Schriesheim im Bild 2023

30.04.2013

Schriesheim: Zwischen Möbeln, Reifen und faulen Orangen

Schriesheim: Zwischen Möbeln, Reifen und faulen Orangen

Trauriger Erfolg: Die Jäger und Landwirte um Karl Balmert (Zweiten von rechts) mit dem eingesammelten Unrat. Foto: Dorn

Von Stephanie Kuntermann

Schriesheim. Am Samstagmorgen ist es schön im Wald. Die Bäume tragen frisches Laub, nach dem Regenguss in der Nacht sieht alles aus wie frisch gebadet. Kein Spaziergänger hat sich in den Wald verirrt, der kleine Parkplatz "Hesselbrunner Fichte" zwischen Schriesheim und Wilhelmsfeld ist leer. Ein halbes Dutzend Schriesheimer Jäger um Karl Balmert und Klaus Hartmann sowie Landwirt Ralph Neuner und sein Sohn Philipp halten hier. Sie steuern die Böschung an, und der Blick nach unten ist einigermaßen schockierend.

Stühle, Möbelteile, Autoreifen, Flaschen, Mülltüten und Unrat in den verschiedensten Stadien der Verwesung bedecken den Waldboden. Man hat den Eindruck, dass hier jemand das Wort "Haushaltsauflösung" wohl im wörtlichen Sinne gemeint hat. "Die Schweine laden hier ihren ganzen Müll ab, Sie glauben gar nicht, was wir hier schon alles gefunden haben", knurrt Balmert. "Wir haben sogar mal einen Kühlschrank aus dem Bach gezogen", sagt Hartmann kopfschüttelnd.

Überweisungszettel als Hinweis

Jeder bekommt ein Paar Handschuhe, einen Müllsack und eine Greifzange, und los geht es. Schnell wird klar, warum die Männer alle in Gummistiefeln unterwegs sind: Man sinkt tief ein im morastigen Boden, schnell ist das Schuhwerk durchweicht. Am Boden und im Bach ist es vor allem der kleinteilige Müll, der viel Arbeit macht. Zwischen Ästen und vorjährigem Laub sind Zigarettenschachteln, gebrauchte Taschentücher, Bonbonpapierchen und Jägermeisterflaschen eingeklemmt, ein paar Sperrholzbretter sind schon fast mit dem Boden verwachsen.

Leichter Nieselregen setzt ein, beim Arbeiten wird aus Unverständnis langsam Wut. So sinnlos ist diese Zerstörung, dass man die Ausrede der zufälligen Entsorgung nicht mehr akzeptieren mag. Da hat jemand Keller und Speicher leer geräumt, alles ins Auto gepackt und gezielt hier im Schutz der Dunkelheit entsorgt.

Er hat sich nicht damit begnügt, den Müll einfach abzuladen und wegzufahren, nein, er hat ihn mit Schwung die Böschung herunter geworfen. Müllbeutel sind aufgeplatzt, ein Waschbecken und sogar eine alte Toilette sind in tausend Scherben zersprungen. Glasscherben glitzern zwischen den Ästen eines vertrockneten Christbaums, aus dem Erdboden ragen spitze Nägel, daneben ist der Boden mit verschimmelten Orangen bedeckt.

Dann gibt es eine Spur zum mutmaßlichen Verursacher selbst. Balmert zieht aus dem Müllsack einen gelben Überweisungszettel. Er lautet auf die Adresse einer Dossenheimerin, sie wird wegen Magersucht in psychotherapeutische Behandlung überwiesen. Das Mitleid schwindet aber schnell, wenn man mit einer vollen Mülltüte einen schlammigen Abhang hoch krabbeln muss. Anderthalb Stunden später kommen etwa drei Kubikmeter Müll zusammen, auf dem Anhänger wird es eng, weil Neuner vom Ende der Wiese noch zehn alte Autoreifen anschleppt.

Jetzt wird alles zum Bauhof gefahren, dann steuert die Gruppe den nächsten Platz an. Hier wird um die Mittagszeit Bürgermeister Hansjörg Höfer erwartet, außerdem Carina Mayer vom Bauamt. Denn eigentlich war das Putzen als gemeinsame Aktion von Stadt und Jägern geplant.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung