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10.01.2013

Doch nicht alles so "barrierefrei"

Doch nicht alles so "barrierefrei"

Fahrräder am Zaun, hohe Borde, Pfosten mitten auf dem Gehweg, Ampeln, bei denen das akustische Signal für Grün- und Rotphasen gleich ist oder sogar ganz fehlt: Am Bahnhof und an den Überwegen in der Talstraße ist nicht alles behindertengerecht. Dr. Barbara Schenk-Zitsch wies erneut auf Schwachstellen hin. Foto: Dorn
Von Carsten Blaue

Schriesheim. Dr. Barbara Schenk-Zitsch kommt durch die Unterführung zum Termin mit der RNZ. Die Stadträtin der Grünen Liste engagiert sich auch maßgeblich in deren Arbeitsgruppe Barrierefreiheit. Und um die behindertengerechte Ausgestaltung rund um den neuen Bahnhof soll es auch dieses Mal gehen. Die Grünen sehen da Defizite, und die fangen ihrer Meinung nach schon an der Unterführung an.

Schenk-Zitsch zeigt auf die Rampe neben den Treppen: "Eigentlich dürfen solche Rampen nur maximal sechs Grad Neigung aufweisen, damit sie Rollstuhlfahrer bewältigen können." Außerdem seien bei Rampen, die länger als sechs Meter sind, Zwischenpodeste vorgesehen. An der Unterführung ist das Gefälle aber wesentlich steiler, und Podeste gibt es nicht. Für die Grüne jedoch kein Einzelfall: "Die Rampen sind in den meistens viel zu steil, das ist nicht nur hier so." Zwar wird im Zuge der Platzgestaltung am OEG-Areal auch der Bereich an der Unterführung überarbeitet. Eine flachere Rampe zu fordern, findet Schenk-Zitsch trotzdem unrealistisch: "Fordern kann man immer viel." Letztlich sei es aber eine Frage der Machbarkeit, weshalb für sie auch ein Fahrstuhl für Behinderte unwahrscheinlich ist: "Den bräuchte man zwar, aber das ist teuer, und die Gefahr von Vandalismus ist groß."

Weiter geht es auf dem Bürgersteig nach Süden zum Bahnhof. Am Übergang an der neuen Zufahrt für die Busse stehen auf beiden Seiten mitten auf dem Fußweg Ampelmasten. Die zeigen Rot, wenn ein Bus kommt, doch ein akustisches Signal für Sehbehinderte gibt es nicht. Für diese ist zudem die Position der Masten eine Falle: "Die sollten nicht so mitten im Weg stehen", sagt Schenk-Zitsch. Bekannte Probleme. Geändert hat sich nichts. Hinter der Buseinfahrt stehen an den Zäunen entlang des Trottoirs unzählige Fahrräder, selbst an den Pfosten auf den Bahnsteigen werden sie abgestellt. Für Sehbehinderte eine enorme Gefahr, zumal sie beim Ausweichen auf die Gleise fallen könnten. Vielleicht würden hier Verbotsschilder helfen. Gut findet Schenk-Zitsch die sogenannten Leitstreifen und die grau genoppten Aufmerksamkeitsfelder für Blinde, schlechter jedoch die zu hohen Borde an der Querung der Gleise für Fußgänger: "Die sind zu hoch." Laut der DIN-Normen 18030, 18024-1 und 32984 sollten diese nicht höher als drei Zentimeter sein, damit sie Rollstuhlfahrer und Rollator-Nutzer noch gut bewältigen können. Andererseits sind Sockel Orientierungshilfen für alle Sehbehinderten, die auf einen Stock angewiesen sind. Daher gelten die drei Zentimeter als Kompromiss - am Bahnhof sind die Sockel aber zwischen vier und fünf Zentimetern hoch. Günstig wäre hier ein "Kasseler Rollbord", eine Art geriffelte Minirampe, schlägt Schenk-Zitsch vor: "Das müsste man mal rechtlich klären."

Zwar vergisst die Grüne nicht zu erwähnen, dass die Rhein-Neckar-Verkehr GmbH bei der barrierefreien Gestaltung des Bahnhofs auch Behindertenverbände einbezogen habe. Das ändert aber nichts daran, dass die neue Fußgängerampel über die B 3 nicht wirklich sehbehindertengerecht ist. Zwar gibt es einen konstanten Knacklaut, der auf die Position der Ampel hinweist. Doch dieser klingt bei Rot und Grün gleich und ist zudem viel zu leise.

Wenn Schenk-Zitsch schon mal beim Thema ist: "Schon im Juli 2007 haben wir gefordert, dass die Ampeln an der Talstraße auf Höhe der B 3 und am Rathaus blindengerecht umgestaltet werden." Eine Verkehrstagfahrt im Dezember jenes Jahres erbrachte, dass die Ampel an der B 3 Priorität habe. Die Umrüstung wurde dann zum Ende des Jahres 2008 angekündigt und die Ausrüstung der Ampel am Rathaus mit einem Blindensummer für einen späteren Zeitpunkt versprochen: "Passiert ist aber nie was", moniert die Grüne.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung