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15.04.2013

Kita in Schriesheim: Ergebnis gut, aber wenig Platz

Schriesheim. (sk) Dass Bewegung positive Auswirkungen hat, ist als Erkenntnis nicht ganz neu. Ebenso wenig wie die Bestandsaufnahme eines bewegungsarmen Lebens: Übergewicht ab dem Kindesalter, gesundheitliche Folgen wie erhöhter Blutdruck, die Abnahme von Knochendichte und Libido, eine schlechte Wundheilung oder Schlafstörungen. Worauf Juniorprofessor Dr. Rolf Schwarz (Foto: Kreutzer) beim Elternabend in der "Kinderschachtel" allerdings hinaus wollte, waren die Ergebnisse einer Studie, an der landesweit 24 Kindergärten, darunter die Einrichtung von Leiterin Luzianne Barth, teilnahmen.

"Wie kann man über eine gezielte Bewegungsförderung die Entwicklung unserer Kinder optimal entwickeln helfen?", fragte die BeBI (Bewegung und Bildung)-Studie der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe. Dabei wurden spezielle "Bewegungs-Kindergärten" wie Waldkindergärten mit "Regelkindergärten" wie der "Schachtel" im Hinblick auf Kognition, Psychosomatik und Sozialverhalten verglichen. Die Ergebnisse der Bewegungskindergärten und der "normalen" Einrichtungen unterschieden sich vor allem bei den älteren Kindern nicht mehr wesentlich.

Zudem wurde festgestellt, dass Bewegung im Kindesalter entscheidend vom Bildungsgrad und der sozialen Schicht der Eltern abhängt. "Um es mal direkt zu formulieren: In den Sportvereinen sind zumeist Kinder aus bildungsnahen Familien", sagte der Pädagoge. Dort werde bereits im Kleinkindalter Wert gelegt auf eine gute motorische Entwicklung, bei der oft Kinder aus Migrantenfamilien, speziell Mädchen, Defizite aufwiesen.

Im Laufe von monatelangen Beobachtungen stellten die Forscher auch fest, dass Motorik und Sozialverhalten ebenfalls in Verbindung stehen können. Nonverbale Kommunikation über Körpersprache, das Lesen von Emotionen in Gesicht und Stimme funktioniert bei Kindern mit motorischen Defiziten schlechter. Ein Leben in Bewegungslosigkeit, das fanden Studenten im Selbstversuch beim Liegen auf einer Dekubitus-Matratze heraus, kann für körperliche Dissoziationen bis hin zur Halluzination sorgen. Das Bild eines verkrümmten Körpers, das einer der Probanden während des Experiments von sich zeichnete, erschütterte die Zuhörer.

Konzentration oder Selbstbeherrschung hatten zum Teil mit Motorik, zum Teil auch mit der Ausreifung bestimmter Hirn-Regionen zu tun. Was für die "Kinderschachtel"-Probanden bemerkenswert war, hob sich Schwarz bis zum Schluss auf: "Sie haben gut abgeschnitten, hatten aber von allen Kindergartenkindern umgerechnet auf die Quadratmeterzahl der Einrichtung den wenigsten Platz." Er kritisierte den schlauchförmigen Raum, in dem der Elternabend stattfand ebenso wie die langen schmalen Gänge als Stressfaktoren: "Wie gut, dass dieses Gebäude abgerissen wird." Dem anwesenden Bürgermeister Hansjörg Höfer bot er an, beim Neubau beratend mitzuwirken.

Neben einem Gebäude mit einem großen Gruppenraum und vielen Bewegungsmöglichkeiten forderte Schwarz einen "Bewegungs-Ethos", also die Mitwirkung von Erzieherinnen und Eltern, um den Kindern Vorbilder zu sein.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung