Schriesheim im Bild 2023

06.09.2003

"Wo ist der Sparwille bei den anderen?"

Sommerinterview heute mit CDU-Fraktionschef Siegfried Schlüter - "Jugendpark nicht realisierbar" .

Von Roland Kern

Schriesheim. Als letzter der Fraktionschefs im Schriesheimer Gemeinderat äußert sich heute CDU-Sprecher Siegfried Schlüter im RNZ-Sommerinterview

Herr Schlüter, die CDU hat in der letzten Gemeinderats-Sitzung ein Reizthema angesprochen, als von Kürzungen bei der Stadtbibliothek die Rede war. Wie weit geht Ihre Fraktion in ihrem Spareifer?

Wir müssen über den gesamten Haushaltsplan nachdenken. Die genauen Zahlen kennt der Gemeinderat zwar noch nicht, aber selbst wenn nur eine Million fehlt, müssen wir sparen wie verrückt. Ich muss sagen, ich war sehr verwundert über die überzogenen Reaktionen im Gemeinderat, als meine Kollegin Frau Nelles die Stadtbibliothek angesprochen hat. Denn alles muss bei einer solchen Finanzlage angesprochen werden dürfen. Ich frage mich da schon, wo der Sparwille bei den anderen ist.

Der CDU wirft man schnell vor, sie spare am liebsten bei der Kultur. . .

Wir haben auch bei diesen Einrichtungen immer Sparmaßnahmen angeregt und dafür Prügel eingesteckt. Aber wenn wir nicht früh gegen die steigenden Kosten etwas getan hätten, gäbe es diese Einrichtungen vielleicht schon gar nicht mehr.

Wir reden von Stadtbibliothek, Volkshochschule und Musikschule, wären Sie bereit, wegen Geldmangel eine dieser Einrichtungen zu opfern?

Im Moment kann ich mir das nicht vorstellen, aber wir müssen eben schauen, dass die Einrichtungen für die Stadt günstiger werden.

War es angesichts der Finanzkrise Ihrer Meinung nach ein Fehler, den Haushalt zusätzlich mit der Stelle einer Jugendsozialarbeiterin zu belasten?

Ja, wobei das nichts mit der Person von Frau Michelmann zu tun hat. Aber die Finanzlage zeigt, dass wir nicht mehr verkraften können. Dabei fahren wir beim Personal schon am unteren Ende. Aber es liegt ein Beschluss vor, den wir akzeptieren. Aber darüber nachzudenken, ist ja wohl nicht verboten. Das Gleiche gilt ja auch für den Jugendpark, der wird auf Jahre nicht realisierbar sein, das sollte man den Jugendlichen auch ehrlichweise sagen. Wir sind dafür, dass man zunächst mal einen Bolzplatz einrichtet, das kostet nicht allzu viel. Das könnte man noch finanzieren.

Ist es nicht frustrierend, gerade Ihre Fraktion spart und spart . . . und jetzt ist das Geld trotzdem so knapp wie nie?

Das zeigt doch nur, dass wir richtig gehandelt haben. Ich persönlich habe das geahnt, dass aus Berlin nur Chaos kommt. Das ist ein Schreckensszenario, dieses Hick-Hack. Und wird übrigens in Berlin gemacht und nicht von der Landesregierung in Stuttgart, dort stimmt nämlich die Grundrichtung. Das Land hat selbst auszubaden, was in Berlin geschieht und muss eben einen Teil an die Kommunen weitergeben.

Als CDU-Fraktionschef sind sie immer strikt auf Parteikurs, oft auch gegen die Verwaltung, als Stellvertretender Bürgermeister legen sie eine enorme Loyalität gegenüber der Verwaltung an den Tag, wie schwierig ist dieser Spagat?

Das ist nicht schwierig, wenn man gelernt hat, Mehrheitsbeschlüsse des Gemeinderates zu akzeptieren. Und wenn ich Herrn Riehl vertrete, dann sehe ich es als meine Pflicht an, ohne Nachkarten die Beschlüsse umzusetzen. Im Gemeinderat kann ich kritisch gegenüber Herrn Riehl sein, ohne zu verhehlen, dass ich eine große Hochachtung vor seiner Lebensleistung habe. Wie er jetzt noch in seinen letzten Amtsjahren seine Stadt voran bringt, das ist bewundernswert.

Die CDU ist auch die Partei der Selbstständigen, warum konnten Sie die Ansammlung von Supermärkten im Gewerbegebiet nicht verhindern?

Die Supermärkte tun den Bürgern dieser Stadt gut. Wenn es sie hier nicht gäbe, würden die Schriesheimer eben woanders hinfahren. Dem Einzelhandel können sie nicht geschadet haben, weil es diese Art von Lebensmitteleinzelhandel schon lange in Schriesheim nicht mehr gab. Wenn die Läden in der Stadt Nischen finden, haben sie eine gute Überlebenschance.

Verstehen Sie die genervten Anwohner des Gewerbegebietes?

Das Hauptproblem sehe ich in der Belastung der St. Wolfgang-Straße, deshalb haben wir ja auch ein Gutachten in Auftrag gegeben. Ich fürchte aber, eine große Erleichterung wird da auch nicht gefunden.

Welches sind für Sie die großen Themen des zweiten Halbjahres 2003?

Die Sanierung des Schulzentrums, die Kanalsanierung in Altenbach, das Bebauungsplan Nord und dann natürlich das große politische Thema der Finanzen. Darüber muss man jetzt schon im Herbst reden und die Weichen stellen für die nächsten Haushalte.

Sie wären also auch für eine Haushaltsstrukturkommission wie Ihr SPD-Kollege Krieger?

Ehrlich gesagt, diese Kommissionen stehen mir bis zum Hals. Das ist wie in Berlin, da gibt's die Hartz-Kommission, die Rürup-Kommission und hinterher kommt nichts dabei heraus. Wir brauchen keine Kommission, das kann unser Finanzausschuss machen.

Nach der Sommerpause beginnt der Kommunalwahlkampf. Was kann man heute zur CDU-Liste sagen, treten alle amtierenden Stadträte wieder an?

Die meisten werden wieder antreten, abschließend haben wir noch nicht darüber gesprochen. Die jungen Leute aus unserer Jungen Union werden stark vertreten sein, nachdem wir bei der letzten Wahl schon einen Generationswechsel hatten.

Was wird die CDU im Kommunalwahlkampf besonders thematisieren?

Das Thema Finanzen wird über allem stehen, dann die Stadtentwicklung, die Verkehrspolitik, die Gestaltung des Festplatzes, eine alte Forderung von uns, die Integration der Neubaugebiete, die Jugendförderung in dem vorhin von mir beschriebenen Rahmen, die Ortskernsanierung in Altenbach und natürlich die Schulen. Wir werden uns sehr offen zum Schulstandort Schriesheim bekennen.

Und nach der Kommunalwahl kommt bald die Bürgermeisterwahl? Hat die CDU schon einen Kandidaten im Blick?

Nein, das wird für uns erst nach der Kommunalwahl ein Thema.

Für wie groß halten Sie die Wahrscheinlichkeit, dass Georg Wacker antritt?

Ich weiß es wirklich nicht. Fragen Sie ihn selbst.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung