Schriesheim im Bild 2023

05.09.2003

Mancher Anwohner macht sich aus dem Staub

Die Meinungen über das Straßenfest gehen bei denen, die mittendrin wohnen, natürlich auseinander - Mit Wasserschlauch auf die Männer
Von Camilla John

Schriesheim. Am Samstag ist es wieder so weit: in den Gassen und Straußwirtschaften und Kneipen wird ausgelassen gefeiert. Was Schöneres kann man sich nicht vorstellen. Eigentlich. Denn jede Medaille hat ihre Kehrseite. So auch das Straßenfest, sagen einige der Anwohner.

Hierbei geht es vor allem um die Anwohner rund um den Marktplatzbrunnen. Ob in der Entengasse, der Oberstadt oder der Heidelberger Straße, dort befindet sich das Zentrum des Straßenfests. Und damit auch am meisten Lärm und Dreck. Jeder Besucher und Feiernde geht irgendwann nach Hause, . Nicht so die Anwohner. Denn die werden bis weit in die Nacht hinein geplagt; von zu lauter Musik, die eigentlich schon längst abgedreht sein müsste und von den grölenden Stimmen derer, die nicht verstehen wollen, dass auch das schönste Fest einmal zu Ende sein muss - führend zumindest die Anwohner ins Feld.

Ganz besonders betroffen fühlt sich eine Anwohnerin (deren Name der RNZ zwar bekannt ist, die aber unbenannt sein will). Sie wohnt mit ihrer Familie in der Entengasse und somit im "Partyzentrum". Das allein stört sie nicht, doch sie erzählt ihre Erlebnisse vom Straßenfest vor drei Jahren. "Da war's ganz besonders schlimm, denn die Handballer waren mit ihrem Stand genau vor der Apotheke", berichtet die Frau.

Die Handballer sind mittlerweile berühmt für gute Stimmung und Animation. Bis um ein Uhr nachts sei das Dröhnen der Bässe aus den Boxen direkt hinein in die Entengassse zu der Familie gedrungen. "Es war so laut, dass die Gläser im Schrank gezittert haben und an Schlafen war im Traum nicht zu denken", erzählt die Hausherrin. "Wir ziehen zum Straßenfest hin immer aus unserem Haus aus, denn auszuhalten ist das einfach nicht. Die Leute sollen ja feiern, aber ich muss am Montagmorgen sehr früh wieder zur Arbeit", bestätigt ein weiterer Anwohner die Vorwürfe.

Des Öfteren sei die Familie zu dem Stand der Sportler gegangen. Sie selbst und auch ihr Mann hatten die Handballer gebeten, die Musik etwas herunterzudrehen, doch nichts passierte. Sobald sie wieder zu Hause waren, dröhnte die Musik lautstark ins Schlafzimmer. "Irgendwann bin ich auf die Barrikaden gegangen und hab bei der Polizei angerufen", erzählt die Anwohnerin aufgebracht. Nachdem das Missverständnis mit den Gesetzeshütern ausgeräumt war, dass sie eben nicht vor besagtem Stand stehe, sondern von ihrem Schlafzimmer aus telefoniere, reagierte die Polizei. Nachdem sich über Nacht die Nerven beruhigt hatten, gab's morgens die nächste Bescherung, im wahrsten Sinne des Wortes. Mancher Straßenfestbesucher hatte wohl zu viel getrunken und musste daraufhin seinen Magen entleeren, in der schönen Entengasse. Auch über Exkremente an den Hauswänden, verwüstete Blumenkübel und viel Dreck musste sich die Familie ärgern, "Wieslochreif war das alles!"

Das alles wollten die Familie nicht einfach so hinnehmen. Bei der Stadt haben sie vorgesprochen und ein Beschwerdebrief wurde durch die RNZ veröffentlicht. Im Namen noch anderer Anwohner wurde verlangt, dass sich in Zukunft etwas ändert. Das geschah auch im folgenden Jahr, diesmal waren die Handballer auf dem Straßenfest allerdings gar nicht vertreten. Im letzten Jahr war es dann so, dass der Stand der Handballer zehn Meter vom alten Platz entfernt aufgebaut wurde und die Musik nur noch bis pünktlich um elf Uhr auf der Bühne vor dem alten Rathaus gespielt wurde.

Allerdings bemängelt die Anwohnerin, dass es sowieso viel zu wenig Toiletten gebe, in der Altstadt steht den Besuchern genau eine einzige zur Verfügung. Kein Wunder, dass Manches "Geschäft" in der Entengasse verrichtet wird. Doch für dieses Jahr ist vorgesorgt: Sie hat sich einen Wasseranschluss mit Schlauch auf den Balkon gelegt "und jeder, der vor mein Haus pinkelt, wird einfach nassgespritzt", so die Betroffene, "wenn niemand oben an der Straße aufpasst, muss ich das eben selbst in die Hand nehmen."

Ein anderer Anlieger sieht die Straßenfest-Geschichte entspannter: "Vier bis fünfmal im Jahr müssen wir das halt über uns ergehen lassen, doch um die alles etwas zu entschärfen, sollte man dem Vorbild des "Kaffeehauses" folgen, die haben uns Anwohner nämlich zu ihrem Fest eingeladen, und dazu noch kostenlos bewirtet." Grinsend fügt er hinzu: "Wenn's regnet ist es nicht so laut, dafür umso lauter, wenn die Sonne scheint."

Natürlich gibt es auch andere Meinungen zum Thema "Lärm beim Straßenfest", wie eine Bewohnerin der Oberstadt erzählt. "Wir können uns nicht beschweren, es hat sich zum Positiven gebessert. Wir müssen uns zwar durch Menschentrauben drängeln, wenn wir zu unserer Haustür wollen, aber nachdem es ein Gespräch im Rathaus gab, können wir nicht mehr klagen", sagt sie.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung