Schriesheim im Bild 2023

24.06.2011

Der Wein hat drei Wochen Vorsprung

Von Carsten Blaue

Schriesheim. Winfried Krämer steht am Mittwoch in seiner Weißburgunder-Anlage an der Leutershäuser Straße. Er nimmt die Rebstöcke in Augenschein und ist nicht unzufrieden. Gut sieht’s aus: "Vom Ansatz der Trauben her ist das ein vielversprechender Jahrgang. Sowohl qualitativ, als auch quantitativ." Wäre da nur nicht das Wetter, dieser ständige Unsicherheitsfaktor für die Winzer: "Sämtliche Computermodelle zur langfristigen Prognose stimmen nur noch selten", sagt der Aufsichtratsvorsitzende der Schriesheimer Winzergenossenschaft (WG). Also muss auch er abwarten. Und überhaupt müssen die Winzer es letztlich doch so nehmen, wie es kommt. Das war in den vergangenen Wochen nicht anders.

Die Rebblüte setzte dieses Jahr um den 20. Mai an, rund drei Wochen früher als vergangenes Jahr. Und geht man davon aus, dass die Entwicklung der Traube rund 100 Tage bis zur Reife braucht, dann beginnt die Lese des Jahrgangs 2011 schon Ende August. Aber wie das so ist mit Prognosen: Bis dahin kann noch viel passieren. Das weiß gerade auch Krämer.

Zumal das Wetter zuletzt Launen zeigte, die gerade zwei- bis dreijährigen Anlagen schaden. Die jungen Rebstöcke haben noch nicht so tiefe Wurzeln, von ihnen werden aber gute Erträge erwartet. Da waren die unterdurchschnittlichen Niederschläge vor allem im Mai nicht förderlich: "Uns fehlen im Mittel bis Mitte Juni rund 200 Liter auf den Quadratmeter", sagt Krämer. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr lag der Durchschnitt schon bei 400 Litern je Quadratmeter. Und der Bombenjahrgang 2003 bekam seine guten Voraussetzungen schon im Jahr 2002, als es von Oktober bis Dezember rund 500 Liter Regen und Niederschläge je Quadratmeter gab. Da bekamen die Weinberge ausreichend Winterfeuchte. Ein perfekter Start damals. Dieses Jahr haben die Winzer noch Glück, dass es nicht jeden Tag 30 Grad warm ist: "Sonst hätten wir Dürre", sagt Krämer. Daran ändert auch der Regen der letzten Tage nichts. Zudem sind auch für Juli nur unterdurchschnittliche Niederschläge angekündigt, für August und September jedoch 30 Prozent über dem Schnitt: "Das kann also ein problematischer Herbst werden", so Krämer.

Da hat man die Lese des vergangenen Jahres noch vor Augen, als die Feuchtigkeit Botrytis und Essigfäule in die Trauben trieb. Zumal bei dichten Trauben wie dem St. Laurent besteht diese Gefahr, wenn die Beeren dicht an dicht und prall an den Kämmen hängen. Daher hat Krämer schon jetzt damit begonnen, beim St. Laurent die Trauben zu teilen. Das ist nicht nur gut für die Qualität, sondern schafft auch Platz für die Beeren, die etwa 75 Tage nach Ende der Blüte damit beginnen, Zucker einzulagern.

Die Trockenheit dieses Jahres könne sich gerade in jungen Anlagen auch auf das nächste Jahr auswirken, wie Krämer erläuterte. Die Ansätze der Triebe, die 2012 Trauben ausbilden sollen, sind schon jetzt an den Rebstöcken zu sehen. Sie sind etwas schwächer ausgebildet: "Wenn es aber in der Rebblüte nächstes Jahr keine Verrieselungen gibt, dann kann es immer noch einen tollen Ertrag geben", so Krämer. Man sieht einmal mehr: Jeder Jahrgang ist anders, und Unwägbarkeiten bleiben bis zu jedem Tag, an dem die Genossenschaftswinzer ihre Trauben in den Wochen der Lese am Kelterhaus abliefern. Nur eines ist klar: "Die Nachfrage unserer Kunden nach qualitativ hochwertigen Weinen wächst stetig. Daher halten wir an unserem Qualitätskurs der vergangenen Jahre fest", so Krämer. Daran ändert auch das Wetter nichts.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung