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29.01.2012

Die Heilige Barbara alleine reicht nicht

Von Carsten Blaue
Schriesheim. Am kommenden Mittwoch um 13.30 Uhr geht's los. Mit dem offiziellen Anstich fällt der Startschuss für den Sprengvortrieb des Schriesheimer Branichtunnels. Regierungspräsident Dr. Rudolf Kühner und Verkehrsstaatssekretärin Dr. Gisela Splett (Grüne) werden Ansprachen halten, die Schriesheimer Gemeindepfarrer beider Konfessionen ihren Segen zum Tunnelbau geben. Bei möglichen Zwischenfällen während der Arbeit im Berg wird aber der Beistand von oben alleine nicht reichen - auch wenn zusätzlich eine Statue der Heiligen Barbara, der Schutzheiligen der Bergleute, an der Baustelle wacht. Daher war die Stuttgarter Ed. Züblin AG, die die 1796 Meter lange Röhre durch den Branich treibt, dazu verpflichtet, ein Sicherheitskonzept für die Tunnelbauer vorzulegen. Dazu gehört auch die "sofortige Einsatzbereitschaft" einer Rettungswehr, wie es auf RNZ-Anfrage aus dem Stuttgarter Verkehrsministerium hieß. Wie sich diese Wehr zusammensetzt, ist allerdings immer noch Gegenstand von Abstimmungen zwischen den Behörden: "Das Konzept wird derzeit erstellt", so die Information aus dem Regierungspräsidium Karlsruhe (RP).
Mit einem Kostenvolumen von 85 Millionen Euro ist die neue Ortsumgehung der Weinstadt eines der teuersten Straßenbauprojekte des Landes. Gut 600.000 Euro, so das RP, würden für die Rettungswehr und ihre Ausrüstung ausgegeben. Die Karlsruher Behörde konnte sich diese Woche aber noch nicht darauf festlegen, wie sich die Truppe der Retter zusammensetzt, welche Gesamtstärke sie hat oder ob sie rund um die Uhr an der Baustelle präsent sein muss. Bis der Tunnel eine Länge von 200 Metern erreicht habe, sei das alles geklärt. Dann sei die Wehr entsprechend ausgebildet, ausgestattet und einsatzbereit, so das RP. Bis dahin habe die Freiwillige Feuerwehr Schriesheim laut Feuerwehrgesetz Baden-Württemberg die Pflicht, im Brandfall in den Tunnel einzufahren.
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Im Schriesheimer Haus der Feuerwehr hat der örtliche Kommandant Oliver Scherer einen dicken Aktenordner vor sich, das Sicherheitskonzept der Firma Züblin: "Vorbildlich", sagt Scherer beim Blättern. Auf jeden möglichen Ernstfall sei man vorbereitet. Schon kürzlich hatte Züblin Langzeit-Atemschutzgeräte anliefern lassen. Auch in der Containersiedlung für Bauarbeiter, Projekt- und Bauleitung unweit des westlichen Tunnelportals fallen Sicherheitseinrichtungen auf den ersten Blick auf, etwa der Sanitätscontainer neben dem mit einem großen "H" gekennzeichneten Landeplatz für den Rettungshubschrauber. Draußen vor dem Westportal werden außerdem zwei Lotsenpunkte für die Einweisung von Rettungskräften eingerichtet.
Für einen Brand im Tunnel oder im Fluchtstollen, der seit vergangener Woche in den Branich gesprengt wird, steht an der Baustelle ein 70 000 Liter fassender Löschwassertank samt Anlage zur Druckerhöhung bereit; dazu gibt es einen Anschluss ans Schriesheimer Wassernetz. Zudem wird es in beiden Röhren Löschwasserleitungen geben, die mit den Baustellen im Berg "mitwandern". Im Tunnel werden alle 100 Meter, im Fluchtstollen alle 50 Meter Stellen zur Löschwasserentnahme eingerichtet. Ferner werden für die Bauarbeiter im Branich zwei Fluchtcontainer für je 15 Personen zur Verfügung stehen - Rückzugsorte im Brandfall. Diese Container sind mit allem ausgestattet: Wasser, Strom, Licht, Luftversorgung, Feuerlöscher, Telekommunikation und sogar Toiletten. Hier könnten sie im Ernstfall bis zu eineinhalb Stunden ausharren. Auch die Baumaschinen in den Röhren haben eine besondere Sicherheitstechnik. Sollte ein Aggregat Feuer fangen, können die Maschinenführer spezielle Motorlöschanlagen auslösen. "Züblin hat an alles gedacht", sagt Feuerwehrmann Scherer.
Wenn nach jüngsten Prognosen Ende des Jahres 2015 die ersten Autos durch den Branichtunnel rollen, wird das Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises den Betrieb und die Unterhaltung der Röhre übernehmen. Der Kreis ist dann auch Aufsichtsbehörde im Rahmen des Feuerwehrgesetzes. Der Plan zur "Alarmierung und Gefahrenabwehr" für den Tunnelbetrieb, so das RP, werde zurzeit unter Beteiligung von Polizei, Rettungskräften und Feuerwehr erstellt. Doch bis dieser greift, muss der Tunnel erst einmal gebaut sein - und das möglichst ohne Zwischenfälle.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung