Schriesheim im Bild 2023

26.10.2011

"Im November müssen wir entscheiden"

Von Carsten Blaue

Schriesheim. Eigentlich sollte sich der Gemeinderat heute in seiner öffentlichen Sitzung mit der Frage beschäftigen, wo weitere Gruppen für die Betreuung von Kleinkindern eingerichtet werden können. Doch Bürgermeister Hansjörg Höfer hat die Sache von der Tagesordnung genommen. Im Haupt- und Finanzausschuss hätten die Fraktionen noch um Beratungszeit gebeten, so der Rathauschef. Zumal inzwischen immer mehr Standorte ins Spiel gebracht werden. Noch im vergangenen Jahr fand die Verwaltung überhaupt keinen geeigneten Platz für eine neue Krippe. So ändern sich die Zeiten - in denen der Betreuungsbedarf nicht geringer wird.

Der Stadt fehlen laut einer Bedarfserhebung rund 60 Plätze, also sechs Gruppen. Und die brauche man schnell. Spätestens bis nächsten Sommer, so Hauptamtsleiter Edwin Schmitt: "Es ist daher höchste Eisenbahn. Im November müssen wir entscheiden." Dann muss die Standortfrage geklärt sein. Nächste Woche werde ein Arbeitskreis des Gemeinderates "die Sachlage analysieren", wie Höfer erläuterte. Inzwischen haben die Stadträte die Wahl aus sechs Möglichkeiten. "Toll, dass der Gemeinderat so viele Optionen hat", freute sich Schmitt.

Bekannt ist die machbare Erweiterung der AWO-"Rasselbande" an der Mehrzweckhalle. Hier könnten bis zu vier neue Gruppen entstehen, und zwar laut momentaner Planung des Schriesheimer Architekturbüros Burkhardt in einem Anbau westlich des "KSV Fitness Treff". Dafür müsste der wenig repräsentative und stets trockene Brunnen vor der Mehrzweckhalle weichen. Die Variante, beim Alten- und Pflegeheim "Stammberg" eine Kleinkindbetreuung einzurichten, wurde ebenfalls schon diskutiert. Gleiches gilt für das OEG-Areal.

Nicht neu ist auch das Angebot von Christina Stockhausen. Die angehende Erzieherin plant zwei oder drei Gruppen in der Industriestraße 15 a, wofür der Ausschuss für Technik und Umwelt (ATU) zumindest baurechtlich den Weg ebnete, indem er das Vorhaben von den Festsetzungen des Bebauungsplans für das Gewerbegebiet befreite. Soziale Zwecke sind hier eigentlich außen vor. Mit der Ausnahme hat der ATU einen Präzedenzfall geschaffen, auf den sich die ABM Projektentwicklung GmbH berufen könnte. Deren Geschäftsführer Peter Appel habe der Stadt mitgeteilt, heißt es in der Verwaltungsvorlage, dass seine Firma den Bau eines Hauses für eine Kinderkrippe im Spännigweg 1 erwäge - also auf dem ehemaligen Aldi-Gelände. Diese Variante ist neu. Auch kommt jetzt der Festplatz erstmals ins Spiel. Das Rathaus sieht hier zwei Standortoptionen, eine davon gegenüber vom Gästehaus "Weinstuben Hauser": "Der Festplatz darf in den Beratungen kein Tabu sein", so Schmitt. Diese sollen durch eine Machbarkeitsstudie des Bauamts erleichtert werden: "Denn auch städtebaulich ist die Standortfrage wichtig", sagte Stadtbaumeisterin Astrid Fath.

Wohl am zügigsten wären die AWO-Erweiterung und die Stockhausen-Variante zu verwirklichen, meinte Schmitt. Doch würden beide alleine nicht reichen, wenn man auch die Wartelisten in die Überlegungen einbezieht. "Zudem gibt es einen Trend, die Kinder schon unter drei Jahren betreuen zu lassen", sagte Höfer. Der Rechtsanspruch auf einen Platz für Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr soll darüber hinaus zum 1. August 2013 eingeführt werden.

Mit sechs neuen Gruppen würde die Stadt eine Versorgungsquote von 40 Prozent abdecken, im Moment sind es 27 Prozent. Die Plätze werden neben der AWO vom Wilhelmsfelder Verein "Postillion" und dem Verein "Purzelzwerg" aus Dossenheim angeboten. Eine Vielfalt privater Träger in der Kleinkindbetreuung sieht der Gesetzgeber übrigens gerne. Zudem gibt es in Schriesheim etwa zehn Plätze bei Tagesmüttern. Auch sie im Rahmen der Bedarfsplanung zu bezuschussen, werde ebenfalls im Arbeitskreis beraten, ergänzte Höfer: "Überhaupt haben wir das Thema Geld bisher völlig ausgeblendet in dieser Sache." Es sei aber noch immer teurer, gab Schmitt zu bedenken, die Schriesheimer Kinder unter drei Jahren in Nachbarkommunen betreuen zu lassen, wofür Ausgleichszahlungen fällig würden.

Für das vergangene Jahr lag alleine dieser Kostenpunkt bei 118 136 Euro. Könnten die auswärts untergebrachten Kleinkinder aus der Weinstadt in Schriesheim selbst in die Krippe gehen, hätte die Stadt zudem noch 78 930 Euro Zuschuss bekommen. Die Einnahmen Schriesheims aus der Betreuung auswärtiger Kleinkinder unter Drei liegen nur bei gut 13 581 Euro, die sich aus Ausgleichszahlungen und Zuschüssen zusammensetzen. Macht unterm Strich ein Minus von knapp 184 000 Euro.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung