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24.05.2011

"Wir haben nichts zu verbergen"

Von Carsten Blaue

Schriesheim. Eigentlich wollten Architekt Alfred Burkhardt und Projektentwickler Sven Witteler die Öffentlichkeitsarbeit in Sachen Bebauung des OEG-Areals der Stadt überlassen. Schon gar nicht wollten der Planer und der Investor des vorgesehenen Komplexes aus Ärztehaus und Betreutem Wohnen am Bahnhof den Entscheidungen des Gemeinderats vorgreifen: "Wir wollten niemanden öffentlich unter Zugzwang setzen. Zu keinem Zeitpunkt", so Burkhardt. Doch die Negativschlagzeilen der vergangenen Tage, vor allem die Äußerungen von SPD und Grünen, änderten für ihn und Witteler die Lage: "Darauf müssen wir reagieren."

Lieber hätte Burkhardt das nach der Gemeinderatssitzung am Mittwoch getan. Also nach der Entscheidung über die gesamten Pläne für das OEG-Areal, die zudem einen Umzug des Raiffeisenmarktes sowie zwei Wohnquartiere vorsehen, die die Immobiliengesellschaft der niederländischen Rabobank realisieren will. Obwohl die Wohnbebauung nun im südlichen Teil wesentlich ausgedehnter und auch bis zu einem halben Meter höher werden soll, redet darüber niemand – außer vielleicht etwas die SPD. Die öffentliche Diskussion konzentriert auf Wittelers und Burkhardts Projekt. Doch darum geht es den beiden nicht. Sie wollen gestern in Burkhardts Büro nur für sich und ihre Planung sprechen.

"Ich drücke mich nicht vor der sachlichen Diskussion. Aber hier geht die plakative Schlagwortpolitik an der Sache vorbei", so Burkhardt. "Wir haben nichts zu verbergen", ergänzt Witteler. So habe man beim Bürgertag allen Interessierten Rede und Antwort gestanden: "Und die Stimmung war positiv", sagt der Projektentwickler und widerspricht damit der SPD, die Frustration bei den Bürgern verspürt hatte. "Außerdem haben wir die aktuellsten Pläne präsentiert", korrigiert Witteler die Aussage der Grünen Liste, den Bürgern seien nicht die neuesten Entwürfe gezeigt worden. Und damit sind Witteler und Burkhardt schon bei den Fakten aus ihrer Sicht.

Das Ärztehaus habe laut neuem Plan nur noch eine Länge von rund 36 Metern. Und nur dieser Teil der Bebauung müsse die zulässigen 12,50 Meter Gebäudehöhe aufgrund von Arbeitsstättenrichtlinien und technischen Vorgaben um 1,25 Meter überschreiten: "Das können wir sachlich begründen", so Burkhardt. Der etwa 68 Meter lange Komplex für Betreutes Wohnen halte die 12,50 Meter Maximalhöhe ein. Insgesamt verkürze sich die Bebauung um 25 Meter und unterschreite damit die laut Bebauungsplan zulässige Gebäudelänge um 8,50 Meter.

Nächster Punkt: die Parkplätze. Grüne und SPD störten sich daran, dass die geplante Tiefgarage nun doch wegfällt und im Freien geparkt werden soll – und das auch noch zum Teil auf Kosten eines Fußweges am Bahnhof und zudem noch im Erdgeschoss unter einem von Stützen getragenen Teil des Betreuten Wohnens. Dazu Burkhardt: "Dadurch, dass unsere Gebäude kürzer werden, planen wir nur noch sieben statt elf Arztpraxen und 26 anstatt 34 Wohnungen für Betreutes Wohnen ein. Daher reduziert sich auch die nötige Stellplatzzahl von 110 auf 60." Also sei eine Tiefgarage einfach nicht mehr nötig und lohnend: "Diese ist im Bebauungsplan ja auch gar nicht vorgesehen. Im Gegenteil! Die ’Park & Ride’-Plätze im Erdgeschossbereich des Betreuten Wohnens sind Teil des ursprünglichen Bebauungsplans, den auch Grüne und SPD mitgetragen haben."

Dass für das Parken eine Teil des Gehweges wegfallen soll, ist für Burkhardt nicht dramatisch. Über das Bahnhofsgelände selbst sei für direkte Fußwege zwischen Bahn- und Bussteigen sowie der Schillerstraße hinter seinem Komplex gesorgt. Im "Parken unter der Stelzenbebauung" sahen die Grünen einen möglichen "Angstraum". Dazu der Architekt kurz: "Das ist eine Frage der Gestaltung und Ausleuchtung." Eine Tiefgarage sei unter Umständen ein viel größerer Angstraum, ergänzt die Tochter des Planers, Sabrina Burkhardt, die ebenfalls Architektin ist und unter anderem den KSV Fitness Treff und die AWO-Kinderkrippe "Rasselbande" entworfen hat.

Außer den Parkplätzen im Bereich des Fußweges und der Erhöhung des Ärztehauses auf 13,75 Meter sehe seine Planung keine Ausnahmen vom Bebauungsplan vor, unterstreicht Burkhardt. Schon die Diskussion vor vier Wochen habe ihn betroffen gemacht, als der Gemeinderat in einer Kampfabstimmung mit den Stimmen von CDU, Freien Wählern und FDP den Änderungsbeschluss für den Bebauungsplan fasste: "Ich war von einer großen Mehrheit überzeugt und dachte, man findet es Klasse, was hier gebaut werden soll. Doch die Verwaltung hat das etwas unglücklich vorbereitet. So war die Enttäuschung letztlich groß. Wir dachten ans Aufhören. Aber wir sind überzeugt, dass die Nutzung sinnvoll ist und dass unsere Planung gestalterisch an diese Stelle passt. Es wird etwas Schönes entstehen". Auf einem Grundstück, das übrigens 23,50 Meter breit und 136 Meter lang ist.

Burkhardt, selbst Stadtrat der Freien Wähler, will keine politische Abstimmung in Lagern erkennen und glaubt auch nicht, dass die Ablehnung von SPD und Grünen mit seiner Person zu tun hat: "Vielleicht höchstens in Teilen. Ich denke, der Knackpunkt war die Gebäudelänge." Dabei ist für ihn die Argumentation einer zu massiven Architektur zu pauschal. Zumal der Gemeinderat seinerzeit einstimmig für eine Bebauung aus drei Geschossen plus Dach (was die 12,50 Meter ergibt) gestimmt habe. Die Grünen monierten, dass im Entwurf des Gutachterverfahrens vier Gebäude eingeplant gewesen seien, wo Burkhardt jetzt einen einzigen zumindest im Erdgeschoss verbundenen Baukörper plane: "Das war damals doch nur ein Gestaltungsvorschlag", entgegnet der Planer.

Zum Argument der Grünen, man müsse ja nicht unbedingt "3 plus D" bauen, auch wenn es erlaubt sei, sagt Burkhardt: "Das würde nicht ins neue Gesamtbild des Areals passen. Außerdem wollen wir ein städtebauliches Zeichen am Ortseingang setzen. Finanzielle Gründe seien da nachrangig, behauptet der Planer: "Davon haben wir uns spätestens durch die Verkürzung unserer Gebäude verabschiedet."

Witteler ergänzt noch, dass ursprünglich auch Läden in seinen Gebäuden geplant waren: "Aber das lassen wir. Wir wollen keine Konkurrenzsituation schaffen." So bleibt es wohl bei einem Café, einer Apotheke und einem Sanitätshaus. Auch wenn eine Mehrheit des bürgerlichen Lagers am Mittwoch wohl steht, bedauert der Investor ebenso wie Burkhardt, dass sich wieder eine Kampfabstimmung abzeichnet: "Dabei waren wir immer gesprächsbereit. Wir haben uns auch bei allen Fraktionen vorgestellt. Wir wollten mit unserer Planung überzeugen." Zumindest dieses Ziel haben Burkhardt und Witteler nicht erreicht.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung