Schriesheim im Bild 2023

29.08.2003

Ein Wirtschaftsförderer in Teilzeit?

Im RNZ-Sommerinterview regt FWV-Fraktionschef Friedrich Ewald diesen Gedanken an.

Schriesheim. Im RNZ-Sommerinterview mit Lokalredakteur Roland Kern äußerte sich jetzt FWV-Fraktionschef Friedrich Ewald.

Herr Ewald, ist die FWV noch die treibende Kraft im Schriesheimer Gemeinderat?

Ja, zumindest eine der treibenden Kräfte. Schon aufgrund unserer Fraktionsstärke, werden wir unseren Einfluss weiter geltend machen und uns einbringen.

Anders gefragt, kann man in der Kommunalpolitik überhaupt noch etwas vorantreiben, wenn das Geld so knapp ist wie in Schriesheim?

So ganz neu ist die Sorge um die Finanzen natürlich nicht, wir hatten immer wieder Zeiten, in denen wir gemeinsam genau überlegen mussten, wie wir den Haushalt aufstellen und ausgestalten können. Es wird immer etwas zu bewegen sein. Allerdings haben wir als Freie Wähler schon immer Wert darauf gelegt, dass wir uns nicht mehr aufbürden als wir uns erlauben können. Es ist wichtig, die Folgekosten im Auge zu behalten.

Wo wollen denn die Freien Wähler sparen? Bei den Vereinen, Ihrer besonderen Klientel, sicherlich nicht?

Die Unterstützung der Vereine bleibt für uns immens wichtig. Ohne ein funktionierendes Vereinswesen, hätten wir bedeutende gesellschaftliche Probleme. Gerade in Krisenzeiten brauchen die Menschen eine Betreuung in Vereinen. Außerdem muss man sehen, dass die Vereine auch auch städtisches Gelände betreuen. Wenn diese nicht mehr unterhalten werden können, werden die Kosten voll und ganz an die Stadt zurückfallen.

Aber wo kann man ansonsten sparen?

Nach Möglichkeit mit einem breiten Konsens über alle Fraktionen hinweg an freiwilligen Leistungen. Ich kenne die Zahlen, die Bürgermeister Riehl im RNZ-Interview genannt hat, nur aus der Zeitung. Der Gemeinderat wird sich nach der Sommerpause gleich damit beschäftigen. Ich kann heute keine einzelne Position herausgreifen.

Die FWV war ja skeptisch bei der neuen halben Stelle der Sozialarbeiterin. Steht der Job aus Finanzgründen jetzt wieder auf der Kippe?

Für mich persönlich nicht. Und ich hoffe auch, dass meine Fraktion einen solchen Antrag ablehnen würde, wenn er im Gemeinderat gestellt würde.

Und einen Jugendpark wollten die Freien Wähler noch nie so richtig gerne. Wird der jetzt ganz gestrichen?

Der Jugendpark hatte bei uns angesichts anderer wichtiger und lange verschobener Maßnahmen keine Priorität. Aber einen Jugendpark kann man auch mit bescheidenen Mitteln anfangen. Jetzt haben wir das Busch-Gelände, was die FWV mittgetragen hat. Das Grundstück bietet einen guten Standort. Wenn das Wort Jugendpark nicht gleich mit Neubauten in Verbindung gebracht wird, dann wird die FWV einiges mittragen und bewegen. Vielleicht kann man ja mit Eigenarbeit das bestehende Gebäude herrichten.

Anderes Thema, die FWV ist die Fraktion der Einzelhändler und Mittelständler. Warum haben Sie nicht stärker dafür gekämpft, die Supermärkte zu verhindern?

Für mich ist dieses Schriesheimer Gewerbegebiet in dieser Lage überhaupt eine der schlechtesten Entscheidungen der Schriesheimer Politik. Es hätte dort nie entstehen dürfen. Ein Gewerbegebiet muss in die Nähe der Autobahnzufahrt, das wäre jetzt für alle ein Vorteil. Das ist die eigentliche Crux. Jetzt waren die Supermärkte aus Gründen der Rechtslage nicht zu verhindern. Auch aus gesellschaftlichen Gründen nicht. Aber der Schriesheimer Einzelhandel ist davon nur teilweise tangiert, denn wir haben sehr gute Geschäfte und Einzelhändler mit guten Spezialisierungen, zum Beispiel die Bäckereien und Metzgereien.

Ihrer Meinung nach hat der Schriesheimer Einzelhandel also eine Zukunft?

Ja, wenn die Einzelhändler weiterhin frische Ware und guten Service bieten, denn auch durch die Altstadtsanierung ist unsere Stadt anziehender geworden, auch weil die Qualität unserer Kaufleute stimmt. Außerdem sind wir ja Tor zum Odenwald. Der eingeschlagene Weg mit dem Stadtmarketing ist deshalb auch der richtige. Wahrscheinlich liegt im professionellen Stadtmarketing auch eine Möglichkeit der Zukunft. Ich könnte mir gut einen Wirtschaftsförderer im Rathaus vorstellen, am besten in einem Teilzeitverfahren mit einer anderen Gemeinde.

Wird die FWV daraus einen konkreten Antrag formulieren?

Nein, dazu ist es noch zu früh. Aber gegebenenfalls werden wir das Thema ansprechen.

Die SPD beschäftigt sich schon wieder mit dem Thema Fußgängerzone in der Heidelberger Straße. Wie steht die FWV dazu?

Da gibt es eine klare Meinung: man kann nicht von einer Stärkung des Einzelhandels sprechen und einige Geschäfte dann abkoppeln. Da ist Schriesheim nicht vergleichbar mit Mannheim oder Heidelberg. Wir sehen kein schlüssiges Verkehrskonzept, bei dem die Heidelberger Straße nicht befahrbar wäre. Die Straße ist ja auch Zufahrt für die Anwohner im östlichen Bereich der Altstadt und für die Geschäfte.

Eine Frage zum Klima in Ihrer Fraktion. Wie kommen Sie als Fraktionschef damit zurecht, dass Ihr Stellvertreter Dr. Herbert Kraus aus Altenbach zu den erbittertsten Kritikern von Bürgermeister Riehl und der Stadtverwaltung zählt?

Das muss man aus der Sicht seiner Tätigkeit als Ortschaftsrat sehen, dabei entstehen nämlich die Kritikpunkte. Und darin ist Herr Dr. Kraus auch völlig selbstständig. Ich werde einem gestandenen Kommunalpolitiker und beruflich erfolgreichen Mann da keine Vorschriften machen. In der Gemeinderatsfraktion hat Herr Dr. Kraus in den zentralen Fragen immer auf einer Linie mit der Verwaltung und der Fraktion gelegen.

Nach der Sommerpause beginnt der Kommunalwahlkampf. Was kann man heute schon zur FWV-Liste sagen?

Wie es heute aussieht, wird unsere Frau Waldtraut Becker aus Altersgründen nicht mehr kandidieren. Wir haben es schwieriger als Parteien, die ihre Kandidaten manchmal an der Parteiehre packen können. Wir suchen unsere Kandidaten frei nach dem gesunden Menschenverstand aus. Nach der Sommerpause werden wir an der Fertigstellung unserer Liste arbeiten.

Welches werden die großen Themen sein?

Auch das werden wir nach der Sommerpause beraten, das hängt auch von den Informationen ab, die wir über die Finanzen von der Stadtverwaltung bekommen werden. Das Thema Finanzen ist immer ein großes Thema. Dazu kommt das Stadtmarketing.

Wird die Rebflurbereinigung ein Thema werden?

Ich hätte damit kein Problem, die FWV wird geschlossen für eine Rebflurbereinigung stimmen, weil sie für Schriesheim eine zukunftsweisende Maßnahme ist, die den Weinbau auf Dauer auf eine gesunde Basis stellt. Meiner Meinung nach müsste auch der nächste Abschnitt weiter südlich schon ins Auge gefasst werden.

Und nach der Kommunalwahl geht's weiter mit der Bürgermeisterwahl. Wird die FWV dann wieder, wie immer in der Nachkriegsgeschichte der Stadt, eine Schlüsselrolle einnehmen?

Sicherlich, schon aufgrund unserer kommunalen Stärke werden wir ein gewichtiges Wörtchen mitreden. Es ist noch offen, ob wir einen eigenen Kandidaten haben werden.

Kann die FWV als freie politische Organisation einen parteigebundenen Kandidaten unterstützen?

Das muss man dann überlegen, wenn kein anderer Kandidat zur Verfügung steht. Es wäre zumindest nicht ganz unproblematisch. Das wird eine Frage sein, die bei der FWV auch kontrovers diskutiert wird. Ich möchte dazu eine breite Zustimmung der Mitglieder.


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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung