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09.12.2011

Wo ist das Geld für das Haiti-Benefiz geblieben?

Von Carsten Blaue

Schriesheim. Es war ein gelungener Abend. Fünf Bands spielten im Schriesheimer Zehntkeller am 6. Februar 2010 für Kinder in Haiti. Das Erdbeben dort war keine vier Wochen her. Der Pächter und Wirt eines Schriesheimer Lokals hatte die Idee, einen Benefizrock auf die Beine zu stellen. Der Hausbesitzer und Verpächter soll die Bands engagiert haben: "Er hat uns gebucht", sagt Dieter Hofmann, Bassist der "Alien Brainsuckers".

Auch die "Dirty Deeds", "Die Chefs" und die "Doggirls" waren dabei, dazu noch eine Band aus Düsseldorf. Das Kellergewölbe war gerappelt voll. Alle spielten ohne Gage. Erlöse aus Eintrittsgeldern und Getränkeverkauf sollten komplett über den Duisburger Verein "Kindernothilfe" nach Haiti überwiesen werden. So hatte es der Wirt angekündigt. Schriesheims Bürgermeister Hansjörg Höfer gab seinen Namen als Schirmherr. Jetzt, nicht ganz zwei Jahre später, ist von der Euphorie für die gute Tat nicht viel übrig. Die Musiker sind sauer. Denn bis heute wissen sie nicht wirklich, was aus dem Erlös des Abends wurde und wofür sie sich eingesetzt haben.

"Das alles ist extrem dubios", sagt Hofmann, der in dieser Sache für die Bands spricht. Schon die Höhe der Einnahmen ist nicht klar. Der Wirt sagt: 4300 Euro, die Bands sagen: 5350 Euro. "Es gibt keine Abrechnung von dem Abend", behauptet Hofmann. Die Musiker sprachen immer wieder den Verpächter an, wo denn das Geld sei. Der Verpächter wiederum fragte seinen Pächter und sagt heute, er habe von ihm irgendwann nur noch flapsige Antworten bekommen. Warum die Bands nicht gleich zum Wirt gingen, fragen sie sich inzwischen selbst. "Aber von sich aus kam er auch nicht auf uns zu, um mal für Klarheit zu sorgen", sagt Hanjo Weiß, der für Projektionen von Bild- und Videomaterial aus Haiti sorgte.

Also schrieb Hofmann einen Brief an Bürgermeister Hansjörg Höfer, datiert auf den 20. August dieses Jahres. Das Schreiben liegt der RNZ vor. Darin bat der Bassist den Bürgermeister, "als Schirmherr der damaligen Veranstaltung, einmal von 'höherer Stelle' aus in Erfahrung zu bringen, was tatsächlich mit dem Geld passiert (ist)." Höfer antwortete erst, nachdem Hofmann telefonisch noch einmal nachgehakt hatte. Seine Auskunft in einem Brief vom 23. November: Unterlagen seien ihm am 21. Oktober vorgelegt worden. Aus diesen sei aber nicht eindeutig zu ersehen, "welchem Verwendungszweck die Einnahmen aus dem Benefizkonzert zugeführt wurden". Lediglich sei daraus zu entnehmen, dass der Wirt seit Februar 2011 einen nicht definierten monatlichen Betrag der Kindernothilfe überweise und ihm drei Kinder für eine Patenschaft vorgestellt worden seien. Auch eine Abrechnung, "die Aufschluss über die erzielten Einnahmen geben könnte", sei nicht vorgelegt worden. Es sei ja auch nicht üblich, dass er sich als Schirmherr von Veranstaltungen Abrechnungen vorlegen lasse, so der Bürgermeister. Immerhin sagte er auf RNZ-Nachfrage, der Wirt wäre gut beraten, alles zu belegen.

Das könne er, gibt sich der Gastronom seinerseits gelassen: "Ich hätte das Geld damals sofort nach dem Konzert der Kindernothilfe überweisen können. Aber nur für allgemeine Hilfen, und das wollte ich nicht. Ich wollte neue gezielte Kinderpatenschaften übernehmen, und die gab es von der Kindernothilfe bis August 2011 nicht." Das bestätigte auch der Duisburger Verein auf RNZ-Anfrage.

Jetzt habe er über vier Jahre die Patenschaft für drei Kinder übernommen und überweise monatlich 93 Euro, so der Wirt. Begonnen habe er mit den Zahlungen aber schon im Januar - für eine "Aufbaupatenschaft".

Er zeigt einen Lastschriftbeleg der Kindernothilfe über 93 Euro auf seinem iPhone: "Die Bands können alles sehen, wenn sie wollen. Wären die doch einfach mal hier vorbeigekommen. Ich bin immer da." Und weiter über die Musiker: "Nie hat sich bei mir einer gemeldet".

Dieter Hofmann behauptet das Gegenteil. Zwei Einschreiben mit Rückschein habe man an den Wirt geschickt. Eines kam als unzustellbar zurück, das andere habe der Angeschriebene noch nicht abgeholt, obwohl er eine "Postbenachrichtigung" erhalten habe, so Hanjo Weiß. Angeblich gab es auch ein Telefonat zwischen dem Wirt und Weiß am 18. November: "Wir wollen auch wissen, was zwischen Februar 2010 und Januar 2011 mit dem Geld war", sagt Weiß. Und was aus den Zinsen wird.

Mit dem Benefiz-Initiator selbst wollen Weiß und Hofmann allerdings darüber gar nicht mehr sprechen: "Wir gehen jetzt zur Staatsanwaltschaft, und dann wird alles lückenlos geklärt", so Weiß.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung