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12.07.2011

"Höfer erkennt die Stimmungen nicht"

"Höfer erkennt die Stimmungen nicht"

Der Entwurf für die Wohnbebauung auf dem Schrieseimer OEG-Areal. Plan: re2area

Von Carsten Blaue

Schriesheim. Die Aufarbeitung der Sondersitzung des Gemeinderates zum OEG-Areal vom vergangenen Mittwoch dauert an. Die CDU spricht von einem "Desaster" für die Verwaltung. Beim Grundstückseigentümer, der Mannheimer MVV, zeigt man sich gelassen.

Der Gemeinderat hatte die Offenlage der ersten Änderung des Bebauungsplanes "Schillerstraße/B3" beschlossen, der die städtebauliche Zukunft des OEG-Areals baurechtlich klärt. Damit verbunden waren Beschlüsse des Gremiums, die die technisch begründbaren Höhensteigerungen der Gebäude über 12,50 Meter hinaus unterbanden. Damit hielten die Stadträte an den Vorgaben des gültigen Bebauungsplanes fest. Der Investor der Wohnquartiere, die Bouwfonds Immobilienentwicklung GmbH, muss zudem die Häuser auf der ehemals für Gewerbe ausgewiesenen Fläche im Süden des Areals um ein Stockwerk reduzieren.

Bouwfonds zeigte sich irritiert und kündigte an, seine Investition in Schriesheim komplett zu überdenken; der Planer des Ärzte- und Seniorenkomplexes, Alfred Burkhardt, der sich für sein Medizinergebäude ebenfalls mehr Höhe gewünscht hätte, zeigte sich überzeugt davon, auch so eine bauliche Lösung zu finden. Dagegen vermutete FDP-Stadtrat Wolfgang Renkenberger bei SPD und Grünen "politisch oder persönlich motivierten Vernichtungswillen" sowie die "Zerstörungsabsicht" des gemeinsamen Projekts von Burkhardt und Sven Witteler. Und das vor allem aufgrund des Widerstands von SPD und Grünen gegen das "Parken unter Stelzen" im Bereich des Seniorenkomplexes.

Am Wochenende meldete sich auch CDU-Fraktionschef Paul Stang zu Wort. Dieser geht mit Bürgermeister Hansjörg Höfer hart ins Gericht. "Wie schon so oft in der Vergangenheit", so Stang, habe Höfer im Vorfeld der Sitzung wieder nicht die Stimmungen und das Abstimmungsverhalten der Fraktionen erkannt. Signale aus dem Gemeinderat habe es aber frühzeitig gegeben.

Selbst die Position "seiner" Grünen Liste scheine Höfer nicht wahrzunehmen. Diese habe wie oft bei gravierenden Beschlüssen geschlossen gegen die Verwaltungsvorlage und damit auch gegen den Bürgermeister gestimmt. Dieser müsse eigentlich hinter seiner eigenen Vorlage stehen, habe aber wieder mit der großen Mehrheit gegen die eigenen Vorschläge votiert: "Dies ist nicht nur ein Affront seiner Stadtbaumeisterin gegenüber, sondern dies bedeutet auch den Verlust seiner Glaubwürdigkeit gegenüber MVV und Investoren", schreibt Stang in einem Brief an die RNZ und fragt: "Kann man einen so schwankenden Vertragspartner dann noch ernst nehmen?" Höfer werde den Vertragspartnern jetzt erklären müssen, warum seine Einschätzung des Gemeinderates so mangelhaft war."

Höfer reagierte auf die Vorwürfe geradezu perplex: "Das ist alles an den Haaren herbeigezogen. Es ist die Aufgabe des Bürgermeisters, Mehrheiten herzustellen, um dieses Projekt voranzubringen. Und das ist uns gelungen." Das wisse auch Stadtbaumeisterin Astrid Fath: "Mit einem Affront hat das also nichts zu tun", so Höfer. Inhaltlich stehe er nach wie vor zu den beantragten Erhöhungen der Wohngebäude auf 13 Meter und des Ärztehauses auf 13,75 Meter: "50 Zentimeter mehr bei der Wohnbebauung hätte man nicht wahrgenommen. Diesen Standpunkt habe ich auch in der Bürgerinformation vertreten." Wenn diese Position aber keine Mehrheit habe, so müsse er sie finden: "Und wenn man den gemeinsamen Beschlussantrag gefunden hat, dann muss ich mich auch dahinterstellen, um dem Konsens mit meinem Votum den Rücken zu stärken." Er verstehe Stangs Politik- und Demokratieverständnis an dieser Stelle nicht.

Höfer sagte, er habe auch immer betont, dass man die Geduld von Investoren nicht überstrapazieren dürfe. Und alle müssten jetzt aufpassen, dass Politik nicht über Sacharbeit gestellt werde: "Wir müssen alle bemüht sein, das Projekt zu verwirklichen. Dieses Nachkarten wundert mich jetzt schon."

Abgesehen davon sei er mit der MVV und den Investoren stets in enger Absprache, so Höfer. Am kommenden Dienstag ist dazu wieder Gelegenheit. Dann gibt es im Rathaus ein klärendes Gespräch aller Beteiligten nach den Beschlüssen von vergangener Woche. Schließlich müssen die Investoren umplanen, und die Stadt muss zusätzliche "Park-and-ride"-Stellplätze auf dem OEG-Areal ausweisen.

Bei der MVV ist es Ralph Rischmüller, der die Liegenschaften aller MVV-Gesellschaften managt. Also ist er auch mit der Zukunft und dem Verkauf der Grundstücke auf dem OEG-Areal befasst, das der MVV Verkehr GmbH gehört. Der Bereichsleiter Immobilienmanagement bei der MVV Energie AG sieht die Schriesheimer Entwicklungen "noch gelassen": "Uns ist es wichtig, dass hier ein attraktiver Umsteigepunkt entsteht und dass das Umfeld mit Leben gefüllt wird. Wir wollen keine Brache.
Und da waren wir bisher auf einem guten Weg." Im Moment habe er keine Sorge, dass Bouwfonds als Investor nach den jüngsten Gemeinderatsbeschlüssen abspringt, sagte Rischmüller auf RNZ-Anfrage: "Aber Herr Kirsch (Antonius Kirsch, Stuttgarter Niederlassungsleiter von Bouwfonds, Anm. d. Red.) muss das jetzt alles noch einmal durchrechnen. Das ist klar. Jedoch waren die 12,50 Meter als Bauhöhe aus dem gültigen Bebauungsplan schon bekannt."

Offensichtlich gebe es in Schriesheim unterschiedliche Interessen, reflektierte Rischmüller die Beratungen des Gemeinderates: "Das ist aber ein politischer Prozess, den ich nicht beeinflussen kann." Pragmatisch seien die Beschlüsse sicher nicht gewesen: "Es zieht sich jetzt eben wie Kaugummi." Rischmüller sagte, gemeinsam mit der Stadt habe man schon "drei Viertel der Treppe" hinter sich gebracht. Es gebe eine gültige Planung, und auch die angestrebte Nutzung durch den Raiffeisenmarkt, die Wohnbebauung sowie den Ärzte- und Seniorenkomplex sei "optimal und schlüssig". Ob die Bebauung durch die beschlossene Abstufung der Gebäude im südlichen Wohnquartier allerdings schöner werde, wollte Rischmüller nicht bewerten.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung