesammelt, den bedenkenlos Zeitgenossen einfach in den Weinberg geschmissen haben. Foto: Peter Dorn

Schriesheim. Verschwitzt und leicht angeschmuddelt kommt Lukas zum Treffpunkt. Der Vierjährige zieht ein zerfleddertes Stück Absperrband hinter sich her und ist sichtbar mit sich zufrieden. Im Gefolge des Pfadfinderstammes "Bärengrund" ist er an der "Schwedenschanze" unterwegs und hilft, den hier abgelagerten Müll zu entfernen.

"Wir haben eine Menge Sachen gefunden", berichten seine nicht weniger enthusiastischen kleinen Mitstreiter. Sie erzählen von Plastikketten und Schuhen, Flaschen und sogar einer Haarbürste. Was sich anhört wie eine Schatzsuche, ist in Wahrheit die städtische Putzaktion am Weinberg, zu der Wirtschafts-und Tourismusförderer Torsten Filsinger bei den Schriesheimer Vereinen aufrief.

Die Aktion am Samstag ist eine Premiere, deren Erfolg Filsinger überrascht: "Wir haben nicht mit einer solchen Resonanz gerechnet." Mehr als 75 Freiwillige, zum Teil Vereinsmitglieder, zum Teil auch spontane Helfer, tummeln sich im Gelände. Die Stadt stellt blaue Müllsäcke und Greifzangen zur Verfügung, zwei der Helfer – Stefan Röger und Gerd Gaber – kommen mit Traktoren und Anhängern, auf denen die vollen Müllsäcke zum Bauhof transportiert werden.

Ein großer Bus wird zudem von den Drachenfliegern zur Verfügung gestellt. Die entschließen sich zur Säuberung ihres Landeplatzes und des Bereichs um die Kelterhalle, nachdem fest steht, dass genug Helfer auf dem Weinberg unterwegs sind.

Derweil fangen andere an, rund um die Burg und in den benachbarten Weinbergen zu putzen. Schnell wird klar, dass Schriesheims Wahrzeichen offensichtlich seiner Funktion als intensiv genutztes Naherholungsziel gerecht wird: Davon künden Hinterlassenschaften wie Flaschen, Zigarettenkippen, Reste von Silvesterknallern und Präservative.

"Auch bei unserer Wingertshütte liegt Abfall herum", sagt Harald Weiss. Der Geschäftsführer der Winzergenossenschaft (WG) ist im Gelände unterhalb der Aussichtsplattform unterwegs und begeistert über die vielen Helfer. Zum Dank stellt die WG kalte Getränke zur Verfügung und baut für das anschließende Vesper Biergarnituren im Weinberg auf. Die Stadt steuert dazu Brötchen, Wurst und Blätterteighörnchen bei, für die Kinder gibt es einen ganzen Eimer Gummibärchen.

Auch Bürgermeister Hansjörg Höfer ist im Gelände unterwegs. "Es ist schon toll, dass so viele helfen, aber bei dem schönen Wetter macht die Arbeit auch viel Spaß", freut er sich. Verkehrsvereinsvorsitzender Karl-Heinz Schulz stimmt zu, bemerkt aber: "Von denen, die sich am lautesten über den Müll beschwert haben, ist heute keiner gekommen."

Zusammen mit Höfer wuchtet er volle Müllbeutel auf den Anhänger. Aus einem der Säcke ragen verbogene Zaunpfosten und sogar eine ganze Rolle grüner Maschendrahtzaun hervor. Geborgen wurde sie im schattigen Gebüsch am Gedenkstein oberhalb der Burg, das für einige Zeitgenossen eine ideale Mülldeponie zu sein scheint.

Freiwillige von DRK und Geflügelzüchtern nehmen sich derweil einen Müllplatz am Wiesenweg vor. Spiegel, Schrankteile, Geschirr oder Gartenzäune verrotten hier am Straßenrand. "Es waren sogar zwei volle Windeln dabei, das war dann schon hart an der Grenze", berichtet Stefanie Zöllner, die ein Foto des hüfthohen Müllbergs zeigt.

Unter diesem ganzen Unrat entdeckt ihr Mitstreiter einen kleinen Schatz: Es ist eine uralte Spielzeug-Kanone mit einem Holzrohr und einer noch funktionstüchtigen Federmechanik. Wenigstens dieses schöne Spielzeug wird an diesem Tag jedenfalls nicht auf dem Müll landen, sondern vielleicht einen schönen Platz bei seinem Finder bekommen.

Folgende Vereine und Institutionen hatten sich zur Putzaktion angemeldet: Arbeitskreis Schriesheimer Senioren, Pfadfinderstamm Bärengrund, Skatclub Strahlenburger Asse, Kammerchor Schriesheim, 1. Bergsträßer Drachenflieger-Verein, Verkehrsverein, Odenwaldklub, Naturfreunde, Bergwerkverein, Deutsches Rotes Kreuz, Partnerschaftsverein, Orgel-Förderverein, Automobilclub Schriesheim sowie der Geflügelzuchtverein.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung