Schriesheim im Bild 2023

13.05.2013

Kulturkreis steckt finanziell schwer in der Klemme

Von Stephanie Kuntermann

Schriesheim. Erstmals in seiner Geschichte startete der Kulturkreis (KKS) ohne Vorsitzenden in ein neues Vereinsjahr. Bereits Monate vor der jetzigen, äußerst turbulenten Jahreshauptversammlung im Restaurant "Neues Ludwigstal" machte sich das Vorstandsteam um Vize-Vorsitzenden Jochen Wähling auf die Suche nach einem Nachfolger für Albert Kesseler (Foto: Dorn), der im letzten Sommer aus gesundheitlichen Gründen zurücktrat. Die Suche blieb erfolglos. "Und dann wäre die Wahl eine Farce, es sei denn, jemand möchte sie auf die Tagesordnung nehmen", bot Wähling an.

Das wollte keiner, und so fuhr der Sitzungsleiter fort mit einer Schilderung des letzten Vereinsjahrs, das, abgesehen von erfolgreichen Sonderausstellungen im Museum Théo Kerg, Konzerten, Lesungen und "Schriesheim jazzt", kaum düsterer hätte verlaufen können. Stellte sich doch heraus, dass der KKS in einer schweren finanziellen Klemme steckt. "Erst nach Albert Kesselers Erkrankung konnten wir uns einen Überblick verschaffen", sagte Wähling. Ihm und dem übrigen Vorstand wurde klar, "dass wir über wesentliche Vorgänge im Unklaren gelassen wurden."

"Im Juli ist alles aufgeschlagen, 2012 war ein bewegtes Jahr", ging Schatzmeisterin Dagmar Bühring ins Detail. Seit 2009 waren Forderungen von Gema und Vertragspartnern aufgelaufen. Manche wurden fällig gestellt und gemahnt, später wurden Konten gesperrt. "Wir mussten die Kosten für ,Schriesheim jazzt' aus den Kasseneinnahmen bezahlen, und erst da habe ich erfahren, dass einige Teilnehmer schon seit Jahren auf ihr Geld warten", erklärte Wähling der RNZ. Im August hatte der Vorstand einen Überblick, der ernüchternd war: 17 000 Euro waren zu bezahlen, etwa die Hälfte davon an die Gema. "Und die Hälfte davon wäre vermeidbar gewesen", so Wähling. Wurden die Veranstaltungen zuvor doch nicht angemeldet, was einen Teil der Kosten erspart hätte. Der Verein habe vor der Frage gestanden, Insolvenz anzumelden oder weiter zu machen. Einige Mitglieder - ihre genaue Zahl wollte Wähling nicht nennen - gewährten dem 260 Mitglieder starken Verein unbefristete, zinslose Darlehen, mit Gläubigern wurden Ratenzahlungen vereinbart.

Aktuell belaufen sich die Verbindlichkeiten auf 3750 Euro, die mit monatlichen Raten von 250 Euro beglichen werden, dazu Restbeträge von zweimal 600 Euro, die seit Monaten abgestottert werden. "Die sind in Kürze erledigt", so Wähling. Bei seinen Darlehensgebern steht der KKS derzeit mit exakt 11 985 Euro in der Kreide. Fünf bis sechs Jahre könnte die Rückzahlung dauern, als Mittel der finanziellen Sanierung nannte Wähling die Fortsetzung lukrativer Veranstaltungen und, mit Nachdruck: "Keine weiteren Schulden."

Wiewohl zum Teil bereits vorbereitet, reagierten die Mitglieder doch fassungslos. "Als ich den Verein übergeben habe, hatten wir noch ein Plus von 8000 Euro", bemerkte etwa die ehemalige Vorsitzende Romy Schilling. "Der Vorstand ist unverschuldet in ein finanzielles Desaster gekommen, ein Privatunternehmen hätte Insolvenz anmelden müssen", bilanzierte Kassenprüfer Horst Kolb das Ergebnis einer fünfstündigen Prüfung.

An der Frage, ob der gesamte Vorstand inklusive Kesseler entlastet werden solle, entzündete sich eine emotionale Diskussion. "Soll der einfach so davonkommen?", wurde an einem Tisch gefragt, während anderswo die Frage aufkam, ob seine Entlastung einer gerichtlichen Beitreibung von Geldern im Wege stehen könne.

Altstadtrat und Wahlleiter Hans-Jürgen Krieger erklärte, dass eine Teilentlastung nach Vereinsrecht möglich sei, dass Entlastungen aber rechtlich ohnehin kein besonderes Gewicht besitzen würden.

Der Ansicht von Bürgermeister Hansjörg Höfer, dass man mit einer allgemeinen Entlastung doch am besten einen Schlussstrich ziehen solle, mochte niemand folgen. Mit sechs Enthaltungen wurde dem nicht anwesenden Kesseler die Entlastung verweigert, bei vier Enthaltungen wurde dagegen dem übrigen Vorstand Entlastung erteilt. Zwei Dinge stimmten an dem Abend trotz allem optimistisch: Zum einen die Wahl des neuen Pressesprechers Dieter Weitz. Zum anderen die Tatsache, dass dem KKS an diesem Abend spontan ein neues Mitglied beitrat (weiterer Bericht folgt).

Copyright (c) rnz-online

Autor: Rhein-Neckar-Zeitung