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15.05.2013

Schriesheim: "Steinschlag nicht durch Tunnel-Sprengungen"

Schriesheim: "Steinschlag nicht durch Tunnel-Sprengungen"

Von Carsten Blaue

Schriesheim. Der Termin für den Durchstich des Branichtunnels ist nicht zu halten. Eigentlich wollten die Mineure im Juni am Ostportal durchbrechen. "Es wird jetzt wohl Mitte, Ende Juli", sagt Bauleiter Ralph Eckerle gestern auf Anfrage. Dass es momentan im Tunnel nicht weitergeht, hängt mit der Hangsicherung in der Talstraße zusammen. Bis das Gestein hier gegen weitere Rutschungen und Geröllabgänge gewappnet ist, ruhen die Arbeiten im Berg: "Denn wir wollen uns nicht sagen lassen, dass unsere Sprengungen für den Branichtunnel etwas zu tun haben mit dem Steinschlag in der Talstraße", so Eckerle. Auf diese Baustelle am "Hirschsprung" unweit der Einmündung der Strahlenberger Straße hätte er verzichten können. Nun hat sich der Mann vom Regierungspräsidium (RP) aber auch darum zu kümmern.

Nach dem ersten Geröllsturz am Sonntagmittag vor gut zwei Wochen hatte die Karlsruher Behörde einen Gutachter damit beauftragt, vor Ort zu prüfen, ob es einen Zusammenhang zwischen Tunnelbau und Steinschlag gibt. Eckerle fasst das Ergebnis des Experten zusammen: "Die Wahrscheinlichkeit geht gegen Null." Zumal die letzte Sprengung schon am Samstagmorgen jenes Wochenendes gewesen sei, so Eckerle. Außerdem sei der geplante Trassenverlauf im Berg gut 150 Meter entfernt vom bröckeligen Hang, und man sei mit dem Sprengpunkt, der sogenannten Ortsbrust, auch noch gar nicht auf dieser Höhe angekommen. Noch seien die Mineure gut 80 Meter westlich davon entfernt. Zudem gibt der Bauleiter zu bedenken, dass die Gefahr des Steinschlags am "Hirschsprung" seit Jahrzehnten bekannt sei: "Das Problem ist nicht neu, ein Anwohner hat die Steine gesammelt."

Für Eckerle Indizien, dass Tunnel und Talstraßenhang nichts miteinander zu tun haben. Ferner ruhen die Tunnelarbeiten nicht ganz. Zwar sind die Sprengungen im Osten eingestellt, im Westen gehen die Detonationen für den Ausbruch der Tunnelsohle aber weiter.

Auch am Hang in der Talstraße wird die Arbeit fortgesetzt, allerdings bedarf es jetzt wieder nur noch der halbseitigen Sperrung und der Verkehrsregelung durch eine Ampel. Zudem müssten die Anwohner nicht evakuiert werden. Denn die Gefahr weiterer Steinschläge sei schon jetzt geringer als vorher.

Wie berichtet, war die Talstraße von vergangenem Donnerstag bis Sonntagabend gesperrt: "Es ging nicht anders", so Eckerle. Eine Begründung, die Gastronomen und Geschäftsleute im Tal wenig tröstet. Gerade für die Hotels und Restaurants im Schriesheimer Tal war der Zufahrtsweg vier Tage lang komplett abgeschnitten. Sie wurden von der Sperrung kalt erwischt, zumal nur die Wenigsten im Vorfeld von Seiten des RP in Kenntnis gesetzt wurden.

Eckerle verweist auf die Eile, die geboten gewesen sei: "Erst am Mittwochmorgen war klar, dass der Lastwagen mit dem Kran für seine Abstützung mehr Platz braucht." Und den Feiertag samt Brückentag danach wollte das RP nutzen - auch wegen des geringeren Berufsverkehrs. Nach Rücksprache mit der Polizei wurde für Donnerstag die Vollsperrung organisiert. "Uns war mit Blick auf den Tunnelbau wichtig, den Hang schnell zu sichern, sodass hier keine Steine mehr fallen - auch wenn das miteinander nichts zu tun hat", betont Eckerle erneut. Tempo war also wohl auch ein Grund dafür, warum das RP die Arbeiten übernahm, und zwar anstelle der Stadt. Denn ihr gehört der Hang. Wären RP und Rathaus erst in lange Verhandlungen getreten, wer was zu tun hat, hätte das für den Tunnel sicher noch mehr Verzug bedeutet. Also nahmen es die Karlsruher lieber gleich selbst in die Hand. Das weiß auch Bürgermeister Hansjörg Höfer.

"So weit nicht gedacht"

Auf die Frage, warum er am Mittwoch nicht gleich eine Telefonkette unter betroffenen Geschäftsleuten und Gastronomen initiiert hat, nachdem er von der bevorstehenden Vollsperrung erfahren hatte, gibt er eine ehrliche Antwort: "So weit haben wir einfach nicht gedacht." Dafür standen am Freitag im Rathaus die Telefone nicht still. Auch die Wirtsleute selbst brauchten lange, bis sie sich kurzgeschlossen hatten - ging doch jeder davon aus, dass alle von Behördenseite über die Sperrung informiert werden.

Immerhin reagierte die Stadt schnell auf die etwas oberflächliche Beschilderung der Umleitung durch das RP. So stand etwa an der Ecke B 3/Talstraße "Ortsdurchfahrt Schriesheim gesperrt". Die Verwaltung konterte mit einem Schild aus dem Bauhof-Fundus, das noch aus der Zeit der Kanalsanierung in der Talstraße stammt: "Zufahrt frei - Innenstadt, Heidelberger Straße" war darauf zu lesen. Das half wenigstens den Geschäften in der Ortsmitte. Eine Befürchtung bewahrheitete sich allerdings nicht: dass die Talstraße länger als angekündigt dicht bleiben würde. Am Sonntagabend war sie wieder halbseitig befahrbar.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung