Schriesheim im Bild 2023

06.04.2013

"Da fühlen sich die Wildsauen pudelwohl"

Von Stephanie Kuntermann

Schriesheim. Bei Winzern, Gastronomen und zuletzt auch im Gemeinderat sorgten und sorgen die Schriesheimer Wildschweine immer wieder für Gesprächsstoff. Aktuelles Thema in der Gemeinderatsdebatte waren verwilderte Grundstücke auf dem Madonnenberg, die ideale Verstecke für die Schwarzkittel bieten, die den Winzern das Leben schwer machen. Grund für die RNZ, sich am Schriesheimer Jägerstammtisch einmal nach dem Thema zu erkundigen.

Mit den Ortsteilen Altenbach und Ursenbach ist die Gemarkung in drei Jagdbögen unterteilt, auf denen insgesamt zehn Jagdpächter ihre Reviere haben. Unterstützung bekommen sie von etwa 40 weiteren Jägern, die in den Revieren unterwegs sind. Sie alle bejagen eine Fläche von etwa 2700 Hektar Feld und Wald, schätzt Karl Balmert, stellvertretender Kreis-Jägermeister.

"Stadt hat Auflagen"

Sie sind quasi auf "du und du" mit den Schriesheimer Wildsauen, kennen sie doch das weit verzweigte "Tunnelsystem", das sich die Tiere in den dichten Brombeergestrüppen des Kuhbergs und des Vorgebirges in den südlich gelegenen Rebhängen angelegt haben, ebenso wie in den Gewannen auf der anderen Seite der Strahlenburg. "Da fühlen sich die Wildsauen pudelwohl", weiß auch Jagdpächter Klaus Hartmann.

Einfach roden und "platt machen" könne man die Biotope aber nicht, erklärt Balmert: "Die Stadt hat da ihre Auflagen, es gibt Richtlinien zur Biotop-Pflege." Die auch in den Vogelschutz-Bestimmungen begründet sind, suchen doch in den Büschen viele Arten Zuflucht, die ihre Nester am Boden bauen. Außerdem, gibt er zu bedenken, müssten auch die Wildschweine irgendwo leben. In den Revieren gibt es eine Menge Konfliktstoff: Einmal, weil die Jäger das Recht haben, auch private Grundstücke zu betreten. Was ihnen aber nicht immer bereitwillig gewährt wird. Andererseits haften hierzulande Jagdpächter für entstandene Wildschäden: "Das Land Baden-Württemberg ist da außen vor", sagt Balmert.

Einfacher wird die Situation für die Jäger nur durch eine regelmäßige Pflege der Biotope, die so beschaffen sein müssen, dass auch Menschen sich darin bewegen können. Das sei derzeit nicht möglich, bedauert Balmert: "Da geht nicht mal ein Hund rein, denn für größere Tiere fehlt in den Gängen sogar der Platz zum Umdrehen." Neben ihren ausgedehnten Biotopen erfreuen sich die Schriesheimer Schwarzkittel an einer gut gefüllten Speisekammer: Bucheckern, Mais und Eicheln fielen in den letzten Jahren reichlich an, die Trauben sind für sie dann eher so etwas wie ein Nachtisch. Weswegen trotz des langen, harten Winters wohl die meisten Frischlinge überlebt haben dürften, meint Hartmann. Entgegen aller Unkenrufe betont Balmert, dass die Jagdsaison erfolgreich war: "Wir haben die Schäden in den Weinbergen minimiert." Mit einem erheblichen personellen Aufwand: Von Mitte August bis Oktober wurde das Gebiet in jeder Nacht bejagt. "Zwischen zwei bis vier Jäger waren immer von 22 Uhr bis sechs Uhr früh unterwegs", berichtet er.

Bis Juni ist Schonzeit für die Wildschweine, schon ab 1. Mai darf Rehwild bejagt werden. Geschont werden müssen, so betont Hartmann, "führende Stücke", also Muttertiere. Traditionell am 1. Dezember ist der Termin für die nächste Drückjagd.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung